Im Visier des Todes (Olga A. Krouk)

Lyx (September 2011),
Klappbroschur, Seiten: 339,
9,99 EUR [D]
ISBN: 978-3802586408

Genre: Dark Fantasy


Klappentext

Als Model stand Céline Winter eine große Karriere bevor. Doch dann wird ihre grausam entstellte Leiche gefunden. Für ihre Schwester Leah bricht eine Welt zusammen – und die Polizei steht vor einem Rätsel. Leah beschließt, selbst nach dem Täter zu forschen. Dabei trifft sie auf den gut aussehenden Fotografen Kay Gordon, zu dem sie sich augenblicklich hingezogen fühlt – doch Kay scheint ein dunkles Geheimnis zu verbergen. Was weiß er über den Mord? Je näher Leah der Wahrheit kommt, desto größer ist die Gefahr, in der sie schwebt ...


Rezension

Olga A. Krouk wurde in Moskau geboren, lebte als Kind in dir Ukraine und später in St. Petersburg. Schon früh verfasste sie Geschichten und zog, den Kopf voller Romanideen, schlussendlich nach Berlin. Bekannt geworden mit ihrer Dark Fantasy Trilogie, bestehend aus Schattenseelen,Nachtseelen und dem herausragenden AbschlussHexenseelen, wechselt Olga A. Krouk nun mit ihrem Roman „Im Visier des Todes“ das Genre – sichtlich bemüht, noch andere Seiten ihres kreativen Schaffens zu zeigen.

>> „Zeig mir, dass du noch leidest.“ Der Sucher des Fotoapparates ist wie ein Schlüsselloch. Deinen Körper rekelst du davor. Wie Marionettenfäden zerren an dir die Anweisungen: Sei glücklich, du schönes Ding, das stets für andere lacht. Strafe sie mit deinen Blicken. Schenke ihnen deine Gnade ... <<

Leah Winter lebt bei ihrer Mutter, um die sie sich kümmern muss, ohne sie wirklich respektieren oder lieben zu können. Sie ist führsorglich und es scheint, als hätte jeder nur Gutes über die junge Frau zu berichten. Von einem Moment auf den nächsten, verändert sich jedoch diese kleine, ohnehin schon nicht heile Welt. Sie wird noch dunkler, gar haltlos. Denn ihre jüngere Schwester Céline, der eine verheißungsvolle Karriere als Model bevorstand, wird ermordet aufgefunden. Fast unmöglich scheint es Leah zu sein, die Trauerfeier und ihre eigenen, aufkeimenden Schuldgefühle zu überstehen. Bis sie den gutaussehenden Fotografen Kay Gordon trifft. Doch Kay, der in ihr bald starke Gefühle entfacht, wirkt zurückhaltend, fast so, als müsse er etwas verbergen. Kurze Zeit später erhält Leah einen Umschlag mit grausigem Inhalt ...

Von der Dark Fantasy zum Romantic Thrill und gleich darauf zu einer neuen Serie? Zugegeben: rückblickend betrachtet ist es ein nachvollziehbarer Schritt in eine neue Richtung, selbst wenn er im ersten Moment, als Fan der Hamburg-Trilogie, nicht sofort zu begeistern wusste. Denn wie sollte ein Sprung in ein anderes Genre so sehr überzeugen, wie die wirklich bezaubernden, vorangegangen phantastischen Einfälle der Autorin? Dennoch: schon die ersten Seiten beweisen, dass Olga A. Krouk sich nicht umsonst diesem spannenden Genre gewidmet hat. Innerhalb weniger Momente offenbart sie ihre Stärke, mit ihrem teils lyrisch anmutenden Stil auf Anhieb zu bestechen. Ein Stil, in den man sich einlesen muss, hier umso mehr, da die zuschreibende Perspektive des „Du“ selbst für Vielleser oft noch ungewohnt ist. Diese Tatsache nimmt dem Beginn des Romans jedoch nichts an Glanz. An Besonderheiten. Ohne Umschweife wird die sterbende Céline in ihren letzten Minuten gezeigt. Im Focus – schrecklich nah. Wie sie leidet, wie sie sich wehrt, wie sie „vergeht“. Ihr Peiniger scheint, ebenso wie der Leser, davon nicht unbeeindruckt. Das macht ihn einerseits zum mitfühlenden Menschen, andererseits verdeutlicht diese Facette die so zahlreich vorhandenen, krankhaften Gedankengänge. Das Thriller-Gefühl ist damit schon zu Beginn und in weiterer Folge bei jeder ähnlichen Episode, die zwischendurch als Appetithappen für Spannung sorgen, auf einem hohen, nervenzerreißendem Niveau. Eines, das natürlich nicht immer gehalten werden kann. Denn Olga A. Krouk ist logischerweise darum bemüht, Romantik einfließen zu lassen und das Tempo sowie die Spannung zu drosseln. Die Kunst, einen Ausgleich zu finden, um so der Modeerscheinung „Romantic Thrill“ gerecht werden zu können, wird für den Leser wie die Autorin zunehmend zur geschmacksabhängigen Grandwanderung.

