Rezensionen im Oktober (2012)

Liebe LeserInnen,

mit großen Schritten geht es aufs Jahresende zu – nun liegt auch der Buchmessen-Monat Oktober, der natürlich überall ganz im Zeichen des Buches stand, bereits hinter uns. Auch bei uns war es wieder bunt gemischt und wie zu jedem Monatsbeginn gibt es natürlich auch heute wieder den Rezensions-Rückblick aus der Literatopia-Redaktion. Viel Spaß!



Belletristik

Herrlich unglaublich komisch, sarkastisch, übertrieben, faszinierend und lebendig hat Moritz Matthies mit “Ausgefressen“ uns eine Geschichte präsentiert, die sehr ungewöhnlich ist. Erdmännchen als Protagonisten funktionieren wundervoll, sie sind mit vielen menschlichen Eigenschaften ausgestattet, die wunderbar karikiert wurden, ohne jemals ins Lächerliche abzudriften. Sein Einfallsreichtum ist enorm, die Charaktere sympathisch und mit einer großen Portion Ironie und Humor ausgestattet. Den Genuss des Hörbuches sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen, selbst wenn einem der Plot nicht zusagt, so macht die Leistung von Christoph Maria Herbst alles wieder wett.

“Wenn auch nur für einen Tag“ erzählt sehr ausschweifend die Geschichte eines Paares, das sich unter anderen Umständen niemals gefunden oder aufeinander eingelassen hätte. Annette Moser zeigt, dass das Schicksal manchmal seltsame Wege geht, um diejenigen, die zusammen gehören, doch zueinander zu führen, auch wenn der Weg mit vielen Stolperfallen und Steinen bestückt ist. Ein Jugendroman, der zwar ein bisschen an der glaubwürdigen Realität vorbeischrammt und durch seinen Stil sehr stark an so manch anderes Jugendbuch mit gleicher Thematik erinnert, jedoch wunderbare Unterhaltung für zwischendurch bietet.

Historik

“Winterkind“ wartet mit einer dichten Winteratmosphäre und viele Details auf, die den Leser mitten ins 19te Jahrhundert ziehen. In eine Welt, in der Frauen noch Frauenarbeit zu tun hatten, in der sie jedoch auch über sich hinaus wachsen können. Lilach Mers Schreibstil ist gewohnt feinfühlig und lädt zum langsamen Genuss ein – ein märchenhafter Roman über das Schicksal zweier ganz besonderer Damen.

Ungewöhnlich, bedeutungsschwer, steril, irgendwie befremdlich – das ist “K“ von Tom McCarthy. Ein außergewöhnlicher Blick auf eine außergewöhnliche Epoche.

Dark Fantasy

Auch Band 9 der “House of Night“-Serie bleibt dem bekannten Schema F treu. P.C. und Kristin Cast verlieren sich im Gefühlschaos ihrer Protagonistin bzw. lassen ihre Antihelden seitenlang ein Gewissen entdecken, um dann auf den letzten Seiten in hektischen teils unbedachten Wendungen zu explodieren. Sprachlich wie inhaltlich gibt es in “Bestimmt“ wenige wirkliche Neuerungen, so dass einen eigentlich nur noch der Drang nach dem wahren Ende bei der Stange hält.

“Verloren“ bildet den bisherigen Tiefpunkt der “House of Night“-Serie. P.C. und Kristin Cast erhalten die Geschichte um Zoey Redbird nur noch durch künstliche Ideen und Entwicklungen am Leben. Spannung, kreative Elemente und somit den Lesespaß sucht man hier vergebens. Eine Enttäuschung, nicht nur für Fans.

Fantasy

Ob Blaubär nun als Lügengladiator in Atlantis arbeitet, als Arbeitssklave auf dem größten Schiff der bekannten Welt schuftet oder an einer Tornado-Haltestelle steht, seine 13 ½ Leben bieten Unterhaltung für jeden Leser. Aberwitziges, Skurriles, Ruhiges, Aufgewecktes, Düsteres – Walter Moers findet auf 704 Seiten für alles einen Platz, gekonnt ineinander verflochten in einer sprachlichen wie kreativen Brillanz, die Ihresgleichen sucht. Die “13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär“ – unbedingte Lese- oder besser noch: Hörempfehlung!

Für ein Jugendbuch mit Empfehlung ab 14 Jahren ist “Der letzte Engel“ sehr komplex und anspruchsvoll. Selbst erwachsene Leser könnten bei den Sprüngen zwischen Zeit und Charakteren ihre Probleme haben. Mit diesem offensichtlichen Reihenstart wirft Zoran Drvenkar jedoch nicht nur eine Menge Fragen auf, sondern zieht auch so manchen Glauben in Bezug auf Engelswesen, ihren Ursprung und ihre Aufgabe in eine zweifelhafte Position. Spannend zu betrachten ist also nicht nur die Entwicklung der Geschichte selbst, auch die kommenden Reaktionen darauf dürften einigen Staub aufwirbeln.

