Rezensionen im November (2012)

Liebe LeserInnen,

wie am Samstag in unseren ersten Geschenktipps 2012 versprochen folgt heute etwas verspätet der allmonatliche Rezensions-Rückblick, mit dem wir euch auch dieses Mal wieder die redaktionellen Highlights des zurückliegenden Monats präsentieren möchten.
Viel Spaß beim Stöbern!



Belletristik

Kimberley Wilkins hat mit “Der Wind der Erinnerung“ ein eindrucksvolles Debüt hingelegt. Eine Familiengeschichte in der Wildnis Tasmaniens, einprägsame Charaktere und brisante Entwicklungen. Leider folgt sie dabei dem ausgetretenen Pfad des Vorhersehbaren, man kann sich nur wünschen, dass sie in ihrem nächsten Buch mutig genug ist, den Pfad zu verlassen und ein paar Abstecher in die Wildnis macht. Trotzdem liest sich das Buch äußerst kurzweilig, da man zu gerne wissen möchte, wie es nun weitergeht.

Ein Buch, das auf Grund der Aktualität mit seiner Geschichte berührt und im Kopf des Lesers noch lange nachhallt. “Wachkoma“ regt zum Innehalten und Durchatmen an, ohne dass Jasmin P. Meranius dabei mahnend den Zeigefinger hebt. Viele Botschaften werden hier übermittelt – die Wichtigste: Achte auf Dich selbst, denn diese Fürsorge kann Dir niemand abnehmen.

Historik

“Das Lied des Todes“ von Axel S. Meyer ist ein schöner und stimmiger historischer Roman, der zu unterhalten weiß – getrübt wird dieser Eindruck nur durch ein paar kleinere Unstimmigkeiten wie eine konstruiert wirkende Handlung und stereotype Charaktere, die aber nicht allzu schwer ins Gewicht fallen.

Mönche, Pfarrer und Nonnen als Ermittler gibt es zwar schon häufiger, aber Pater Angelico findet in “Die Farben von Florenz“ von Rainer M. Schröder schnell den Weg in die Leserherzen. Mit seiner realistischen Sicht der Dinge wandelt er auf normalen Pfaden und seine beiden Mitstreiter haben zwar ihr eigenes Päckchen zu tragen, erliegen aber schon bald seinem natürlichen Charme.

Dark Fantasy

“Nightfall – Zeiten der Finsternis“ von Adrian Phoenix ist wieder einmal eine gelungene Mischung aus Spannung, Dramatik und ehrlicher Liebesgeschichte, die zwar nicht mit neuen Ideen aufwarten kann, dafür aber den Charakteren endlich mehr Platz einräumt, um sich weiterzuentwickeln und wieder durch den authentischen Schreibstil überzeugt. Die Kombination aus Thriller und Fantasy ist vor allem für Leser geeignet, die dem Kitsch der Romantasy entfliehen wollen und auch nicht vor brutalen Szenen zurückschrecken.

“5 Jahre – 5 Geschichten“ – und ein unspektakulärer Titel für fünf romantische Geschichten, die durchweg überzeugen. Ironisch, explosiv, verträumt, sanft und spannungsgeladen – für jeden Lesergeschmack ist etwas dabei!

Fantasy

“Vergessene Mond – Zeit des Erwachens“ zeigt anschaulich, wie aus einer guten Idee mangels Zeit und Beschäftigung mit dem Handwerk eine Geschichte voller Mängel erwächst. Es ist fast schon traurig, wie Bernd Tannenbaum das Potenzial verschenkt, obwohl doch die Geschichte und auch die Charaktere einiges zu bieten haben. Dies und ein fehlendes Lektorat lassen das Buch vor dem Mittelmaß scheitern.

Trotz einiger Überraschungen kann der zweite Band der Firelight-Reihe von Sophie Jordan leider nur bedingt zu seinen Vorgänger aufschließen. “Flammende Träne“ startet sehr langatmig, obwohl schon in den ersten Kapitel wichtige Änderungen passieren, und bleibt bis auf wenige Ausnahmeszenen auch entsprechend zurückhaltend. Wichtiges findet insgesamt nur wenig ausreichenden Spielraum. Die durch die Wartezeit angestaute Erwartung wird daher kaum befriedigt, sodass nun alles vom Trilogie-Abschluss abhängt – der gemäß Cliffhanger eine ganze Menge bieten kann.

