DEMI MONDE Welt außer Kontrolle – Die Mission (Rod Rees)

rees r-demi monde-welt auer kontrolle

Goldmann Verlag, 1. Auflage, Februar 2013
Taschenbuch, 605 Seiten,
ins Deutsche übertragen von Jean Paul Ziller
12,99 Euro [D] 13,40 Euro [A]
ISBN-13:978-3-442-47567-4

Genre: Thriller


Klappentext

»Demi Monde« ist die intelligenteste Computersimulation aller Zeiten. Entworfen wurde sie, damit Soldaten auf die alptraumhafte Realität der Kriegsführung vorbereitet werden können. Sie ist eine virtuelle Welt, die im ewigen Bürgerkrieg gefangen ist. Ihre 30 Millionen Einwohner werden von Duplikate der am meisten verhassten Diktatoren der Geschichte regiert. Aber irgendetwas ist fürchterlich schiefgegangen in der Demi Monde, die virtuelle Welt ist außer Kontrolle. Soldaten verschwinden darin und sind auch in der realen Welt nicht mehr aufzufinden. Wer in der Simulation stirbt, wird auch im wahren Leben sterben. Und dann verschwindet dort Norma, die Tochter des US-Präsidenten. Und die einzige, die man mit glaubhafter Tarnung in die virtuelle Welt einschleusen kann, ist Ella Thomas, eine 18-jährige Jazzsängerin. Sie soll Norma retten. Aber kurz nachdem Ella die Demi Monde betreten hat, merkt sie, dass nichts so ist, wie es schein, und dass die Cyber-Wände nur noch mit äußerster Mühe das Grauen davon abhalten können, nach außen zu dringen. Die reale Welt scheint in größerer Gefahr, als irgendjemand es je vermutet hätte …


Der Autor

Rod Rees hat in seinem Leben schon viele verschiedene Kulturen kennengelernt. Er ist durch Afrika, den Mittleren Osten, Bangladesch und Russland gereist und hat längere Zeit in Qatar, Teheran und Moskau verbracht. In Dhaka hat er eine pharmazeutische Fabrik aufgebaut, in Moskau ein Satelliten-Kommunikationsnetz errichtet und in Großbritannien ein Hotel designt. Inzwischen konzentriert er sich ausschließlich aufs Schreiben und lebt mit seiner Frau Nelli und ihren zwei gemeinsamen Kindern in der Nähe von Derby, England.


Rezension

Computersimulationen für die Armee sind sicherlich nicht ungewöhnlich und durchaus praktisch, nicht nur für die Soldaten, sondern auch zum Probieren neuer Strategien oder auch Waffen. Aber was, wenn eine solche Simulation außer Kontrolle gerät? Die Künstliche Intelligenz wahres Denkvermögen entwickelt? Mit dieser Frage beschäftigt sich Rod Rees in seiner neuen Reihe.

Die Demi Monde ist nicht irgendeine Simulation. Sie ist ein komplexes Gebilde, bestehend aus unterschiedlichen Städten wie Berlin, Paris und Warschau und bevölkert von Millionen Dupes, Duplikate lebender Personen. Zusätzlich zu der regulären Bevölkerung gibt es in ihr aber auch Kopien der größten Despoten der Menschheit wie Robespierre oder Iwan der Schreckliche. Eine dieser so genannten Singularitäten ist Reinhard Heydrich, ehemaliger SS-Oberbefehlshaber und Führer der deutschen Abteilung. Wie in der realen Geschichte trachtet Heydrich auch in der virtuellen Welt nach absoluter Kontrolle und damit einhergehend der Vorherrschaft der arischen Rasse.
In diese dreckige, überfüllte und brutale Welt wird nun Ella Thomas geschickt. Für fünf Millionen Dollar soll die dunkelhäutige 18-jährige die in der Demi Monde verschollene Tochter des Präsidenten ausfindig machen. Keine einfache Aufgabe, denn neben ihrer Hautfarbe und ihrem Geschlecht hat Ella einen großen Nachteil: sie blutet. Blut gilt in der Demi Monde nicht nur als Zahlungs – und Nahrungsmittel, nein, es ist das Merkmal, an dem in der virtuellen Welt Dämonen erkannt werden.
Mit der Hilfe des Aufschneiders Vanka macht sich Ella dennoch daran, ihre Aufgabe zu erfüllen, muss allerdings schnell erkennen, dass die Demi Monde nicht nur gefährlicher ist als gedacht, sondern die Grenzen zwischen den Welten nicht so fest sind, wie sie scheinen. Und nicht jeder spielt mit offenen Karten, so dass sich eine verstrickte Geschichte entspinnt.

