In der Wälder tiefer Nacht (Kersten Hamilton)

hamilton k-in der waelder tiefer nacht

cbj, 1. Auflage April 2012
Taschenbuch, 384 Seiten
Originaltitel: Tyger, Tyger
Aus dem Englischen von Elsbeth Ranke
€ 7,99 [D] | € 8,30 [A] | CHF 11,90*
ISBN: 978-3-570-40121-7

Leseprobe

Genre: Jugenbuch/ Fantasy


Klappentext

Das Leben der 16-jährigen Teagan wird auf den Kopf gestellt, als eines Tages der geheimnisvolle, gut aussehende Finn vor der Haustür steht – angeblich ist Finn ihr Cousin, aber Teagan hat so ihre Zweifel. Zur gleichen Zeit beginnt Teagan überall unheimliche, katzenartige Wesen zu entdecken – Goblins! Als Teagans Vater von Goblins entführt wird, bricht Teagan mit Finn auf, um ihren Vater zu retten. Dabei entdeckt sie nicht nur eine Welt voller Magie, Schönheit und Gefahr, sondern auch das Geheimnis ihrer Herkunft - und sie muss sich entscheiden, auf wessen Seite sie steht …

Über die Autorin


Kersten Hamilton ist Autorin mehrerer Bilderbücher und Kinderbücher. Bevor sie mit dem Schreiben begann, arbeitete sie als Holzfällerin, als Farmhelferin, als Cowboy, als Steuereintreiberin und als archäologische Sachverständige. Wenn sie nicht gerade an einem Buch schreibt, ist sie den Dinosauriern in New Mexico auf den Spuren. "In der Wälder tiefer Nacht" ist ihr erster Jugendroman. Mehr über die Autorin unter http://www.kerstenhamilton.com.


Rezension

In der Wälder tiefer Nacht – so beginnen Märchen. Düstere Märchen, sicherlich. Aber seien wir ehrlich, Nervenkitzel ist Teil der Würze einer unterhaltsamen Geschichte. Dabei beginnt alles wie immer ganz harmlos.

Nach einem anstrengenden Arbeitstag im Zoo, der ihr einen mit Affenkot beschmierten Pullover eingebracht hat, trifft Teagan Wylltson Zuhause auf eine Sozialarbeiterin. Finn, ihr 17-jähriger Cousin, Waise und ohne Obdach, wird von nun an bei ihrer leicht chaotischen Familie wohnen. Als der mysteriöse Verwandte am nächsten Tag erscheint, fühlt sich Teagan sofort zu ihm hingezogen; ihre beste Freundin jedoch riecht Ärger. Dieser lässt auch nicht lange auf sich warten. Plötzlich hat Teagan das Gefühl, verfolgt zu werden, und im Zoo, wo sie neben der Schule als Forschungsassistentin arbeitet, wird eines der ihr anvertrauten Tierbabys erwürgt aufgefunden. Finns verrückte Erklärung: Goblins.

Seit Jahrhunderten führen sie eine Fehde gegen die Iren, und insbesondere gegen die Mitglieder seiner Familie. Teagan glaubt ihm kein Wort, kann aber Finn nicht von seinem Vorhaben abbringen, die Wylltsons zu verlassen. Er war es, der die Goblins angelockt hat. Nun hofft er darauf, sie mit seiner Flucht wieder von Teagans Familie ablenken zu können. Aber der dunkle Herrscher der Goblins hat seine tödlichsten Häscher bereits ausgesandt ...

Drachen, Zwerge, Werwölfe – der Bandbreite an Figuren im Genre Fantasy sind keine Grenzen gesetzt. Goblins findet man hingegen selten, und wenn zumeist nur als Randfiguren. Oft werden sie dabei als kleine bösartige Kreaturen mit spitz zu laufenden Ohren vorgestellt, die in Massen auftreten, um den Helden und seine Gefährten zu überrennen. Hamilton geht in In der Wälder tiefer Nacht einen etwas anderen Weg. Zwar sind auch hier die Goblins bösartig; der irischen Sagenwelt folgend gibt es allerdings mehrere Arten von Goblins. Diese variieren nicht nur in Aussehen und Vorkommen, sondern vor allem in ihren Fähigkeiten und ihrem Charakter. Zum Beispiel zieht Ginny Greenteeth ihre Opfer mit Vorliebe in Tümpel, um sie zu ertränken, während andere Goblins zum Teil in Tiere transformieren und ihre Opfer zu Tode hetzen.

Diese Detailverliebtheit Hamiltons zeigt sich auch in den einzelnen Charakteren und der Welt. So entwickelt sich Teagans kleiner Bruder Aiden - am Anfang die Lizenz zur typischen Nervensäge - im Laufe der Geschichte zum unerwarteten Lebensretter durch die ungewöhnliche Gabe, ein einmal gehörtes Lied jederzeit wiedergeben zu können. Goblins wandern als Polizisten umher und flirten mit Teagans bester Freundin Abby, während die eifersüchtige Schimpansin Cindy im Zoo überlegt, wie sie Teagan von ihrem Schwarm ablenken kann.

Trotz der mageren 384 Seiten finden sich in In der Wälder tiefer Nacht so einige Überraschungen, die sich zusammen mit Hamiltons mitreißendem Schreibstil zu einer wundervoll inszenierten Geschichte entwickeln, der es auch an einer Prise Humor nicht fehlt. Insbesondere die Welt der Goblins, Mag Mell, ist hierbei zu erwähnen. Verspielt und düster wie das Cover des Buches zieht sie den Leser in ihren Bann und bietet neben der Bedrohung durch die Goblins und deren Fürst wandelnde Wälder, singendes Froschvolk sowie einen wurzeltreibenden Geigenspieler zu entdecken.

Aufgelockert wird der Spannungsbogen der Haupthandlung durch teils skurrile teils witzige Stellen, wenn zum Beispiel Teagan mit Ginny Greenteeth um einen abgebissenen Zeh feilscht oder die Elfe Lucy sich ein Nest in Aidens Haaren baut und dieses mit allerlei totem Getier und Blattwerk ausschmücken möchte.

Längen sucht man in diesem Buch vergebens. Nur die Mannigfaltigkeit an Goblins mit ihren teilweise englischen Namen sowie die Hintergrundgeschichte Mag Mells und der Iren kann zu einigen Verwirrungen führen.


Fazit

Vor dem Hintergrund irischer Legenden entführt Kersten Hamilton ihre Leser in eine Welt angefüllt mit dunkler Magie, faszinierenden Sagengestalten und Figuren, die vor Witz, Skurrilität und Energie sprühen. In der Wälder tiefer Nacht bedient sich dabei kaum bekannter Klischees und bietet so erfrischenden Lesegenuss, nicht nur für junge Leser. Ein herrlich düster angehauchtes Märchen!


Pro & Contra

+ mitreißender Schreibstil
+ starke, teils skurrile Charaktere
+ Mag Mell
+mit viel Liebe zum Detail gestaltete Welt
+ keine neue Serie!

o Mannigfaltigkeit der Goblin (-Namen)

Wertung: alt
Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5