Verlag Knaur, Mai 2012
Taschenbuch, 414 Seiten, € 9,99
ISBN: 978-3426509906
Genre: historischer Krimi
Klappentext
1489 im Florenz der Medici. Seit Wochen bangt der angesehene Freskenmaler Pater Angelico um eine Lieferung Lapislazuli, die er zur Herstellung der kostbaren Farbe Ultramarin benötigt. Doch dann findet Angelico seinen säumigen Lieferanten erhängt auf. Selbstmord? Das kann und darf nicht sein, auch wenn es die gefürchtete Geheimpolizei gerne so hätte. Mit Scharfsinn und florentinischem Witz beginnt der streitbare Dominikanermönch zu ermitteln – und schwebt kurz darauf in Todesgefahr.
Der Autor
Rainer M. Schröder, Jahrgang 1951, lebt nach vielseitigen Studien und Tätigkeiten in mehreren Berufen seit einigen Jahrzehnten als freischaffender Schriftsteller in den USA, derzeit in Atlanta, Georgia. Seine großen Reisen haben RMS in viele Teile der Welt geführt, sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
Rezension
Florenz vor unendlich langer Zeit. Die Medici sind an der Macht und verbreiten Angst und Schrecken in der Bevölkerung. Ihre Geheimpolizei, die Otto di Guardia, wurde einst zur Aufdeckung von Umsturzplänen gegründet und mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet. Mittlerweile zittert jeder vor den Acht von der Wache, denn wer einmal in deren Fänge geraten ist, muss mit allem rechnen, egal, ob schuldig oder unschuldig. Aber wer einmal deren Achtung erreicht, der kann sich auch auf sie verlassen. Pater Angelico, eigentlich ein friedfertiger Mönch, der in seinem vorherigen Leben als Landsknecht genügend Grausamkeit und Kämpfe durchgestanden hat, gerät ins Visier eines der acht Männer, als er nicht an den Selbstmord von Bernardo Movetti glauben mag. Denn wer bestellt sich noch ein Abendessen und hängt sich auf, bevor er es genießen konnte? Und wie kommt Pater Angelico noch an seine Lieferung Lapislazuli, die er bei Movetti zu einem unschlagbaren Preis bestellt hatte? Aber auch im alten Florenz gibt es Häkchen bei Superschnäppchen, wäre er doch bloß bei seinem altgedienten Lieferanten geblieben, als sich auf dieses Wagnis einzulassen. Mit seinem neu zugeteilten Novizen Bruder Bartolo macht sich Pater Angelico daran, das Verbrechen aufzudecken und seine Edelsteine zu suchen, denn ohne sie kann er kein Ultramarin herstellen, welches er für den Mantel der heiligen Maria braucht. Sein Ruf als begnadeter Fresken- und Heiligenbildermaler steht auf dem Spiel, immerhin sorgt er mit seiner Kunst für ein gutes Einkommen seines Klosters.
Bei einem Auftrag, der Bemalung einer Hauskapelle, lernt er Lucrezia, die Tochter seines Auftraggebers kennen. Kratzbürstig, aber hochintelligent liefern sich die beiden ein wahres Wortfeuerwerk, bis sie sich zusammenraufen und gemeinsam der Lösung des Falles auf die Spur kommen. Immerhin geht Pater Angelico ziemlich naiv an die Sache, blindlings läuft er in sämtliche Fallen, kaum wittert er den Hauch einer Spur, rennt er mit Scheuklappen versehen dahin. Man kann seinen Übereifer ja verstehen, aber auch er sollte so viel Lebenserfahrung haben, um zumindest eine gesunde Portion Misstrauen mitzubringen. Durch seinen sympathischen Charakter sieht man ihm diese kleinen Fehler aber schnell nach, immerhin weiß er durch Taten und seine Weltanschauung zu überzeugen. Denn Pater Angelico hat seine ganz eigene Ansicht darüber, wie man sein Leben gestalten sollte. Humor und Realitätssinn haben höchste Priorität, außerdem liebt er seine Kunst und hat eine Menge Fachwissen, welches er allzu gerne seinem Novizen beibringt. Bartolo weiß sich schnell zu behaupten, wie ein junges Fohlen schließt man ihn schnell in sein Herz. Genauso ergeht es mit Lucrezia, nachdem man sie besser kennengelernt hat und ihre rauhe Schale etwas aufgeplatzt ist, versteht man ihren Antrieb, mit Worten um sich zu schlagen. Denn viel anderes bleibt ihr nicht, Frauen hatten zu dieser Zeit nicht viel zu erwarten. Lucrezia hat ihr ganz eigenes Trauma, viel Hoffnung auf eine glückliche Ehe hat sie nicht.
Rainer M. Schröder gelingt es sehr gut, das besondere Flair des alten Florenz einzufangen und wiederzugeben. Alte Handwerkskunst, verschlagene Händler, alter Adel und aufstrebende Neureiche geben sich ein Stelldichein Wir wandeln mit Angelico durch kleine Gassen, besuchen imposante Paläste und lernen eine Menge über Farbherstellung und Freskenmalerei. Nachdem man nun weiß, wie das Reinweiß der Engelsflügel hergestellt wurde, empfindet man die Kirchenmalerei mit ganz anderen Augen. Die Geschichte besticht durch ihre Charaktere, sie schleichen sich heimlich ins Herz der Leser, man fühlt, freut und leidet mit ihnen und freut sich schon auf weitere Abenteuer mit ihnen. Es steckt noch eine Menge Potential in ihnen und hoffentlich ist beim nächsten Mal die Krimistory spannender und nicht ganz so durchsichtig.
Fazit
Mönche, Pfarrer und Nonnen als Ermittler gibt es zwar schon häufiger, aber Pater Angelico findet in Die Farben von Florenz von Rainer M. Schröder schnell den Weg in die Leserherzen. Mit seiner realistischen Sicht der Dinge wandelt er auf normalen Pfaden und seine beiden Mitstreiter haben zwar ihr eigenes Päckchen zu tragen, erliegen aber schon bald seinem natürlichen Charme.
Pro und Contra
+ historisches Flair
+ realistische und natürliche Charaktere
+ Einblicke in die Kunst der Farbenmischung
+ eingängiger Stil
+ stilvolle Atmosphäre
- manchmal etwas langatmig
- naive Herangehensweise
- Krimiplot nicht sehr spannend
Wertung
Charaktere 4/5
Handlung 3.5/5
Lesespaß 3.5/5
Preis/Leistung 4/5