Seelenriss (Hanna Winter)

seelenriss

Verlag Ullstein, Februar 2013
TB, 313 Seiten, € 8,99
ISBN 978-3548283678

Genre: Thriller


Klappentext

Lena Peters ist eine brillante Kriminalistin. Sie ist klug. Und sie ist verletzlich. Ihre dunkle Vergangenheit hat ihre Instinkte geschärft. Sie kennt das Böse. Sie hat gelernt, um ihr Leben zu kämpfen, selbst dann, wenn ihr niemand mehr glaubt. In Berlin hat sie endlich das Gefühl, angekommen zu sein. Dank ihres Partners, dem altgedienten Kommissar Wulf Belling, und ihrem Nachbarn Lukas, der inzwischen mehr als nur ein Freund ist.

Eine mysteriöse Selbstmordserie gibt Lena Peters und Wulf Belling Rätsel auf. Mehrere Menschen haben unabhängig voneinander auf die gleiche grausame Weise Suizid begangen: Ihre Gesichter sind durch Säure entstellt. Zwischen den Opfern scheint es keinerlei Verbindung zu geben, bis auf die Tatsache, das sei vor ihrem Ableben alle die gleiche Morddrohung erhalten haben. Sind sie in den Tod getrieben worden? Wer steckt hinter der makabren Drohung, und welche Rolle spielt dabei ausgerechnet Lena, die die gleiche Nachricht erhalten hat? Lena glaubt bald nicht mehr an die Selbstmord Theorie. Eine Spur führt sie zu dem renommierten Psychiater Professor Simon Wallau. Lena beschleicht der Verdacht, dass dieser ihr etwas verschweigt. Und sie wird das Gefühl nicht los, verfolgt zu werden.


Die Autorin

Hanna Winter wurde in Frankfurt am Main geboren und arbeitete nach dem Publizistik Studium als Redakteurin. Heute lebt sie als freie Autorin in Berlin. Opfertod ist mittlerweile ihr dritter Thriller.


Rezension

Leider kommt man dieses Mal aus dem Kopfschütteln kaum heraus, Hanna Winter schafft es, sich nach ihrem Erstling Opfertod, sich noch einmal zu verschlechtern. Viel Raum lässt sie den psychischen Problemen ihrer Ermittler, damit nicht genug, kommt jetzt auch noch eine Krankheit hinzu. Alles ein bisschen dick aufgetragen, bald trägt Lena das Los der Welt allein auf ihren Schultern. Natürlich ist sie wieder mal die Einzige, die den Fall lösen kann, ohne jede Vorsicht rast sie wieder einmal sehenden Auges in die Gefahr. Dies nicht nur einmal, man sollte meinen, bei ihrer Intelligenz sei sie irgendwann mal lernfähig, ihre Handlungen lassen sie aber immer mehr wie eine Anfängerin aussehen. Dazu ihr psychisches Trauma, welches sie immer unverhofft überfällt und ihr Denken behindert. Ihrem Partner Wulf ergeht es auch nicht viel besser, ist er doch mit einer pubertierenden Göre geschlagen, die ihm auf der Nase herumtanzt und sich gegen jede Vernunft benimmt. Schuldgefühle sind schon etwas Feines, wenn man weiß, wie man sie gegen jemand einsetzen kann, hoffentlich hält die Autorin dies nicht für ein normales Verhalten Jugendlicher. Denn das ist es ganz bestimmt nicht, für tiefer gehende Erklärungen ist sowieso kein Platz, was Marietta, die Tochter, nicht unbedingt sympathischer macht.

Überhaupt bleiben die Charaktere sehr blass, Hintergrundinformationen gibt es nur sehr spärlich. Da trifft Lena doch ihren ehemaligen Freund wieder, der sich in Berlin als Kinderpsychologe niedergelassen hat. Viel mehr erfährt man über ihre Beziehung dann aber auch nicht mehr, wobei der Leser mit Sicherheit ein Interesse an den Gründen hätte, woran ihre Beziehung einst gescheitert ist. Hanna Winter verpasst hier glorreich jede Chance, außer bei Lena und Wulf, Einblicke in die Seelen ihrer Nebencharaktere zu gewähren. Erfuhr man noch im ersten Band Näheres von Volker Drescher, ihrem Chef, so verläuft diesmal sein Leben auch im Sande des Randstreifens, selbst seine Beziehung, die noch im ersten Teil eine große Rolle spielte, wird noch nicht einmal erwähnt. Es fehlen einfach zu viele Details, die sehr gut in die Geschichte passen würden damit sie nicht zu einer reinen Verfolgungsjagd verkommt. Logikfehler inklusive, Lena Superfrau übersteht einen Sturz mit der Vespa ohne nachhaltige Blessuren und Zeit für eine Dusche oder Zähneputzen gesteht die Autorin ihr nach einer Liebesnacht auch nicht zu. Im Gegenteil, sie lässt sie sogar ungeduscht ihren Exfreund aufsuchen um die Ermittlungen weiter voran zu treiben.

Wäre da nicht dieser magische Schreibstil der Autorin, man würde vermutlich das Buch vor der Auflösung aus der Hand legen. Aber so ist man wieder blitzschnell in der Geschichte und wundert sich über die bereits gelesenen Seiten, die nur so dahin fliegen. Das Motiv des Täters ist höchst interessant, da kann sich wirklich jeder an die eigene Nase packen und überlegen, wie er reagieren würde. Wahrscheinlich nicht so drastisch, Verständnis erringt das Motiv aber trotzdem. Trotzdem fehlt einfach viel zu viel, von der fehlenden Ermittlungsarbeit angefangen, an der man nur einfach nicht teilhaben darf bis hin zu den Charakterhüllen, die einfach nur agieren, aber nicht mit Vielfältigkeit gespeist werden. Dafür erleiden Wulf und Lena schon wieder zu viel, sie müssen nicht zwingend schwer gebeutelt werden, nur um gut in ihrem Job zu sein. Eher im Gegenteil, das macht sie nur unglaubwürdiger, man wartet förmlich auf Fehler, die aus Nachlässigkeit entstehen.


Fazit

Hanna Winter kann zwar fesselnd schreiben, dafür vermag sie aber nicht, ihre Charaktere mit Leben zu füllen. Oberflächlich ritzt Seelenriss an einem Täter, dessen Motiv jedem zum Nachdenken anregen sollte, was aber keineswegs sein Handeln entschuldigt. Was den anderen Charakteren fehlt, bekommen Lena und Wulf im Überfluss, aber psychisch schwer geschädigte Ermittler sind keine Garantie für gute Unterhaltung – eher im Gegenteil.


Pro und Contra

+ überraschende neue Wendungen
+ kurzer, knapper, fesselnder Erzählstil ohne überflüssige Dramatik
+ interessante Charaktere
+ spannende Morde, die nach Aufklärung dürsten

- zuviel Psychokram der Hauptermittler
- Details fehlen
- Nebencharakteren fehlt der Charakter
- unlogische und dämliche Handlungen
- unnötige Alleingänge der Protagonisten

Wertung  sterne3

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3/5