Goldmann Verlag, 1. Auflage März 2001
Taschenbuch, Broschur, 704 Seiten
durchgehend illustriert
12,99 € (D) | 13,40 € (A) | CHF 18,90*
ISBN 978-3-442-41656-1
Leseprobe
Genre: Fantasy
Klappentext
Die halben Lebenserinnerungen eines Seebären - ein Universum für sich! Käpt'n Blaubär entführt den Leser in eine Welt der Phantasie: auf den Kontinent Zamonien, wo Intelligenz eine übertragbare Krankheit ist und all jene Wesen hausen, die aus unserem alltäglichen Leben verbannt sind ...
Über den Autor
Walter Moers, Jahrgang 1957, Comiczeichner, Drehbuchautor und unter anderem Schöpfer des Kleinen Arschlochs sowie des unübertrefflichen Aufschneiders Käpt’n Blaubär, lebt in Hamburg. Mit „Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär“ hat er seine populärste Figur nach Zamonien entführt, um ihr dort eine ganz eigene Welt zu schaffen. Der Roman liegt mittlerweile ich 12 Sprachen vor.
Rezension
Schon seit Jahren ist Käp’n Blaubär aus dem deutschen Kinderfernsehen nicht mehr wegzudenken. Aber nicht immer lebte der vorwitzige Blaubär mit Hein Blöd und seinen Enkeln Rosa, Gelb und Grün auf dem gestrandeten Fischkutter Elvira. Nein, in seinen 27 Leben ist der ungewöhnliche Bär ziemlich weit herumgekommen. Da ein Bär aber auch seine ‚dunklen Seiten haben muss, um attraktiv und mysteriös zu bleiben’(Seite 6), werden im Buch nur seine ersten 13 ½ Leben preisgegeben. Dass diese alles andere als langweilig und gewöhnlich verlaufen sind, versteht sich beim Blaubär natürlich von selbst.
Schon seine Geburt ist ein einziges Rätsel, denn sein ersten Leben beginnt in einer Nussschale, einer Haselnussschale um genau zu sein, und bevor es richtig begonnen hat, wäre es auch fast schon wieder zu Ende gewesen, hätten ihn nicht die Zwergpiraten vor dem alles vernichtenden Strudel namens Malmstrom gerettet.
Von den Zwergpiraten, die ihm alles übers Wellenlesen, Knoten knoten und Navigieren beibringen, gelangt Blaubär zu den Klabautergeistern, was zu Tränenergüssen und unerwartetem Ruhm führt. Tratschwellen bringen ihm später das Sprechen bei. Fast fällt er einer gefräßigen Insel zum Opfer, um dann ein ganzes Leben als Pilot eines Rettungssauriers zuzubringen. Ob er nun durch Dimensionslöcher fliegt, sich mit einem Intelligenten Stein duelliert oder in der süßen Wüste eine Fata Morgana fängt, jedes Leben ist einzigartig und Moers zieht hier alle Register seiner ausschweifenden Phantasie, die einen vor Neid fast erblassen lassen möchte. Denn eine Erklärung findet sich immer!
So verwundert es nicht, dass Blaubär unter der Obhut Professor Nachtigallers an der Nachtschule – hier wartet eine optische Überraschung auf den Leser - plötzlich komplexe Dimensionslöcher und die herausfordernde Nachtphysik versteht, hat der Professor ihn doch unter der Dusche mit Intelligenz infiziert. In einem seiner Leben wandert Blaubär auch durch ein Gehirn, weil ein riesiger Bollog seinen Kopf mitten im Pass zu Atlantis abgelegt hat, und wird aus einem Ohrenschmalztümpel von einer schlechten Idee gerettet.
Moers Welt scheinen keine Grenzen gesetzt. Mit viel Liebe zum Detail, welche allein schon in der enthaltenen Karte sichtbar wird, erweckt er einen Kontinent samt inhibierender Völker zum Leben, der an Komplexität seinesgleichen sucht. Zwischendurch verliert er sich zwar beizeiten in ermüdenden Aufzählungen und sicherlich sind einige der Leben interessanter als andere, dies trübt den Lesespaß aber nur kurzweilig.
Neben den zahlreichen Illustrierungen lockern Lexikon-Auszüge die Geschichte auf, sei es um interessante Hintergrundinformationen zu vermitteln oder um Blaubär verspätet wichtige Kenntnisse mitzuteilen, denn dieser trägt das Lexikon nämlich in seinem Kopf.
Locker und ungezwungen, teilweise nachdenklich und ironisch, immer aber mit einer steten Prise Humor führt Moers seine Leser durch die 13 ½ Leben des sympathischen Bären, die mehr als nur einmal ein Schmunzeln weckt. Gelungen wird hier nicht nur mit der deutschen Sprache gearbeitet, Sätze verschachtelt, Bilder eingewoben, auch Neuerungen wie die Lexikoneinträge oder Randüberschriften machen dieses Buch zu einem Schatz unter den Tausenden.
Hervorzuheben ist hier auch die phantastische Hörbuchausgabe, in der Dirk Bach beweist, das er nicht nur der Mann der vielen Gesichter, sondern vor allem der vielen Stimmen ist. Jede Figur, sei es der belehrende Professor Nachtigaller oder der dauerbetrübte schlechte Gedanke 16 Uhr, erfährt eine einzigartige Vertonung, wobei der hässliche Stollentroll – bei wiederkehrenden Begebenheiten herrlich bösartig – zum heimlichen Star avanciert.
Fazit
Ob Blaubär nun als Lügengladiator in Atlantis arbeitet, als Arbeitssklave auf dem größten Schiff der bekannten Welt schuftet oder an einer Tornado-Haltestelle steht, seine 13 ½ Leben bieten Unterhaltung für jeden Leser. Aberwitziges, Skurriles, Ruhiges, Aufgewecktes, Düsteres – Walter Moers findet auf 704 Seiten für alles einen Platz, gekonnt ineinander verflochten in einer sprachlichen wie kreativen Brillanz, die Ihresgleichen sucht. Die 13 ½ Leben des Käpt’ Blaubär – unbedingte Lese- oder besser noch: Hörempfehlung!
Pro & Contra
+ Skurrile Abenteuer
+ herrlich vielfältige Welt
+ hohe Sprachkunst trifft auf gelungen Wortwitz
+ Zeichnungen von Walter Moers
+ Hörbuchvertonung von Dirk Bach
o teilweise zu lange Aufzählungen bzw. zu viele Details
o nicht alle Leben gleichspannend
Wertung:
Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 5/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Walter Moers:
Rezension zu Das Labyrinth der Träumenden Bücher
Rezension zu Der Bücherdrache