Sciene Fiction

“Flammen über Arcadion“ von Bernd Perplies ist der Auftakt einer komplexen Dystopie, in der im Namen Gottes grausame Verbrechen verübt werden. Das zerstörte Ödland und die Wildnis bieten dabei mehr Menschlichkeit als das scheinbare Paradies. Eine Geschichte um Machtmissbrauch und Ausgrenzung, aber auch um Freundschaft und Liebe. Hochatmosphärisch und voller Spannung!

Thriller

Bonds zweiter Auftritt in “Leben und sterben lassen“ ist komplexer und hat einen bei weitem charismatischeren und cleveren Gegner zu bieten als noch Casino Royale. Die Geschichte ist von Ian Fleming gut durchdacht und spannend geschrieben, wenn man sich darauf einlässt. Fans der Bond-Filme sollte auf jeden Fall zu greifen, sie werden einen neuen Bond kennenlernen, der ebenso gut ist, wenn nicht sogar besser.

Starker Anfang, der dann aber leider ziemlich schnell nachlässt, so präsentiert Veit Etzold seinen ersten Jugendroman “Spiel des Lebens“. Noch nicht ganz ausgereift, aber mit vielen interessanten Ansätzen versehen, mag man das Buch aber doch nicht aus der Hand legen, bevor man nicht genau weiß, warum jemand unbedingt Emilys Leben haben möchte.

Krimi

Spannend, pervers, brandheiß und emotional begleiten wir ein paar Figuren mitten in ihrem Leben. Für sie ändert sich Grundlegendes, Gute werden zu Bösen und umgekehrt. Dies alles spielt sich in “Böser Wolf“ von Nele Neuhaus unter den Augen von Familien ab, die lange auffällige Anzeichen ignorieren oder bewusst die Augen verschließen.

Comic / Manga

“Ich, Gundel Gaukeley“ ist eine wunderbare Ausgabe von einigen der besten Geschichten über die Hexe, die Dagobert Duck das Leben so schwer macht. Egal, ob sie den Geldspeicher angreift oder unter ihrer Tante Karoline und Nichte Wanda zu leiden hat, immer sorgt sie für gute Unterhaltung.

“Unter erschwerten Bedingungen“ ist noch ein harmloser Ausdruck für das evolutionäre Handicap der Quadratkrabben. Die einen finden sich mit ihrem begrenzten Horizont ab, doch andere stellen ihr Schicksal in Frage. Marsch der Krabben von Arthur de Pins schildert einfühlsam die bizarren Lebensumstände der Quadratkrabben und wächst sich zu einer leidenschaftlichen Geschichte über den Sinn von Veränderungen aus. Skurril, intelligent und mit ganz viel Charme!

Sonstiges

Humorvoll und in kurzweiligem Stil verknüpft Trix Niederhauser in ihrem Buch die Geschichte zweier Frauen, deren Leidenschaft der Literatur und dem weiblichen Geschlecht gilt. “Das Tantenerbe“ bietet gute Unterhaltung, die allerdings durch kleinere Schwächen in der Charaktergestaltung und Logik hin und wieder getrübt wird.

Krude Gedankenspiele, verworrene Handlungen, durchgeknallte Protagonisten – man muss schon ein Faible für solche Geschichten haben, in denen wenig Normales steckt. “Einsteins Gehirn“ ist kein wirklicher Krimi, aber auch kein roter Faden durch irgendeine Geschichte – Peter Schmidt hat viel gewollt, es aber nicht wirklich verständlich umgesetzt. Zumindest gibt er viele Denkanregungen, indem er so einige brisante Themen zur Sprache bringt, sie auch ansatzweise eindringlich behandelt, aber zu oft vom Thema wieder abschweift.



Einige Dezember-Rezensionen sind ja in den vergangenen Tagen bereits online gegangen, zahlreiche weitere werden natürlich folgen. Den nächsten Rückblick wird es erst im neuen Jahr geben – bis dahin bleibt euch aber wie immer auch die Möglichkeit, euch in unserer Rezensions-Übersicht umzuschauen.

Einen gemütlich-verschneiten Lesemonat wünscht euch
euer Literatopia-Team