Chronik des Cthulhu-Mythos II (H. P. Lovecraft)

Festa-Verlag (Dezember 2011)
Paperback, Umschlag in Lederoptik
464 Seiten, 13,95 EUR
ISBN: 978-3-86552-145-3

Genre: Horror / Phantastik


Klappentext

Diese Chronik in zwei Bänden vereint erstmals die vollständigen Werke Lovecrafts zum Cthulhu-Mythos – neben allen Kurzgeschichten auch seine berühmten Novellen. Mit einem Vorwort und ausführlichen Erläuterungen von Deutschlands führendem Lovecraft-Experten Marco Frenschkowski.

Geschichten Band 2: „Berge des Wahnsinns“, „Der Schatten über Innsmouth“, „Träume im Hexenhaus“, „ Das Ding auf der Schwelle“, „Der Schatten aus der Zeit“ und „Jäger der Finsternis“


Rezension

Der zweite Band der „Chronik des Cthulhu-Mythos“ enthält neben den beiden großartigen Kurzromanen „Berge des Wahnsinns“ und „Der Schatten über Innsmouth“ vier Novellen, die eindrucksvoll das schriftstellerische Können des Meisters demonstrieren. Der Horror dieser Werke liegt in den Wirren des menschlichen Geistes und Lovecrafts geschickter Erzählweise, die viel andeutet und noch mehr der Vorstellung des Lesers überlässt. Grausige Details bleiben einem dennoch nicht erspart, doch oft überlässt es Lovecraft seinen Lesern, sich die Wahrheit hinter all dem Wahnsinn vorzustellen. Die Protagonisten erscheinen meist geisteskrank, was sie aufgrund der schrecklichen Erfahrungen auch werden, doch unheimliche Details deuten darauf hin, dass der Schrecken nicht nur dem irren Fieber der Charaktere entspringt …

„Berge des Wahnsinns“ verschafft dem Leser einen sprichwörtlich wahnsinnigen Einstieg in diesen Sammelband. In der Antarktis stoßen Forscher auf die größten Berge der Welt, von deren irrwitzigen Gipfeln ihnen seltsame Formationen entgegenstarren. Die Expedition wird von grausigen Ereignissen überschattet und schließlich findet sich der Erzähler in den Ruinen einer unmöglichen Stadt wieder. Zur Zeit der Entstehung von „Berge des Wahnsinns“ war die Antarktis noch weitgehend unentdecktes Land und damit der perfekte Schauplatz für diese unglaubliche Erzählung. Lovecrafts Liebe zum Detail nimmt erstaunliche Ausmaße an und die Intensität seiner Beschreibungen nimmt den Leser regelrecht gefangen. Dieser Science Fiction-Roman verlangt nach Geduld und Vorstellungskraft, doch was Lovecraft erzählt, ist Phantastik vom Allerfeinsten und die Bilder der Berge des Wahnsinns brennen sich ins Gedächtnis des Lesers.

Mit „Der Schatten aus der Zeit“ greift Lovecraft erneut die Vorstellung einer alten Rasse auf, die lange vor den ersten Menschen die Erde bevölkert hat. In dieser Science Fiction-Novelle erleidet der Protagonist einen jahrelangen Gedächtnisverlust. Während dieser Zeit hat er eine Art Sekundärpersönlichkeit entwickelt und sich äußerst seltsam verhalten. Als seine wahre Persönlichkeit zurückkehrt, erinnert er sich an nichts aus den vergangenen Jahren, wird aber von grotesken Träumen heimgesucht. Schließlich kommt er auf die Spur einer uralten Spezies, die er die Große Rasse nennt, welche die Zeit beherrscht haben soll. Neben dem Grauen erwartet den Leser eine phantastische Reise in eine fremde, urzeitliche Welt, deren Bewohner Wissen aus allen Zeiten des Universums sammelten.