Die Idee hinter Demi Monde ist dabei ungemein reizvoll. Man pferche Millionen von Menschen unterschiedlichster Herkunft und Kultur auf engstem Raum, gibt eine Handvoll Tyrannen dazu und sieht, wohin sich das ganze entwickelt. Gut, das Ganze ist nur eine Simulation, aber für die Bewohner dieser Welt und später auch Ella eal. Allerdings hat es Rees etwas übertrieben, in seinem Wunsch, die virtuelle Welt auch für den Leser real und vielschichtig zu gestalten. Es sind einfach zu viele neue Begriffe auf engstem Raum, zu viele Kulturen, die ebenfalls ihre eigenen Glaubensrichtungen und Weltanschauungen haben. Zwar versucht Rees den Zugang zu erleichtern, indem er neben einem Glossar vor jedes Kapitel einen erklärenden Lexikoneintrag gestellt hat. Die Komplexität mindert jedoch den Lesespaß, denn wer wirklich immer im Bilde sein will, muss viel blättern.

Zudem bleiben auch einige Dinge ungeklärt, zum Beispiel, warum reale Menschen in der Demi Monde bluten und sich somit verraten, obwohl ein Programm generell veränderbar ist. Auch bleibt ungeklärt, wie die Tochter des Präsidenten in die Demi Monde gelangen konnte, immerhin eine virtuelle Welt, ohne in irgendeiner Form an diese angeschlossen worden zu sein. Insgesamt strapaziert Rees die Vorstellungskraft seiner Leser im Übermaß, was für den ein oder anderen sicherlich ein Grund wäre, nicht in die Geschichte einsteigen zu können.
Dabei bieten Handlung und Charaktere so viel Potenzial. Ella Thomas erscheint zwar etwas zu reif für ihr Alter, ihre Kämpfe in der Demi Monde wissen aber zu fesseln. Ebenfalls Vanka und die anderen Charaktere sind durchdacht und überzeugend, sei es nun Heydrich in seinem Wahnsinn oder die warschauer Widerstandskämpfer in ihrem Kampf gegen die deutsche Übermacht.

Nach einer kurzen Einführung in die Demi Monde an der Seite Ellas entfaltet sich die Geschichte in spannenden Kapiteln, die wenig Längen aufweisen. Rees beweist hier ein Gespür für das richtige Maß an Zwischenmenschlichkeit und Handlung. Der Lesefluss mündet allerdings in ein Ende, das so in seiner Offenheit nicht nur unbefriedigend, sondern fast schon unverschämt ist. Nahezu alle Handlungsstränge bleiben in der Luft hängen, die Charaktere ohne wirklichen Abschluss. Als hätte Rees Angst gehabt, ihm würden nach dem ersten Band die Leser wegrennen. Schade.


Fazit

DEMI MONDE Welt außer Kontrolle – Die Mission ist ein Buch, das sich, wie der Titel, nicht kurz fassen lässt. Rod Rees Geschichte über eine virtuelle Simulation, deren Bewohner leben und ihre Fühler nach der realen Welt ausstrecken, ist zugleich bedrohlich und faszinierend, bietet allerdings auch Logiklücken, überfordert durch zu viele Informationen und lässt den Leser durch ein zu offenes Ende unbefriedigt zurück. Ella Thomas versuch, die Tochter des Präsidenten aus der Simulation zu befreien, artet immer mehr in eine Mission aus, die Welt zu retten. Äußerst spannend, aber mit kleineren Macken.


Pro/Contra

+ interessante „paralelle“ Welt
+ Bewohner der Demi Monde

o viele offenen Frage

- Ende zu offen
- Entwicklung von Trixie ist zu drastisch

Bewertung: sterne4.5

Charaktere: 5/5
Handlung: 4,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4,5/5

DEMI MONDE Welt außer Kontrolle - Der Widerstand