Wenn auch nur für einen Tag (Annette Moser)

Loewe-Verlag, 1. Auflage Oktober 2012
Taschenbuch, 416 Seiten
7,95 € (D) | 8,20 € (A)
ISBN 978-3-7855-7561-1
Leseprobe

Genre: Jugendbelletristik


Klappentext:

Lukas steht vor dem Nichts. Unter Zeugenschutz muss er alles verleugnen: seine Herkunft, seine Familie, sogar seinen richtigen Namen. Erst als er Jana kennen lernt, kann er sein neues Leben langsam akzeptieren.
Jana trauert um ihren Bruder Florian. Um den Schmerz zu lindern, verdrängt sie seinen Tod und verstrickt sich dadurch immer mehr in ein Gewirr aus Lügen.
Keiner von beiden ahnt, dass ihre Schicksale ausgerechnet durch Florians Tod verknüpft sind. Die Lügen drohen ihre Liebe zu zerstören. Dennoch wünschen sich Lukas und Jana nichts sehnlicher, als einmal ungetrübt glücklich sein zu dürfen – wenn auch nur für einen Tag.


Rezension:

Dabei sehne ich mich so sehr danach, endlich einmal wieder unbeschwert und rundherum glücklich zu sein. So, als gäbe es meine Vergangenheit nicht. Und wenn auch nur für einen Tag. Für die Wahrheit bleibt Zeit genug. Sie soll sich noch gedulden.
(Jana, Seite 249)


Für Lukas Richter, der eigentlich Matteo Orsini heißt, ändert sich mit der Landung in Hamburg alles: Sein altes Leben muss er aus Sicherheitsgründen komplett verleugnen, denn für die Leute, die ihn kennen, liegt er offiziell noch immer im Koma – er darf keinen Kontakt zu seiner Familie und seinen alten Freunden aufnehmen, hat keinen Zugriff auf sein Konto, beginnt gezwungenermaßen ein neues Studium – und das alles unter extremen Bedingungen, denn der Luxus und die Freiheiten seines Lebens in Rom standen im krassen Gegenteil zu dem, was ihn in Hamburg erwartet. Lukas versucht, sich zumindest ein Stück weit in sicheres Terrain einzuschleichen, indem er Kontakt zur beliebten Clique um Tamara sucht. Allerdings erschweren ihm die neuen Gegebenheiten das gesellschaftliche Leben, das er aus Rom kennt, sodass er gezwungen ist, an der einen oder anderen Stelle Abstriche zu machen.
Janas Leben hat sich in den vergangenen vier Monaten vor allem um das Betrauern des Verlustes ihres Bruders Florian gedreht. Dieser war als Pressereferent bei der deutschen Botschaft in Rom angestellt und wurde dort auf offener Straße ohne erkennbaren Grund erschossen. In den letzten Wochen wurde sie von ihrer Cousine Clara von allem abgeschottet, doch nun ist der Punkt erreicht, an dem Jana wieder ins Leben zurückkehren muss – denn Flo hätte nicht gewollt, dass sie sich derart hängen lässt. Also nimmt sie ihr Studium wieder auf und sucht sich außerdem einen Nebenjob – und trifft auf einer Party Lukas, der neu in Hamburg ist.
Beide fühlen auf Anhieb eine gewisse Verbindung, gehen dieser aber aus verschiedenen Gründen nicht weiter nach. Es dauert lange, bis sie endlich dazu kommen, ein paar mehr Worte miteinander zu wechseln und sich allmählich etwas kennen lernen. Keiner – weder sie noch ihr Umfeld – ahnt, dass die Verbindung ihrer beider Leben eine ist, die unter normalen Umständen alles in Richtung Beziehung unterbinden würde. Wie lange wird es dauern, bis die Wahrheit ans Licht kommt und alles, was Jana und Lukas miteinander aufgebaut haben, auseinander bricht?

