Christian Günther (27.03.2008)

Interview Christian Günther

Literatopia: Hallo Christian, schön, wieder ein Interview mit Dir zu machen! Stell Dich doch unseren Lesern nochmals kurz vor, für alle, die Dich noch nicht kennen.

Christian Günther: Hallo. Ich bin 33 Jahre alt, lebe in der Nähe von Hamburg und verdiene meine Brötchen als selbständiger Grafiker und Webentwickler. Schriftstellerisch habe ich so etwa mit 17 begonnen, damals mit Rollenspielabenteuern und Artikeln für Zeitschriften. Seit etwa 10 Jahren widme ich mich dem Genre des Cyberpunk bzw. der Science Fiction.
Neben dem Schreiben beschäftige ich mich noch mit dem Lernen von Malen und Zeichnen (analog, ganz ohne Computer), bin großer Fußballfan und spiele selbst Handball.


Fragen zu Rost

Literatopia: Erst einmal Glückwunsch zur Veröffentlichung Deines zweiten Roman! Wann soll es denn so weit sein? Sind schon Lesungen oder andere Events geplant?

Christian Günther: Das Buch ist inzwischen komplett abgeschlossen und bereits in der Druckerei, für Mai ist die Veröffentlichung geplant. Was Lesungen usw. angeht überlegen der Verlag und ich derweil noch, was, wann, wo passieren soll. Auf jeden Fall ist die Frankfurter Buchmesse im Herbst fest eingeplant.

Literatopia: Rost soll ja in der Welt von under the black rainbow spielen – dem Hamburg der Zukunft. Wo liegen die Gemeinsamkeiten und wo die Unterschiede? Auf welche neuen Schauplätze dürfen sich Deine Leser freuen?

Christian Günther: Nachdem in utbr ja im Wesentlichen die Reise Chills von der Zone in die Stadt beschrieben wurde, sind die Schauplätze nun sowohl die innere Stadt, die als abgeschottete Enklave das Zentrum der Metropole bildet, als auch die umliegenden Gebiete, es geht raus aufs Land und an die Ostsee.

Literatopia: Werden wir in Rost Charaktere aus under the black rainbow wieder treffen?

Christian Günther: Nein, die Geschichte von "Rost" teilt sich nur den Hintergrund mit utbr, die Figuren dort sind neu. Es gibt aber ein paar kleine Anspielungen im Buch, die die Leser von utbr vielleicht freuen werden.

Literatopia: Als Du zum Epikur-Verlag gekommen bist, wurde Rost nochmals überarbeitet. Wie sah diese Arbeit aus? Was hat sich im Vergleich zur ersten Version verändert?

Christian Günther: In Zusammenarbeit mit Rolf Rothacher, dem Verleger und Lektor, wurde das ganze Buch zunächst stilistisch und handlungslogisch zurechtgefeilt. Ursprünglich war der Roman nur aus der Sicht von Aron, der Hauptfigur, geschildert. Diese Struktur haben wir aufgebrochen, um noch weitere Perspektiven beleuchten zu können und das Buch vielschichtiger zu machen.
Somit ist ein wesentlich umfangreicheres, aber auch spannenderes Buch dabei herausgekommen, wie ich finde.

Literatopia: Was kommt nach Rost? Ist schon ein Nachfolgeroman in Planung oder schreibst Du sogar schon daran?

Christian Günther: Es stehen momentan mehrere Romanideen bereit. Sowohl ein Nachfolgeroman ist in Planung als auch andere, die sich wiederum nur den Schauplatz mit Rost teilen. Momentan bin ich noch dabei, die Stories und die Figuren auszuarbeiten. Es ist aber recht wahrscheinlich, dass auch die Protagonisten aus Rost wieder auftauchen werden.


Allgemeine Fragen

Literatopia: Welche Projekte verfolgst Du neben Rost derzeit? Wirst Du Dich auch weiterhin bei Anthologien wie „Lotus-Effekt“ beteiligen?

Christian Günther: Bestimmt werde ich das tun, Kurzgeschichten zu schreiben macht mir großen Spaß und es werden demnächst weitere z.B. in NOVA und in der Zeitschrift phantastisch! erscheinen. Des weiteren beschäftigen mich derzeit so profane Dinge wie ein Büroumzug von Hamburg nach Buxtehude.

Literatopia: „Lotus-Effekt“ ist ja eine Kurzgeschichte von Dir – wie kam es dazu, dass Deine Story zum Titelgeber wurde?

Christian Günther: Das kam für mich aus heiterem Himmel und wurde mir ganz einfach so mitgeteilt. Keine lange Geschichte, der Titel erschien den Herausgebern einfach passend. Hat mich natürlich gefreut.

Literatopia: Auf Deiner Homepage (http://www.cyberpunk.de) findet man viele geniale Bilder von Dir. Kam es Dir jemals so vor, als müsstest Du Dich zwischen Deinen Bildern und Graphiken und dem Schreiben entscheiden? Kannst Du Dich beidem gleichermaßen widmen oder bleibt immer eines von beidem auf der Strecke?

