Sieben Verlag (Mai 2008)
Broschiert, 220 Seiten, 16,50 EUR
ISBN: 978-3-940235-19-0
Genre: Dark Fantasy
Klappentext
Melissa Ravenwood ist nun ein Vampir. Doch ihre Seele leidet und selbst Armand ist machtlos gegen ihren Schmerz. Darum begibt sie sich in die Obhut des Lords Lucien von Memphis, um mit seiner Hilfe ihre menschliche Seite zu verlieren und ihre neue Natur als Vampir zu akzeptieren. Nicht ahnend, dass sie damit den bedrohlichen Visionen, die sie seit ihrer Wandlung quälen, den Weg bereitet.
In Miami heftet er sich an ihre Fersen – ein Dämon mit einem Herz so schwarz wie die Finsternis. Kurz darauf verwandeln sich Flüsse und Meere in Blut. Melissa muss die Ursache herausfinden und das Vorhaben ihres Widersachers vereiteln, sonst droht der Welt die ewige Nacht.
Rezension
Die sieben Weltmeere werden auf den Tränen von sieben Engeln geborgen, die an geheimen Orten weilen. Dabei gibt es 13 Garden – bei jedem Neumond wechseln sich die Engel ab. Um die ewige Nacht heraufzubeschwören, muss ein Vampir alle sieben einer Garde vor dem nächsten Neumond verwandeln, sodass die Engel Blut anstatt Tränen weinen. Und genau dies versucht der im Klappentext erwähnte Dämon, wobei ihm Melissa Ravenwood den Schlüssel dazu liefert: Sie freundet sich mit der Daywalkerin Pettra an, die gewissermaßen halb Vampir und halb Dämon ist. Was Mel sofort fasziniert: Pettra scheint das Sonnenlicht nichts anzuhaben. Als Mel ihr helfen will, mehr über ihre Abstammung zu erfahren, entdeckt sie in einem Experiment, dass sie aus Pettras Blut ein Serum gewinnen kann, das auch sie für kurze Zeit immun gegen Sonnenlicht macht. Doch genau mit dieser Entdeckung spielt sie dem dunklen Dämon in die Hände – die Engel können nämlich nur am Tage verwandelt werden …
Wer nach „Tochter der Dunkelheit“ gehofft hat, dass Melissa Ravenwood als Vampir endlich ihre so oft angedeuteten Fähigkeiten entfaltet und an Stärke gewinnt, wird mit „Engelstränen“ bitter enttäuscht. Wieder einmal lebt der Roman von den Fehlern der Protagonistin, die sich von ihrem Gegenspieler regelrecht auf der Nase herumtanzen lässt. Genauso bleibt sie ein Spielball für Vampire. Dem Lord Lucien ist sie trotz ihrer Abneigung gegen seine Grausamkeiten ergeben – und auch wenn sie stets beteuert, ihre menschliche Seite nicht verlieren so wollen, so gewinnt Lucien immer wieder und bringt sie sogar dazu, von einem Mönch zu trinken. Ihr Geliebter und Dunkler Vater Armand kocht währenddessen vor Eifersucht, nimmt es jedoch hin, dass Mel mit Lucien erotische Abenteuer erlebt.
In der Geschichte gibt es Unstimmigkeiten. Beispielsweise wird Mel anfangs von ihrem Seelentier Osira stets begleitet, dann taucht die Wölfin mehrere Kapitel lang nicht mehr auf. Die Szene, in der Mel das Serum entdeckt, wirkt schlecht recherchiert. Die Autorin wirft mir Fachbegriffen um sich, doch glaubwürdig wird das Experiment dadurch nicht. Und warum Mel plötzlich naturwissenschaftlich hochbegabt ist, wird nicht erklärt.
Doch neben Mel, die mehr Versagerin als Heldin ist, gibt es auch hier wieder Charaktere, die positiv hervorstechen. Armand hat insgesamt weniger Auftritte, behält aber seinen dunklen Charme und kommt beim Leser sehr gut an. Lucien füllt seine Rolle als Vampirlord glänzend aus und Pettra, die Daywalkerin, bringt Spaß und Lockerheit in Melissas finsteres Leben. Die Vampirkönigin hingegen wirkt wie auch einige ihrer Kinder übertrieben kalt und böse – das Gehabe der Vampirlords kommt zudem oftmals lächerlich rüber.
In Sachen Erotik geht es auch bei „Engelstränen“ heiß her, wobei Tanya Carpenter entsprechende Szenen wieder sehr gut gelungen sind. Und wie auch in „Tochter der Dunkelheit“ gibt es homoerotische Szenen zwischen Männern. Wer nicht viel Wert auf Romantik legt, kann seine Freude an Mel’s vampirischer Promiskuität haben. Allerdings wagt sich die Autorin wie auch schon beim Vorgänger an die Grenzen des guten Geschmacks – das Begehren zwischen Vater und Tochter erscheint dem Leser unnötig provokativ. Und Mel verliert abermals Sympathiepunkte, da sie sich zunehmend von Trieben leiten lässt, gegen die sie sich angeblich wehrt …
Der hohe Preis für gerade einmal 220 Seiten wirkt erschreckend hoch - hier sei gesagt, dass das Format des Taschenbuches größer als üblich ist und die Schrift relativ klein. Bei einem "normalen" Buch würde man da sicherlich 400-500 Seiten bekommen. Dazu ist das Buch qualitativ sehr gut verarbeitet - nach einmaligem Lesen weist der Buchrücken keinerlei Gebrauchsspuren auf. Auch das Cover und der Druck bestechen durch ihre hohe Qualität. Wer Interesse an diesem Roman hat, sollte sich also nicht vom Preis abschrecken lassen!
Fazit
Auch in „Engelstränen“ enttäuscht Melissa Ravenwood als Protagonistin. Die Grundidee des Romans ist sehr interessant, allerdings nicht konsequent genug umgesetzt. Wer zudem wahre Romantik bevorzugt, sollte die Finger davon lassen – doch für alle, die es in vielerlei Hinsicht extrem, finster und blutig mögen, könnte das Buch mehr als einen Blick wert sein.
Pro & Contra
+ düster-sinnliches Ambiente
+ charmante Nebencharaktere
+ erotische Szenen
- unfähige Protagonistin
- Unstimmigkeiten
- stellenweise übertrieben
Wertung:
Handlung: 2/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 2/5
Preis/Leistung: 3/5
Rezension zu Band 1 "Tochter der Dunkelheit"
Rezension zu Band 3 "Dämonenring"
Rezension zu Band 4 "Unschuldsblut"
Rezension zu Band 5 "Erbin der Nacht"
Interview mit Tanya Carpenter (November 2010)