Geschichten, die in Richtung „Romeo und Julia“ gehen, sind seit jeher sehr beliebt, sowohl im Jugend- als auch im Erwachsenen-Bereich der Literatur. Und das auch zu Recht, denn über die Liebe und ihre Tücken könnten wahrscheinlich noch weitere tausende von Büchern gefüllt werden. Auch Annette Moser greift in Wenn auch nur für einen Tag die Thematik eines liebenden Paares auf, das sich eigentlich gar nicht lieben dürfte, wodurch dem Leser natürlich schon vor Beginn klar ist, was ihn erwarten dürfte. Doch die Autorin versteht es trotz der Vorhersehbarkeit, auch so einige Überraschungsmomente in ihre Story einfließen zu lassen – so ahnt der Leser zum Beispiel recht schnell, wie die Verbindung zwischen Lukas/Matteo, Jana und Florian aussehen könnte, doch konkrete Informationen gibt es dazu erst im letzten Drittel des Buches. Zwar ist das dann nicht unbedingt überraschend, denn die Grundthematik lässt ja nicht viel Spielraum, doch es ist erfrischend, nicht von Anfang an mit einer festen Einstellung an den Roman heranzugehen. Grundsätzlich bewegt sich die Autorin daher auf einer Ebene, die dem Leser recht bekannt vorkommt, lässt sich aber auch so manchen Spielraum für kleine Überraschungen offen, was der Geschichte anfangs zugute kommt, sich zum Ende hin allerdings in ein paar haarsträubende Entwicklungen bewegt, die zwar gut gemeint sein dürften, möglicherweise jedoch selbst dem hartgesottensten HappyEnd-Fan zu viel werden könnten.

Annette Moser lässt sich viel Zeit, die beiden Protagonisten aufeinander zugehen zu lassen, und nutzt diese, um dem Leser beide Charaktere näher zu bringen – ausführliche Gedankengänge, Alltagsbeschreibungen und mitunter auch Rückblenden aus der Sicht Matteos gestatten tiefere Einblicke in die Köpfe von Jana und Lukas, was schnell Anti- und Sympathien schafft. Besonders Lukas gewinnt mit seinen anfänglichen Auftritten sicher keine Unmengen von Fans, denn seine Einstellung gegenüber Frauen und unterhalb seiner Einkommensgrenze liegenden Menschen ist nicht nur überholt, sondern geradezu widerwärtig. Es fällt schwer, sich diesen Mann als einen vorzustellen, an dem Jana – die von Anfang an als sehr bedachte Person auftritt – ein ernsthaftes Interesse haben könnte. Auch die anderen Charaktere sind teilweise etwas zu überspitzt gestaltet, was das Lesen zeitweilig etwas anstrengender gestaltet, als es eigentlich sein müsste. Mitunter bekommt man fast den Eindruck, das Annette Moser sich bei der Gestaltung besondere Mühe gegeben hat und diesem oder jenem Charakter unbedingt noch die eine oder andere Eigenschaft aufbrummen wollte, was in den Augen des Lesers jedoch unnötig gewesen wäre. Gegenteilig hätte es bei so manchem gerne etwas weniger sein dürfen.

Generell wirkt Wenn auch nur an einem Tag an so mancher Stelle sehr angestrengt, was den Lesespaß um einiges schmälert. Vor allem die zahlreichen Wendungen der letzten Kapitel sind gemessen an den Geschehnissen auf den ersten dreihundert Seiten einfach zu viel und erwecken den Anschein, als wollte die Autorin um jeden Preis ein spannendes, aber auch schlüssiges Ende finden. Was ihr im Grunde auch gelungen ist, jedoch vom Leser durch die Überladung nicht unbedingt als positiv empfunden wird. Für gute Unterhaltung ist in jedem Falle gesorgt, da hätten auch gerne ein paar Abstriche in Sachen Storyende gemacht werden dürfen – es hätte dem Lesespaß jedenfalls keinen Abbruch getan, sondern hätte gegenteilig vielleicht für ein runderes Ende gesorgt. Für jugendliche LeserInnen eine Geschichte, die noch zum Träumen einlädt, aber auch aufzeigt, dass im Leben nicht immer alles nach Plan läuft – für Erwachsene eine leichte Zwischenmahlzeit, die schnell gelesen, aber auch schnell wieder verdaut ist.


Fazit:

Wenn auch nur für einen Tag erzählt sehr ausschweifend die Geschichte eines Paares, das sich unter anderen Umständen niemals gefunden oder aufeinander eingelassen hätte. Annette Moser zeigt, dass das Schicksal manchmal seltsame Wege geht, um diejenigen, die zusammen gehören, doch zueinander zu führen, auch wenn der Weg mit vielen Stolperfallen und Steinen bestückt ist. Ein Jugendroman, der zwar ein bisschen an der glaubwürdigen Realität vorbeischrammt und durch seinen Stil sehr stark an so manch anderes Jugendbuch mit gleicher Thematik erinnert, jedoch wunderbare Unterhaltung für zwischendurch bietet.


Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5