Asche und Phönix (Kai Meyer)

Carlsen (Dezember 2012)
Hardcover mit Schutzumschlag
Ab 14 Jahren, 464 Seiten, 19,90 EUR
ISBN: 978-3-551-58291-1

Genre: Phantastik


Klappentext

Parker und Ash haben nichts gemeinsam. Er ist Hollywoods größter Jungstar, das Gesicht des Magiers Phoenix aus den »Glamour«-Filmen. Sie ist eine »Unsichtbare«, nirgends zu Hause, getrieben von der Angst, wie alle anderen zu sein. Doch dann erwischt Parker Ash in seiner Londoner Hotelsuite, wo sie gerade sein Bargeld klaut.
Parker kann sein Leben im Fokus der Medien nicht mehr ertragen. Und nutzt die Chance, mit Ash vor den Fans und Paparazzi zu fliehen. Dabei scheint er geradezu körperlich abhängig von Ruhm und Aufmerksamkeit. Ihre gemeinsame Flucht führt sie durch Frankreich an die Côte d’Azur – auf den Spuren eines teuflischen Paktes, verfolgt von einer dämonischen Macht, die sie gnadenlos jagt.


Rezension

Parker Cale alias Phoenix Hawthorne ist der Star der “Glamour”-Filme. Weltberühmt, von abertausenden Mädchen begehrt und mit selbstzerstörerischen Tendenzen. Parker wurde von seinem Vater quasi zum Star gemacht und ist süchtig nach der Aufmerksamkeit, die er verabscheut. Als ihm der Kragen platzt und er seinen Vater öffentlich anfeindet, löst er ungewollt eine Kette grausamer Ereignisse aus. Denn all der Ruhm wurde teuer erkauft.
Ash dagegen lebt im Verborgenen, schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch und bestiehlt Hotelgäste. Ihre Nächte verbringt sie in fremden Wohnungen, deren Besitzer in Urlaub oder im Krankenhaus sind. Sie schießt gerne mit einer Polaroid-Kamera Fotos von scheinbaren Belanglosigkeiten und klebt diese an die Wände von U-Bahnstationen. Den Filmstar Parker Cale hält sie für einen arroganten Kerl und sie interessiert sich kein Stück für ihn. Doch es hat sie ausgerechnet in sein Hotelzimmer zum Klauen verschlagen. Und ehe sie sich versieht, sind die beiden auf einer gemeinsamen Flucht – erst vor den Paparazzi, dann vor einem dämonischen Pakt …

„Asche und Phoenix“ gliedert sich ähnlich wie ein Theaterstück in Vorspann, drei Akte und einen Nachspann, wodurch die Geschichte einen persönlichen Rahmen erhält. Der Vorspann ist stimmungsvoll und unheilverkündend, doch bis die Szene ihre wahre Bedeutung entfaltet, hat man den Roman fast fertig gelesen. Zu Beginn gibt sich Parker arrogant und sarkastisch, man merkt ihm deutlich an, wie müde und genervt er von dem ganzen Rummel um seine Person ist. Parallelen zu aktuellen Filmhighlights sind deutlich zu erkennen. Doch Parker ist ein spannender Charakter, der den Leser mit seiner bissigen Art zum Lachen bringt. Fast glaubt man, einen schlagfertigen Anti-Helden vor sich zu haben, doch als er Ash begegnet wird Parker deutlich zahmer. Dabei ist die an ihre Einsamkeit gewöhnte Ash anfangs ein harter Brocken. Ihre Lebensumstände sind gelinde gesagt unglücklich, doch das Mädchen schlägt sich durch und scheint zufrieden – bis Parker alles auf den Kopf stellt. Und so wird auch sie mit zunehmender Seitenzahl zugänglicher und zahmer. Einerseits durchleben beide eine interessante Wandlung, andererseits ist diese zu vollkommen und lässt die starken Charaktere mit reichlich Ecken zu typischen Jugendbuchhelden verkommen.

Im ersten Drittel gibt sich Kai Meyer erfrischend ironisch. Die Kapitel fliegen nur so dahin, ein bissiger Spruch jagt den nächsten und dem Leser bleibt zwischenzeitlich die Spucke weg. „Asche und Phoenix“ gestaltet sich unheimlich temporeich und überzeugt mit einem rasanten Schreibstil. In der Mitte zieht sich die Geschichte allerdings etwas in die Länge, viele Fragen müssen beantwortet werden und manche Szenen hätten knapper ausfallen können. Auch wird der ganze Roman von diesem wahnsinnig starken Anfang überschattet und kann erst am Ende wieder seine ganze Kraft entfalten. Schön wäre es gewesen, wenn Parker sich bis zum Ende wenigstens ein bisschen seiner Arroganz behalten hätte. Die Story selbst ist gut durchdacht und perfekt inszeniert – und da hakt es ein wenig. Die Inszenierung passt zum Thema, die Geschichte könnte man sich glatt als Film vorstellen. Doch stellenweise reagieren die Charaktere wie in Filmen viel zu cool auf die unfassbaren Ereignisse.

Die Ideen im Roman sind, wie von Kai Meyer inzwischen gewohnt, kreativ und entsprechend gut umgesetzt. Es geht um Kunst, den Ruhm und dessen Preis. Der Gegenspieler ist kein tausendfach beschriebenes übernatürliches Wesen, sondern eine eigenwillige Schöpfung. Geschickt flechtet der Autor dabei Anspielungen auf bekannte Musiker ein und gibt Woodstock einen ganz neuen Beigeschmack. So mancher Einfall wirkt auch etwas deplatziert, wie beispielsweise ein Smiley als Symbol einer Dämonenanbetung, aber gerade diese schiefen Details machen „Asche und Phönix“ so unterhaltsam und charmant. Der Roman bietet damit alles, was gute Unterhaltung braucht: eine gehörige Portion Romantik, reichlich Action und eine originelle Geschichte. Manches wirkt überzogen, doch alles erfüllt seinen Zweck und unter der Oberfläche bietet der Roman auch Raum zum Nachdenken. Insbesondere der Konflikt zwischen Parker und seinem Vater lässt Spielraum für Interpretationen und zeigt auf, was passiert, wenn man Kinder wie Besitz behandelt.

Als Bonus der Erstauflage gibt es das eBook gratis dazu. Das Hardcover ist Carlsen-typisch von guter Qualität und kommt mit Lesebändchen und bedruckten Buchdeckeln daher. Optisch erinnert es ein wenig an die „Arkadien“-Trilogie, auch das Setting im Mittelmeerraum lässt Parallelen erkennen. Dennoch entfaltet „Asche und Phönix“ seine ganz eigene Dynamik und man bekommt endlich mal wieder einen gelungenen Einzelroman geboten.


Fazit

„Asche und Phönix“ ist ein rasantes Abenteuer mit sprichwörtlich phantastischen Einfällen und gleichzeitig eine Parodie auf den Starrummel unserer Zeit. Parker und Ash überzeugen mit ihrer bissigen Art auf Anhieb, gegen Ende werden sie allerdings etwas zu zahm. Trotzdem bietet Kai Meyer auch dieses Mal originelle Ideen und eine perfekten Inszenierung, die das Thema Film durchgehend spiegelt. Actionreich, kreativ und romantisch – was will man mehr?


Pro & Contra

+ originelle Ideen rund ums Thema Film und Ruhm
+ anfangs erfrischend ironisch
+ temporeich und spannend erzählt
+ sympathische Protagonisten
+ Mittelmeer-Atmosphäre
+ glaubhafte Emotionen

o manchmal filmtypisch etwas überzogen

- Ash und Parker werden im Verlauf zu zahm

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5


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