SV-Special: Teil III (Barbara Büchner und Ascan von Bargen)

Schattenversuchungen-Special: Teil III

Barbara Büchner

Literatopia: Wie bist Du dazu gekommen, eine Geschichte zur Anthologie beizusteuern?

Barbara Büchner: Weil das Thema der Anthologie interessant war.

Literatopia: Und warst Du schon des Öfteren in düster-erotischen Gefilden unterwegs oder war das Dein erster Ausflug?

Barbara Büchner: Nein, das Thema hat mich literarisch schon sehr oft beschäftigt.

Literatopia: Woher stammt die Idee zu Deinen „Schattenversuchungen“-Geschichten? Hast Du eine komplett neue geschrieben oder vielleicht eine ältere Geschichte umgearbeitet, die für diese Anthologie beinahe wie geschaffen war?

Barbara Büchner: Die Geschichten gab es schon und sie passten in die Anthologie wie die Hand in den Handschuh, möchte ich meinen.

Literatopia: In der Buchbeschreibung heißt es: „Folgen Sie uns auf die düster-phantastischen Pfade der Lust, des Schmerzes und der Erfüllung.“ Trifft das auch auf Deine Geschichte zu? Und was ist für Dich persönlich eine „Schattenversuchung“?

Barbara Büchner: Sadomasochismus – wobei das aber gar nicht mehr so eine schattenhafte Versuchung ist, da ich das ja viele Jahre lang sehr bewusst und reflektiert gelebt habe.

Literatopia: Wie gefallen Dir die Bilder in „Schattenversuchungen“? Empfindest Du sie als passend zu den Geschichten? Die Aufmachung an für sich ist ja sehr edel und künstlerisch – trifft das Deinen Geschmack? Hältst Du diese Umsetzung in den „Schattenversuchungen“ für gelungen?

Barbara Büchner: Ja, sehr. Ich war schon von den ersten Entwürfen sehr angetan.

Literatopia: Hast Du die Geschichten der anderen Autoren alle gelesen? Erotik ist ein weites Feld – wie gefällt dir das Gesamtkonzept der Anthologie? Warum sollte man sich Deiner Meinung nach das Buch kaufen?

Barbara Büchner: Weil´s geil ist *gggg* Nein, im Ernst, ich denke, da besteht eine interessante Marktlücke zwischen der simplen Gruselgeschichte und sogenannter dunker Erotik, die eigentlich nichts als billiger Porno ist. Erotik ist ja m.E. literarisch nicht ganz leicht zu bearbeiten und randständige Erotik schon gar nicht.


Ascan von Bargen

Literatopia: Wie bist Du dazu gekommen, eine Geschichte zur Anthologie beizusteuern? Und warst Du schon des Öfteren in düster-erotischen Gefilden unterwegs oder war das Dein erster Ausflug?

Ascan von Bargen: Alisha Bionda, die Herausgeberin der „Schattenversuchungen“ und selbst Autorin einer der düster-erotischen Geschichten, schrieb mich eines schönen Tages an, um mich zu fragen, ob ich mir vorstellen könnte, eine Kurzgeschichte für diese geplante Anthologie beizusteuern. Ich fand das Konzept der „Schattenversuchungen“ sehr ansprechend und fühlte mich auch sehr geehrt, eine solche Anfrage von Alisha zu erhalten. Daher fiel es mir sehr leicht, diese Entscheidung rasch zu treffen, wie man sich vorstellen kann.

Was die zweite Frage angeht, muss ich sagen: „Sowohl, als auch.“ Denn einerseits ist mir dieses „Genre“ wirklich nicht fremd. (Die Leser meiner Romane „Lilienblut“ und „Die Legenden des Abendsterns“ werden mit geröteten Wangen bezeugen, dass sich auch darin hier und da düster-erotische Sequenzen finden lassen.) Aber eine ganze Geschichte, die sich rund um „düstere Erotik“ dreht, zu verfassen – das war in dieser Ausprägung tatsächlich neu für mich. Da ich aber gerade für die erotischen Szenen meiner Romane von (fast) allen Lesern, (und vor allem von den Leserinnen!), ein phantastisches Feedback erhalten habe, habe ich mich mit einem guten Gefühl an dieses Abenteuer herangewagt. Und ich betrachte es als große Ehre, dass meine Geschichte direkt den berauschenden Reigen der „Schattenversuchungen“ eröffnet, um den Leser in die erotischen Welten zu locken, die darin auf ihn warten.

Literatopia: Woher stammt die Idee zu Deiner „Schattenversuchungen“-Geschichte? Hast Du eine komplett neue geschrieben oder vielleicht eine ältere Geschichte umgearbeitet, die für diese Anthologie beinahe wie geschaffen war?