Christian Günther: Diese Frage wird mir sehr häufig gestellt. Da ich beruflich als Grafiker tätig bin, werde ich sicher auch immer Bilder produzieren. Und als Ausgleich zum Schreiben ist das eine sehr schöne Sache. Ich möchte keines von beidem missen. Irgendwie gehört das beides bei mir auch eng zusammen und ergänzt sich gegenseitig, ich male, was ich schreibe und umgekehrt.


Leserfragen

Leserfrage: Gab es schon mal aufsässige Charaktere, die die Geschichte mehr behinderten, als förderten? Charaktere (Pro - und Antagonisten), die im Kopf/in den Vorstellungen sich in den Vordergrund drängten und rebellierten? Und in dem Zusammenhang, wurde an der Geschichte weitergeschrieben oder wurde sie beiseite gelegt? Wie wurde das Problem gelöst?

Christian Günther: Dieses Erlebnis, von dem man ja oft hört, hatte ich bisher in dieser Form noch nicht. Es ist aber tatsächlich so, dass es häufig vorkommt, dass die Figuren beim Schreiben nach und nach vom sorgsam ausgefeilten und durchgeplanten Handlungsrahmen abweichen und ganz andere Dinge tun. Das liegt aber einfach daran, dass einem während des Schreibens oft noch viele neue Ideen kommen und diese in den Text drängen. Das ist nicht schlimm, sondern wie ich finde sehr förderlich für eine Geschichte und sorgt oft für einen natürlicheren Handlungsablauf.

Leserfrage: Wie lautete die Leserkritik, über die Du dich bisher am meisten geärgert hast?

Christian Günther: Da habe ich mich bislang eigentlich noch nie richtig ärgern müssen – bei meinem bescheidenen Bekanntheitsgrad freut man sich eben noch über jede Resonanz, die man erhält.
Das ärgerlichste in diesem Zusammenhang fand ich mal jemanden, der mein Buch beurteilen wollte, obwohl er nur ca. 15 Seiten gelesen hatte. Das nervt dann schon.

Leserfrage: Wie bereitest du dich auf Geschichten vor (Recherche, Interviews, etc. …)? Was war dabei die bisher aufwendigste Vorarbeit?

Christian Günther: Ich recherchiere die meisten notwendigen Fakten im Internet. Für spezielle Fragen habe ich auch einige Freunde und Bekannte mit speziellen Fachgebieten, die helfen können, Fragen z.B. zu Krankheiten, Waffen, Verletzungen, Geschichtlichem usw. zu beantworten.
Das Schöne an der Zukunft ist ja, dass man sich vieles einfach ausdenken kann, wobei es natürlich möglichst realistisch erscheinen soll.
Für einen zukünftigen Roman, der in einem abgeschlossenen Wohnblock spielen soll, habe ich sehr viel intensive Recherchearbeit darauf verwandt, mich mit dem "Barbican Estate" in London zu beschäftigen, inklusive Besuch vor Ort, da mich dieser Ort sehr fasziniert hat.

Leserfrage: Wann ist Deine schaffensintensivste Phase (bestimmte Emotionszustände, Tageszeiten oder gar Wetterlagen …)?

Christian Günther: Ich brauche immer relativ lange Zeiträume, in denen ich mich möglichst viel dem Schreiben widmen kann, also mal eben 2 Stunden hinsetzen und losschreiben funktioniert eher selten – es sei denn, eine Idee bricht sich Bahn und will raus. Dann werden auch schon mal ganze Seiten, an denen tagelang gefeilt wurde, innerhalb von 2 Stunden komplett aus einem Guss neu geschrieben und sind plötzlich viel besser als vorher.
Von der Tageszeit ist das eigentlich unabhängig, wobei ich niemand bin, der die Nacht durchschreibt – wenn ich zu müde bin, läuft da nicht mehr viel.
Was die Wetterlage angeht – schlechtes Wetter hilft enorm, um sich am Schreibtisch aufzuhalten, ohne raus in die Sonne zu wollen.

Leserfrage: Gibt es von Dir veröffentliche Werke, die Du im Nachhinein gesehen ganz anders geschrieben oder erst gar nicht veröffentlich hättest?

Christian Günther: Ganz anders geschrieben bestimmt, aber das ist im Nachhinein immer so. Mein erster Artikel z.B. über "Aliens im Star Wars Universum" bringt mich ob seiner Naivität heute nur noch zum Schmunzeln, aber damals mit 16 war es das Größte, in den WunderWelten (einer Rollenspielzeitschrift) veröffentlicht zu werden.
Ich habe auch ganz bewusst "under the black rainbow" in seiner ursprünglichen Form zum Download ins Internet gestellt. Das Buch ist teilweise stilistisch grausig, fehlerbehaftet und nicht wirklich ausgereift. Aber so ist dieses Buch und so soll es auch bleiben, es hat dadurch etwas ehrliches, rockendes und freies, was meiner Meinung nach dem Thema Cyberpunk gut entspricht.

Literatopia: Vielen Dank!


Rezension zu "under the black rainbow"

Rezension zu "Rost"

Rezension zu "Memory Cloud" 

Interview mit Christian Günther (2018)

Rezension zu "Die Aschestadt" (FAAR, Band 1)

Rezension zu "Blinde Wächter" (FAAR, Band 2)

Rezension zu "Am Seelenbrunnen" (FAAR, Band 3)


Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.