„Der Schatten über Innsmouth“ ist eine vergleichsweise klassische Horrorgeschichte, in die Lovecraft grauenhafte Anspielungen auf den Cthulhu-Mythos eingewoben hat. Der Kurzroman beginnt mit schrecklichen Erzählungen über die dem Verfall überlassene Stadt Innsmouth, in der nur wunderliche und merkwürdig aussehende Menschen leben und abartige Praktiken ausüben sollen. Noch bevor der Protagonist seiner Neugier erliegt und Innsmouth aufsucht, hat man sich ein furchtbares Bild gemacht. Dieses wird bestätigt, als der Erzähler nach Innsmouth reist und dort einem widerlichen Kult auf die Spur kommt. „Der Schatten über Innsmouth“ ist zurecht eine der bekanntesten Geschichten Lovecrafts und entfaltet einen erst subtilen, dann immer realeren Horror, der moderne Werke des Genres fast harmlos erscheinen lässt.

Besonders spannend lesen sich die Verbindungen zwischen den Geschichten: Das legendäre Necronomicon oder auch die unheilvolle Stadt Innsmouth – und natürlich das fiktive Arkham. Wer aufmerksam liest, wird zahlreiche Anspielungen auf andere Werke Lovecrafts entdecken und begreifen, dass der Cthulhu-Mythos nur als Ganzes zu verstehen ist. In den einzelnen Geschichten bleiben stets so viele Fragen zurück, dass man gar nichts anders kann, als weiterzulesen, um mehr über diese grotesken Wesenheiten und die verborgene Geschichte der Menschheit herauszufinden. Dass der zweite Band der „Chronik des Cthulhu-Mythos“ mit den beiden Kurzromanen beginnt, ist etwas unglücklich. Man sollte das Buch nach deren Lektüre erst einmal aus der Hand legen, denn im Glanz dieser großartigen Erzählungen wirkt das Nachfolgende blasser, als es eigentlich ist.

Auch „Träume im Hexenhaus“, „Das Ding auf der Schwelle“ und „Jäger der Finsternis“ wohnt diese unheimliche Faszination inne, die Lovecrafts Werke so besonders macht. Im Vergleich zu den drei hier ausführlicher besprochenen Texten sind sie jedoch nicht ganz so verstörend und wahnsinnig, wobei das subjektive Empfinden bei jedem anders ist. Es reicht an dieser Stelle zu sagen, dass alle Geschichten dieser Sammelausgabe große Literatur sind und Lovecraft neben klassischen Horrorelementen auch großartige Science Fiction bietet. Der Autor besaß eine unglaubliche Vorstellungskraft, die den Leser an seine Grenzen führt und manches Mal staunend zurücklässt.

Wie im ersten Band werden Lovecrafts Geschichten von Kommentaren seitens Marco Frenschkowskis begleitet, der den Leser stimmungsvoll auf die folgenden Ereignisse vorbereitet. Informationen aus der Entstehungsgeschichte des jeweiligen Textes und kleine Anekdoten über Brieffreundschaften Lovecrafts runden die Kommentare ab. Für Lovecraft-Neulinge ist dieser Band daher besonders zu empfehlen. Zudem gibt es diese stabile Sammelausgabe in Lederoptik zu einem günstigen Preis und so gibt es eigentlich keinen Grund, nicht in Lovecrafts unfassbaren Mythos einzutauchen.


Fazit

Der zweite Band der „Chronik des Cthulhu-Mythos“ wartet mit den beeindruckendsten Kurzromanen und Novellen zu Lovecrafts unvorstellbarem Mythos auf. Seine unerschütterliche Liebe zum Detail erfordert manches Mal Geduld, doch diese wird mit phantastischen und grauenvollen Bildern belohnt. Marco Frenschkowski gelingt es dabei auch dieses Mal, den Leser stimmungsvoll auf die Geschichten vorzubereiten und mit spannenden Informationen zu unterhalten.


Pro & Contra

+ klassische Horrorliteratur vom Feinsten
+ großartige SF in „Berge des Wahnsinns“ und „Der Schatten aus der Zeit“
+ geschickte Erzählweise in „Der Schatten über Innsmouth“
+ faszinierende und grauenhafte Ideen
+ intensive Beschreibungen, die unter die Haut gehen
+ starker Bezug zum Traumhaften
+ günstige und wunderbar gestaltete Ausgabe

o erfordert Geduld und Vorstellungskraft

Wertung:

Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Gestaltung: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5


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Tags: Novellen, Lovecraft, Kurzgeschichten