Ascan von Bargen: Ein Illusionist verrät ja auch nicht seine „Tricks“, nicht wahr? – Aber wer höflich fragt, dem soll auch höflich geantwortet werden: Wie die meisten Autoren, habe auch ich einen Wust aus Fragmenten „in der Schublade“. Angefangene Romane, einzelne Szenen, die ich für andere Projekte entworfen hatte, aber aus dramaturgischen Gründen, etc., gestrichen habe – usw. usf.

Für meine Geschichte „Die 13te Fee – aus dem Tagebuch der Laure de Séligny“ hatte ich an einem stürmischen Wintertag diese tolle Idee: „Was wäre wenn... bei einem solchen Unwetter eine Reisekutsche im 18. Jahrhundert verunglückte, die Insassen Zuflucht in einer alten Ruine suchen müssten – nur, um dann festzustellen, dass sie alle das Gemäuer von Kindesbeinen an besser kennen, als sie je geglaubt hätten?“

Ursprünglich war „Die 13te Fee“ als reine Gothic - Horrorstory gedacht, aber schon beim Lesen der ersten fragmentarischen Seiten war da bereits ein gewisses Knistern, eine unterschwellige erotische Spannung zu spüren, ohne dass sich darin jedoch Beschreibungen dieser Art befunden hatten. Da wurde mir klar, dass diese Story geradezu prädestiniert dazu war, sich in diese Richtung zu entwickeln. Es war der nächste logische Entwicklungsschritt. Und zudem passte sie perfekt in das Konzept der „Schattenversuchungen“. 

Literatopia: In der Buchbeschreibung heißt es: „Folgen Sie uns auf die düster-phantastischen Pfade der Lust, des Schmerzes und der Erfüllung.“ Trifft das auch auf Deine Geschichte zu? Und was ist für Dich persönlich eine „Schattenversuchung“?

Ascan von Bargen: In Bezug auf meine Geschichte müsste es vermutlich eher heißen: „Pfade der Lust, der Erfüllung und des Schmerzes“ – aber grundsätzlich kann ich das voll unterstreichen, natürlich. Lust und Schmerz, Liebe und Tod, Verlangen und Erfüllung, Macht und Unterwerfung, Verführung und Widerstand – das alles sind natürlich die jeweiligen starken Polaritäten zwischen denen die Geschehnisse der „13ten Fee“ sozusagen oszillieren, wie funkensprühender Starkstrom.

Für mich persönlich sind „Schattenversuchungen“ so etwas wie eine gewaltige Antriebskraft. Eine Art von Dynamo, der innerlich (im „Schatten“, wenn man so will) derart stark mit einem bestimmten Verlangen (die Versuchung) aufgeladen wird, bis die Energie in einem so gewaltig wird, dass sie einen schließlich befähigt, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, um das ersehnte Ziel zu erreichen.

Ohne Zweifel gibt es dabei Parallelen zum Bereich der Sexualkraft, schließlich ist sexuelle Erregung die stärkste (natürliche und körpereigene) Stimulanz für Körper und Geist, ohne die, (gerade im Bereich der Kunst), kein einziges Meisterwerk von Bedeutung denkbar wäre. Um einige Beispiele zu nennen, ich denke z.B. an solch glühende Meister wie Leonardo da Vinci, Picasso, Dalì, Georg Friedrich Händel, Johann Sebastian Bach, Antonio Vivaldi, Jean-Baptiste Lully oder auch William Shakespeare bzw. Christopher Marlowe, wenn ich so etwas sage.
Alles Menschen mit einem überdurchschnittlichen Verlangen, von deren Werken noch heute die pure Sexualkraft und der erotische Magnetismus ihrer Schöpfer ausgeht – deren sexuelle Leidenschaften zu ihren Lebzeiten teilweise sogar unter Androhung der Todesstrafe verboten waren.

