Steife Prise (Terry Pratchett)

Verlag: Manhattan (September 2012)
Broschiert: 448 Seiten; 17,99 €
ISBN-13: 978-3442547050

Genre: Fantasy/ Humor


Klappentext

Wenn Gesetz und Ordnung Urlaub machen …

Niemand liebt seine Arbeit und seine Stadt so sehr wie Samuel Mumm, Kommandeur der Stadtwache von Ankh-Morpork. Doch nun droht Ungemach. Denn Mumms Ehefrau Lady Sybil hat ihn zu zwei Wochen Landurlaub auf dem hochherrschaftlichen Familiensitz verdonnert. Frische Luft, grüne Wiesen, ein Haus voller Dienstboten und standesgemäße Nachmittagstees: die Hölle auf Erden. Doch zum Glück bewahrheitet sich die Regel, dass wo ein Cop, da auch ein Verbrechen ist. Und so steckt Samuel Mumm auch auf dem angeblich so idyllischen Lande bald wieder bis zum Hals in höchst abenteuerlicher Arbeit …

„Umwerfend komisch und ungemein scharfsichtig. Ein großes Vergnügen.“ Kirkus Rewies
„Ein Triumph.“ The Independent on Sunday


Rezension

Sam Mumm, Kommandeur der Stadtwache von Ankh-Morpork, macht Urlaub. Wer ihn kennt, weiß, eigentlich ein vollkommen abwegiger Gedanke. Aber Lord Vetinari in seiner Eigenschaft als Patrizier und Lady Sybil, Mumms Ehefrau, haben sich zusammengeschlossen und ihn dazu gezwungen. Freilich auch aus unterschiedlichen Motiven heraus. Während Sybil das Wohl ihres Mannes am Herzen liegt, hat Lord Vetinari das Wohlergehen der Stadt im Blick. Zwei Dinge, die sich nicht unbedingt miteinander vertragen. Aber so oder so, Sam Mumm landet auf dem alten Sitz der Käsedicks. Und dort erwarten ihn schon bald die ersten Rätsel. Zunächst fängt alles ganz harmlos an, mit kleinen Ungereimtheiten, als dann aber der Schmied des Dorfes zu einer nächtlichen Verabredung nicht auftaucht und stattdessen von Mumm und seinem Leibdiener Willikins eine große Blutlache vorgefunden wird, wird Mumm in einen Fall hineingezogen, der immer komplexer wird, aufgrund von Politik und Traditionen. Goblins, alter Adel, pensionierte Polizisten und zwielichtige Gestalten stehen Schlange, um Mumm das Leben schwer zu machen und sehr zum Leidwesen von Lady Sybil ist er praktisch sofort wieder in seinem Element und dem Täter auf der Spur.

Die Stadtwachenromane aus der Scheibenweltreihe von Terry Pratchett gehören im Allgemeinen mit zum Besten, was die humorvolle Fantasy derzeit zu bieten hat. Was ganz eindeutig an Samuel Mumm und seinem Blick auf die Welt liegt. Für ihn hat Gerechtigkeit zu herrschen und das Gesetz Gültigkeit zu haben. Allerdings verträgt sich beides nicht immer miteinander, so dass auch er Kompromisse eingehen muss. Dazu gesellen sich noch diverse Nebenfiguren, die den Romanen noch zusätzlichen Reiz verleihen. Allen voran Lord Vetinari, Patrizier der Stadt und eleganter Strippenzieher hinter den Kulissen. Seine Gespräche mit und über Mumm sind immer Höhepunkte in einem Roman. Und hier ist es nicht anders. Vetinari tritt zwar nur kurz auf, aber hinterlässt wieder einen bleibenden Eindruck, zumal Terry Pratchett, seit geraumer Zeit eine intellektuelle Erzfeindin für ihn geschaffen hat, über die er sich auch dieses Mal auslässt. Ansonsten ist alles beim Alten und das ist gut so. Mumm stolpert über einen Fall und legt sich mächtig ins Zeug der Öde und Eintönigkeit seines Urlaubs zu entfliehen.

