Jacoby & Stuart (August 2012)
OriginaltiteL: L'Herbier des Fées
Hardcover, durchgehend in Farbe,
inklusive Ausstanz-Bögen und transluziden Seiten
Aus dem Französischen von Edmund Jacoby
68 Seiten, € [D] 35,- |€ [A] 36,-|SFr 46,90
ISBN: 978-3-941787-84-1
Genre: Phantastik / Artbook
Klappentext
Benjamin Lacombe, der Meister des Geheimnisvollen, lässt uns mit dem russischen Botaniker Alexander Bodganowitsch die wunderbare Welt der Elfen entdecken. Die zauberhaften Wesen ähneln bestimmten Pflanzen und leben in Symbiose mit ihnen – jedenfalls im sagenumwobenen Wald von Brocéliande in der Bretagne. In diesem Wald verliert sich die Spur Alexanders Bogdanowitschs …
Mit seinen großen Bildern, detailgenauen Zeichnungen, halbdurchsichtigen Pergamentseiten und scherenschnittartigen Lasercuts ist dieses Buch ein außergewöhnliches Kunstwerk.
Rezension
Im Auftrag Rasputins begibt sich der russische Botaniker Alexander Bodganowitsch nach Frankreich, um im Wald von Brocéliande Hinweise auf das legendäre Lebenselixier finden. Die Menschen dort haben eine höhere Lebenserwartung und profitieren von Heilpflanzen, die zwar auch an anderen Orten wachsen, aber nicht diese beinahe schon magische Wirkung haben. Alexander beginnt zunächst mit botanischen Dokumentationen über den gelben Enzian und den gefleckten Schierling. Bei genauerer Betrachtung des Pillenfarns stößt er jedoch auf ein winziges Wesen, das einer Pflanze ähnelt, sich aber wie ein Tier verhält. Er nennt das Wesen seinem pflanzlichen Wirt entsprechend Pilularia animans und entdeckt, dass dieses Wesen die medizinische Wirksamkeit steigert. Bald erkennt Alexander, dass es im Wald von Brocéliande viele dieser kleinen Wesen gibt, die in Symbiose mit Pflanzen wie dem Wollgras oder dem Sonnentau leben …
Alexander Bodganowitsch hält seine Entdeckungen zunächst für eine wissenschaftliche Sensation und teilt diese mit einem Kollegen und Rasputin. Doch je näher er den sonderbaren kleinen Wesen kommt, umso mehr sieht er ihnen die sagenumwobenen Elfen der keltischen Legenden und verliert sich in ihrem Zauber. Bald bereut er seine ersten Studien, in denen er die Elfen aufgeschnitten und zur Wundbehandlung aufgelöst hat. Alexander ignoriert fortan weitere Briefe aus Russland und hält seine Forschungen vor Rasputin zurück. Seine Frau und Tochter sieht er über Jahre nicht und beantwortet auch hier nur selten Briefe – bis sich seine Spur nach einem letzten, mysteriösen Brief völlig verliert. Was als botanische Reise begann, wird zu einem unheimlichen Abenteuer, in dem sich der Leser fragt, ob Alexander dem Zauber der Elfen erlegen ist oder schlichtweg seinen Verstand verloren hat.
„Das Elfen-Bestimmungsbuch“ wartet mit biologisch korrekten Artbenennungen und kreativen pseudowissenschaftlichen Namen für die Elfenwesen auf. In liebevollen Details werden die einzelnen Mischwesen aus Pflanze und Tier vorgestellt und Alexanders Ton wird dabei mit jedem Mal verzückter und entrückter. Anfangs ist seine Dokumentation streng wissenschaftlich, doch bald verliert er sich in wundersamen Beschreibungen. Zu den Elfenwesen gibt es Detailzeichnungen des Skeletts und der inneren Organe, wie man es von einem biologischen Bestimmungsbuch erwartet. Die wissenschaftlichen Zeichnungen werden jedoch im Verlauf zunehmend von magischen Kunstwerken verdrängt. Für ein richtiges Bestimmungsbuch fehlt übrigens ein Bestimmungsschlüssel, auch eine genauere Klassifikation gibt es nicht. Die Elfen gehören übrigens zur Familie der Bodganaceae, benannt nach ihrem Entdecker und wohl größten Bewunderer.
Benjamin Lacombe hat mit „Das Elfen-Bestimmungsbuch“ sein bisher schönstes Werk geschaffen. Das traumhafte Hardcover wird durch die scherenschnittartigen Lasercuts und transluzide Seiten aufgewertet, doch besticht in erster Linie mit einem grandiosen Artwork, bei dem sich Feder- und Tuschezeichnungen mit zarten Aquarellen und ausdrucksstarken Ölgemälden abwechseln. Benjamin Lacombes Bilder sind magisch, sanft, verspielt und auch ein wenig unheimlich. Die Blicke der Elfenwesen treffen den Leser ins Herz und auch wenn sie geradezu zauberhaft anzusehen sind, sieht man in ihnen auch eine gewisse Heimtücke und Gefahr. Der Wald von Brocéliande ist eine eigene verzauberte Welt, in der der Leser eine phantastische Reise antritt. „Das Elfen-Bestimmungsbuch“ sieht vielleicht auf den ersten Blick wie ein Kinderbuch aus, ist aber keines. Es richtet sich viel mehr an erwachsene Leser, die Kunst und Literatur gerne vereint genießen. Die gelungene Optik wird durch die leicht vergilbten Seiten ergänzt, die „ Das Elfen-Bestimmungsbuch“ alt und magisch erscheinen lassen.
Die Geschichte von Alexander Bodganowitsch wird von Sébastian Perez in Tagebucheinträgen und Briefwechseln erzählt, die die unheimliche Atmosphäre stützen. Viele Fragen bleiben dabei offen. Der Leser erhält nur kleine Einblicke in die unglaublichen Entdeckungen des russischen Botanikers, welche jedoch ausreichen, um nachhaltig verzaubert zu werden. „Das Elfen-Bestimmungsbuch“ ist in jeder Hinsicht große Kunst und wenn man die Entwicklung von Benjamin Lacombe betrachtet, kann man sein nächstes Werk nicht mehr erwarten. Beim Preis wird man erst einmal kräftig schlucken, doch angesichts der aufwändigen Gestaltung des durchgängig farbigen Hardcovers und der hohen Druckqualität geht er absolut in Ordnung. „Das Elfen-Bestimmungsbuch“ ist ein Buch für Sammler, mit einer wundervollen Aufmachung und phantastischem Inhalt. Schön, dass es noch Verlage gibt, die sich an solche liebevoll gestaltete Kunstwerke herantrauen!
Fazit
In “Das Elfen-Bestimmungsbuch” verzaubern Benjamin Lacombe und Sébastian Perez ihre Leser mit einer phantastischen Geschichte und traumhaften Bildern, deren Magie vom Unheimlichen durchwoben scheint. Eine Verschmelzung von Wissenschaft und Phantasie, aufwändig gestaltet und mit seinen liebevollen Details ein wahres Schmuckstück für Sammlerseelen!
Pro & Contra
+ aufwändige und liebevolle Gestaltung
+ phantastische, unheimliche Geschichte
+ originelle Erzählweise
+ grandioses, kreatives Artwork
+ verzauberte Atmosphäre
+ biologische Beschreibungen der Elfen
Wertung:
Text: 5/5
Artwork: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 3,5/5