Schuld währt ewig (Inge Löhnig)

Verlag List, Dezember 2011
Taschenbuch, 446 Seiten, € 8,99
4. Band mit Kommissar Dühnfort
ISBN 978-3548610696

Genre: Krimi


Klappentext

Dieses Gefühl ging tiefer als Worte. Viel tiefer. Schuld und Reue, Scham und Demut. Ein brennendes Gefühl von Versagen brannte seit Jahren in ihrem Innersten. Hätte sie doch nur besser aufgepasst…

Warum wird eine junge Frau in einem See ertränkt? Warum ein Mann vor seinem Haus überfahren? Hängen die beiden Fälle zusammen? Kommissar Dühnfort und sein Team sind davon überzeugt. Die Ermittlungen führen sie in eine Welt, in der die Grenzen zwischen Opfer und Täter fließend sind. Denn niemand ist ohne Schuld… Quelle: List


Die Autorin

Inge Löhnig hat an der renommierten Münchner Akademie U5 Grafikdesign studiert. Nach einer Karriere als Art-Directorin in verschiedenen Werbeagenturen hat sie sich mit einem Designstudio selbstständig gemacht. Inge Löhnig wohnt mit ihrer Familie in der Nähe von München.


Rezension

Ein Mann wird überfahren. Was zuerst wie ein Unfall aussieht, könnte nach einigen Zeugenaussagen auch ein Mordanschlag gewesen sein. Zeugenaussagen sind nur leider selten übereinstimmend, so gibt es hier auch zu wenige, um das Bauchgefühl von Kommissar Tino Dühnfort zu fundieren. Ein wichtiger Zeuge fehlt allerdings noch, der Rentner Eugen, der ansonsten ständig im Fenster hängt und jeden Parksünder protokolliert, behauptet, nichts gesehen oder gefilmt zu haben. Dabei hat man ihn doch zur Tatzeit am Fenster gesehen. Als kurz darauf die Leiche einer jungen Frau gefunden wird, die jemand im seichten Wasser ertränkt hat, ist es wieder Tinos Bauchgefühl, welches ihm sagt, dass die Fälle zusammenhängen. Seine Mitarbeiter hingegen sind uneins, während Gina ihn unterstützt ist für Alois die Unfallflucht wirklich nur ein Unfall. Unwillig nimmt er die Untersuchungen auf, er fühlt sich vom richtigen Fall ausgeschlossen. Außerdem nagt an ihm der Verdacht, Tino und Gina begegnen sich privat auf einer Ebene, die mit ihrer beruflichen Konstellation kollidiert.

Es ist dieser winzige Augenblick, ein Augenblick im Leben, der wahnsinnig weitreichende Konsequenzen nach sich zieht. Ein Unfall, und jemand anderer wird getötet. Jemand, der noch sein ganzes Leben vor sich hatte. Jemand, der lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort war. Jemand, der unschuldig war. Nun ist man schuldig. Schuldig, ein Leben ausgelöscht zu haben, auch wenn man gar nichts dafür kann. Aber man hatte vielleicht die Verantwortung. Man war unaufmerksam. Ein winziger Augenblick nur, einen Wimpernschlag lang. Die Schuld allerdings währt ewig, man wird diesen Augenblick nie wieder los, er bestimmt fortan auch das eigene Leben. Möglicherweise muss es komplett geändert werden – aber zumindest hat man es noch, das Leben. Vorherrschend geht es hier wirklich um Schuld, und was sie aus dem eigenen Leben macht, wenn man sich zutiefst schuldig fühlt. Sanne war Babysitterin, als ihr Schützling unter ihrer Aufsicht ums Leben kam. Seitdem lebt sie zurückgezogen in Kargheit einsam fast am Ende der Welt. Ihr Geld verdient sie noch als Geigenbogenbauerin, aber mit Menschen kann sie nicht viel anfangen. Trotzdem wird sie noch zu einem wichtigen Charakter, denn sobald sich die Gemeinsamkeiten der beiden Mordfälle erweisen, fällt der Fokus auch auf Sanne. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, was Schuld aus einem Menschen machen kann, davon finden wir einige in allen möglichen Varianten. Selbsthilfegruppen stehen hoch im Kurs, dabei gibt es Menschen, die Befriedigung daraus ziehen, anderen Menschen zu helfen mit ihrer Schuld fertig zu werden. Ein hochinteressantes Thema für einen Krimi, es gibt unzählige Variationsmöglichkeiten und Fälle, Inge Löhnig versteht es ausgezeichnet, tief in der Psyche eines Menschen zu graben und Unglaubliches zutage zu fördern.

Privat passiert so einiges hinter den Kulissen der Ermittler. Tino und Gina haben endlich zueinander gefunden, was beruflich aber nicht sein darf, da Tino Ginas Chef ist. Also spielen sie erst einmal Verstecken in der Behörde, was sich aber vor geschulten Ermittleraugen nicht auf Dauer verheimlichen lässt. Alois hat sehr schnell einen Verdacht und fühlt sich aufgrund einiger Entscheidungen benachteiligt. Als er die beiden zu enttarnen versucht, verhindert er zufälligerweise ein großes Drama, was dann für alle Konsequenzen hat. Dies alles verquirlt die Autorin geschickt zu einer spannenden Geschichte, man erspürt die Menschen hinter den Charakteren, nimmt Anteil an deren privaten Geschicken sowie an der Akribie der Ermittlungsarbeit und merkt, dass auch bei Mordermittlungen private Gefühle eine große Rolle spielen können und die Sicht für die Details schon mal vernebeln.


Fazit

Wer ohne Schuld, werfe den ersten Stein. Gibt es überhaupt jemanden, der sich in allen Belangen völlig unschuldig fühlt? Jeder hat sein eigenes Päckchen Schuld zu schultern, die Unterschiede liegen in der Verarbeitung. Dazu gibt es noch die Schuld des Überlebenden, die auch schon mal in Ungerechtigkeit ausgelegt wird. Inge Löhnig hat in Schuld währt ewig eine spannende Reise in die menschliche Psyche organisiert, in der bestimmt jeder ein Stück von sich selbst wiederfindet.


Pro und Contra

+ spannend
+ brisantes und authentisches Thema
+ bekannte Charaktere
+ gelungenes Nebeneinander von Ermittlung und Privatleben
+ Fall nicht überzogen, sondern schlüssig
+ wechselnde Erzählperspektiven
+ der persönliche Umgang mit Schuld

- zwischendurch die Auflösung etwas langatmig

Wertung

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5


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