Mit Mumm und der Stadtwache kann Pratchett eigentlich nichts falsch machen und tatsächlich ist Steife Prise nach dem etwas schwächeren Der Club der unsichtbaren Gelehrten, inhaltlich wieder vollkommen auf der Höhe, hat wieder etwas mehr Tiefe als sein Vorgänger, auch wenn dieser unter der Übersetzung etwas zu leiden hatte. Pratchett zeigt sich von seiner besten Seite, wenn er seinen Krimi mit dem Thema Sklaverei und der Angst vor dem Unbekannten vermischt. Auch wenn außer Kommandeur Mumm, sonst kaum einer der Stadtwache vorkommt, ist es doch ein typischer Roman für diese Reihe. Und so ganz muss der Leser auf liebgewonnene Nebenfiguren nicht verzichten. Hauptmann Karotte und Grinsi Kleinpo absolvieren zwar nur absolute Kurzauftritte, dafür kommen aber Nobby und Colon zu ihrem Recht, die Geschichte mit Absurditäten und Skurillitäten zu bereichern. Vor allem, dass Nobby tatsächlich eine verwandte Seele findet, ist bemerkenswert. Die alten Charaktere bleiben weiterhin so, wie man sie kennt und entwickeln sich doch in einem realistischen Rahmen weiter und die neuen Charaktere fügen sich wunderbar ins Geschehen ein. Allen voran Volker Aufstrich, den Mumm erst im Laufe von Mordermittlungen gegen sich selbst, zu einem richtigen Polizisten machen muss, der dann aber genauso unnachgiebig wie Mumm ist. Vor allem sei aber Willikins, Mumms Leibdiener erwähnt, der soviel Platz wie noch nie bekommt und eine echte Bereicherung darstellt, auch für zukünftige Auftritte, die noch kommen mögen. Inhalt und Figuren gehen Hand in Hand und fügen sich zu einem guten Scheibenweltroman zusammen. Der typische Pratchett-Humor in Szenen und Dialogen ist vorhanden. Zumindest ist dieser Umstand bei den Formulierungen zu erahnen, denn leider muss man bei der Übersetzung von Gerald Jung in diesem Punkt Abstriche machen.

Andreas Brandhorst sah sich häufig für seine Übersetzungen der Pratchett-Romane Kritik ausgesetzt. Oft wurde ihm vorgeworfen Witze und Wortspiele nicht vollkommen korrekt wiederzugeben. Ganz ungeachtet dessen, dass dies sowieso nie ganz möglich ist, ist erst mit dem Wechsel zu Gerald Jung als neuer Übersetzer ersichtlich, wie gut er eigentlich doch war. Es fängt schon damit an, dass Gerald Jung wenig Fingerspitzengefühl zeigt und z.B. den Patrizier nun nur noch als Tyrann bezeichnet, etwas, das so gar nicht zu Havelock Vetinari passen möchte. Aber vor allem schafft er es im Gegensatz zu Andreas Brandthorst nicht, den unterschwelligen Humor, das Augenzwinkern im Text und die Leichtigkeit eines Terry Pratchett ins Deutsche zu übertragen. Die Satzkonstruktionen wirken etwas biederer, ungelenker und es fehlt ihnen insgesamt das Gewisse etwas, welches sonst immer vorhanden war. Es ist spürbar, wo es normalerweise durchscheinen würde, aber Gerald Jung schafft es einfach nicht, es wirklich hervortreten zu lassen. Der ganze Text wirkt einfach uninspiriert und als ob Gerald Jung noch keinen der älteren Scheibenweltromane im Original und Übersetzung gelesen hätte. So kommen eben Anachronismen wie Tyrann für Patrizier vermutlich zustande. Die Übersetzung ist sicher nicht vollkommen daneben, aber es wäre deutlich mehr drin gewesen. Vielleicht wäre eine Rückkehr zu Andreas Brandhorst als Übersetzer eine Überlegung wert.

So gut der Roman dann doch aber ist, ein Pratchett-Roman ist in gewisser Weise einfach unverwüstlich, so schlecht und unpassend ist die Covergestaltung von Steife Prise. Selbst der Titel will nicht so ganz passen. Denn durch Beides wird der Eindruck erzeugt, die Geschichte des Romans würde sich hauptsächlich auf dem Meer abspielen, dabei ist dies so gut wie gar nicht der Fall. Den Hauptteil seiner Ermittlungen führt Mumm weit weg von Meer und Fluss durch. Warum nicht einfach das viel passendere Cover der Originalausgabe verwendet wurde, bleibt ein Rätsel. Besonders da es durch ein recht Unansehnliches, Computergeneriertes ersetzt wurde.


Fazit

Ein eigentlich sehr guter Scheibenweltroman. Kommandeur Mumm im Urlaub ist einfach herrlich. Leider ist die Übersetzung nicht ganz so gelungen und wertet diesen Roman Pratchetts deutlich ab.


Pro & Contra

+ Humor
+ Mumm muss Urlaub machen
+ Goblins als neues Volk

- hässliches Cover
- hoher Preis für ein Taschenbuch, auch wenn es broschiert genannt wird

Bewertung:

Handlung: 4,5/5
Humor: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Übersetzung: 2/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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Tags: Terry Pratchett, Scheibenwelt