Prosaische Normalität schiebt sich nach diesem erfolgreichen Einstieg immer mehr in den Vordergrund. Der Leser beobachtet Célines ältere Schwester Leah, die versucht nach ihrem Tod, mit sich, der Welt und was noch viel trostloser ist – mit ihrer Mutter – zurecht zu kommen. Sie leidet, tobt innerlich und liebt. Doch Kay Gordon, der geheimnisvolle, introvertierte Fotograf zeigt sich sehr zurückhaltend. Nach dem Erhalt von Fotos, die Céline in ihrem Sterbenskampf zeigen, drängen sich wilde Spekulationen auf: Was hat Kay mit all diesen Dingen zu tun? Welche Rolle spielt die Agentur „Dream Impressions“ und was könnte Leah noch tun, um den Mord an ihrer Schwester aufzudecken? Wenig später stirbt ein weiteres Model und auch für die mutige, von Schicksalsschlägen gebeutelte Protagonistin scheint es zunehmend gefährlich zu werden. Olga A. Krouk hat ein Händchen für das Geheimnisvolle, zwischenzeitlich passenden Humor und für die Dramatik ihres Stils. Sie schildert die Charaktere sehr lebendig, zeigt ihre unterschiedlichen Stärken und Schwächen bringt dem Leser auch nahe, warum ein Mann wie Kay, der sich meist mit wunderschönen Models umgibt, eine Frau wie Leah so lieben kann. Er bewundert ihre Stärke, wirkt selbst dagegen vergleichsweise schwächer, und auch der Leser kommt nicht umhin, Leah sympathisch zu finden. Die Liebesgeschichte der beiden weiß zu beeindrucken, beinahe zu scheitern und den Roman, natürlich nach einem großen Finale, mit einem zufriedenen Lächeln zu schließen.

Der Fokus erfasst deine Lippen. Blass sind sie und ein klein wenig aufgesprungen. Noch ein paar Schritte zurück. Oh, Céline, warum bist du nur so unersättlich? Warum lässt du keinen Frieden walten? ... „Wunderbar, das machst du absolut toll. Es werden hervorragende Fotos sein, genau das, was wir brauchen. Die besten deines Lebens.“ Sanft senkt sich dein Wimpernkranz. Schon wieder verbirgst du die Augen, zu müde, in die Welt zu blicken. Deine Augen! Die von Abgründen der menschlichen Seele erzählen. Wer könnte behaupten, sie richtig abbilden zu können?

(Seite 6)


Fazit

„Im Visier des Todes“ ist eine gute, lesenswerte Komposition aus Thriller, Familiendrama, Erotik und Liebesgeschichte, die kaum Längen beinhaltet. Olga A. Krouk hat mit diesem Roman ein solides Standbein erschlossen, sicherlich viele neue Leser (völlig zurecht) begeistert es aber dennoch nicht vollbracht, sich mit ihren eigenen, vorangegangen Werken zu messen. Fans von Spannungselementen und Liebesgeschichten werden sich dennoch prächtig unterhalten fühlen.


Pro und Kontra

+ authentische Charaktere
+ graustufig & durchdacht
+ wunderbares Finale
+ schöner, spannungsgeladener ...

o ... „besonderer“ Stil

- zum Ende hin offene Fragen
- erfüllt nicht alle Erwartungen

Bewertung:

Handlung: 4 / 5
Charaktere: 4 / 5
Lesespaß: 4 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5


Interview mit Olga A. Krouk (14.01.2010)