Horror / Mystery

“Am Abgrund der Wirklichkeit“ ist eine kleine, feine Mischung aus drei grundverschiedenen Kurzgeschichten mit starken Schreibstilen. Besonders zu empfehlen ist die melancholische Geschichte „Findatur – er werde gespalten“ und die gruselige „Nebelwarnung“ (besonders am bevorstehenden Halloween). Mit diesen Geschichten wird Samhain ein wahres Fest!

Science Fiction

“Dark Inside“ ist eine Jugend-Dystopie, die sich in keiner Weise in den üblichen Einheitsbrei einreihen lässt und auch erwachsene Leser begeistern wird. Jeyn Roberts erzählt die Geschichte in einer postapokalyptischen Welt, die schon morgen Gegenwart sein könnte, aus der Sicht von vier grundverschiedenen Jugendlichen, die in keinerlei Verbindung zueinander stehen und vorerst nur eins gemeinsam haben: Sie haben überlebt. Mitreißend, überraschend, beängstigend und erstaunlich authentisch – ein überraschendes und innovatives Debüt und ein echter Lesegenuss für aufgeschlossene Dystopien-Fans!

Thriller

Wer Verwirrspiele mag, wird “Lying Game – Weg bist du noch lange nicht“ lieben. Ohne Logikbrüche und im packenden Stil schickt Sara Shepard ihre Protagonistin Emma erneut auf die Suche nach dem Mörder ihrer Zwillingsschwester, und das während diese für alle anderen vorgeben muss, die Tote zu sein, denn niemand weiß, dass Sutton Mercer umgebracht wurde. Jeder aus Suttons Leben hat ein Motiv, und scheinbar niemand ein Alibi. In einem unglaublichen Balanceakt erhebt Sara Shepard Paranoia in diesem Buch zur Kunst.

Die Zusammenarbeit mit Michael Tsokos schafft es tatsächlich, den bisherigen ohnehin nervenaufreibenden Thrillern von Sebastian Fitzek noch eine ganze Ladung Spannung oben drauf zu packen: “Abgeschnitten“ ist ein rasanter Pageturner, der problemlos Nächte durchlesen lässt und dem Leser selbst bei Tageslicht seine Düsterkeit aufzudrücken vermag. Dieses Duo darf sehr gerne, nein, muss unbedingt mehr Bücher zusammen schreiben – eine ganz klare Leseempfehlung!

Krimi

Auch “Naked Heat“ ist wieder ein Volltreffer, den Richard Castle landet. Spannung, Witz und Charaktere passen einfach zusammen und ergeben ein großes Ganzes, welches einfach gute Krimiunterhaltung ist.

Manga / Comic

“Zombillennium - Gretchen“ von Arthur de Pins besticht mit unglaublich viel Charme und Ironie und schlägt den Leser sofort in seinen Bann. Zombieintrigen, Wettbeißen und ein verdammt cooles Gretchen machen Aurelian dabei ordentlich zu schaffen. Ein herrlich absurder Comic!

Die einzelnen Rädchen, Geschichte, Charaktere und Zeichnungen greifen auch bei “Okko – Das Buch der Erde“ von Hub wieder perfekt ineinander und bieten somit ein sowohl unterhaltsames als auch spannendes Leseerlebnis.

Sonstiges

“Riskantes Spiel“ bietet eine anregende Mischung aus Kriminalroman und Liebesgeschichte, wobei, neben den durchaus interessanten Verwicklungen der Hauptgeschichte, die detailliert gezeichneten Figuren den wahren Wert ausmachen. Einfühlsam und dicht am Leben – dieser Roman von Carolin Schairer ist wahrer Lesegenuss.

Alkohol, Drogen, Party, Sex – Highlife in Berlin. Liz Hoppe beschreibt ein Jahr im Leben zweier junger Frauen, ein Jahr, in dem es nur um Spaß und bunte Trips geht und das dem Leser oftmals ein Stirnrunzeln oder Kopfschütteln entlockt. Ganz offensichtlich überspitzt bewegt sich “Aufgeputscht und abgefahren“ aber auch sehr nah an der Wahrheit. Als Hauptstadtkind überkommt einen der Drang zur Verteidigungshaltung, bis zum Innehalten und Nachdenken darüber, wie gut man seine Stadt eigentlich wirklich kennt. Lesens- und beachtenswert!



Während die Tage auch nach der Zeitumstellung immer kürzer werden, nutzen die Redakteure die abendlichen Stunden bereits wieder fleißig zum Lesen, um euch auch im November wieder eine Vielzahl von ansprechenden Rezensionen bieten zu können. Seid gespannt, was der elfte Monat für euch bereit hält. Und wie immer seid ihr natürlich auch eingeladen, in unserer Rezensions-Übersicht zu stöbern.

Einen lesereichen November wünscht euch
euer Literatopia-Team