Potenz und Potenzial sind sicher enger miteinander verwandt, als man vielleicht glauben mag. (Wer mehr darüber herausfinden möchte, sollte sich vielleicht auch einmal der ekstatischen Heiligenverehrung der Mystiker, mit dem Liebesleben der  Römischen Caesaren oder auch der Pharaonen beschäftigen. – Dazu fällt mir gerade ein kleiner Witz ein:  Altes Ägypten. Klein-Ramses fragt beim Hieroglyphen-Diktat den Lehrer: „Schreibt man `Pharao, unser mächtiger und potenter Herrscher´ eigentlich mit zwei oder mit drei Hoden?“) 

Aber ernsthaft - es geht nicht nur darum, diese Kraft im rein körperlichen Akt zu erschöpfen, um dann vielleicht als zweit(klassig)er Casanova gefeiert zu werden. Denn dann wäre jeder X-beliebige Pornodarsteller oder jeder Mensch mit homosexuellen Neigungen ja schon automatisch ein Genie, was nachweislich nicht der Fall ist. – Die Form von „Schattenversuchung“, von der ich hier rede, muss in andere Kanäle geleitet werden. Man bekommt dann buchstäblich „Lust“ darauf, sich an die Arbeit zu begeben und solange wie ein Besessener mit „Leidenschaft“ (Passion) daran zu arbeiten, bis das Werk vollbracht ist.

Die „Schattenversuchung“ ist für mich der Beginn des geheimen, innerlich aufwallenden Schöpfungsakts, an dessen Ende nach neun Monaten vielleicht ein Kind, vielleicht aber auch eine Symphonie oder ein Roman das Licht der Welt erblickt. - In jedem Fall steigt etwas in einem auf, explodiert dann, begleitet von einem unbeschreiblichen Hochgefühl, und lässt einen dann ziemlich, wenn auch angenehm, erschöpft zurück.

Literatopia: Wie gefallen Dir die Bilder in „Schattenversuchungen“? Empfindest Du sie als passend zu den Geschichten? Die Aufmachung an für sich ist ja sehr edel und künstlerisch – trifft das Deinen Geschmack? Hältst Du diese Umsetzung in den „Schattenversuchungen“ für gelungen?

Ascan von Bargen: Die Bilder gefallen mir ausgesprochen gut! Ein großes Lob an den Künstler! Ich finde, dass sie die Atmosphäre bzw. die Grundstimmung der jeweiligen Geschichten exzellent einfangen und wiedergeben. Das Bild zur „13ten Fee“, beispielsweise, hat mich sofort begeistert.
In diesem Fall kann ich wirklich voller Überzeugung zugeben, dass ich die Balance zwischen Grafiken und Storys als sehr geschmackvoll und ausgewogen empfinde. Das ist letztendlich vermutlich auch wortwörtlich ein Balanceakt, denn man kann unmöglich mit jedem Bild oder jeder Geschichte den Geschmack aller Leser treffen. Aber ich bin sicher: Für jeden Leser / jede Leserin ist in den „Schattenversuchungen“ etwas dabei, das ihnen sehr zusagen wird!

Literatopia: Hast Du die Geschichten der anderen Autoren alle gelesen? Erotik ist ein weites Feld – wie gefällt dir das Gesamtkonzept der Anthologie? Warum sollte man sich Deiner Meinung nach das Buch kaufen?

Ascan von Bargen: Selbstverständlich habe ich auch die Geschichten der anderen Autoren und Autorinnen gelesen, das ist für mich nicht nur eine Frage der Neugier, sondern in so einem Fall sogar eine Ehrensache.

Ich finde das Gesamtkonzept sehr gelungen und hervorragend umgesetzt, sowohl inhaltlich als auch gestalterisch, also zum einen natürlich die vielseitigen und fesselnden Geschichten, zum anderen aber auch die Papierqualität, der Satz, das Format usw. Ein solches Buch in Händen zu halten, darin zu blättern und zu lesen ist ein tolles, sinnliches Erlebnis.

Meiner Meinung nach deckt das Konzept tatsächlich eine außerordentliche Bandbreite der Erotik ab, von zart bis hart: Auf der einen Seite finden sich eher sanftere und sehr ansprechende Sequenzen darin, die mit dem erotischen Prickeln, dem Geheimnis, dem erotischen Unbekannten spielen und langsam aber sicher eine hitzige Atmosphäre erschaffen; andererseits finden sich aber auch deutlichere Szenen darin, die zwar kunstvoll aber unmissverständlich zwischen die Schenkel zielen.
 
Natürlich ist es unmöglich das gesamte Feld erotischer Phantasien und Möglichkeiten in einem einzigen Buch zu behandeln, aber eine ganze Menge davon - von eher heftigeren S/M-Behandlungen und Spanking, über Soft, Sinnlichkeit, Verführung, Unterwerfung, Eroberung, erotischem Spielzeug, Bondage und noch vieles mehr - ist in diesem ersten Band der Reihe bereits vertreten.

Warum man sich meiner Meinung nach das Buch kaufen sollte?
„Schattenversuchungen“ ist ein wahres Fest für die Sinne! Es übertrifft die Erwartungen des Lesers bei weitem und macht gleichzeitig hungrig nach mehr. Für mich ist das die perfekte Mixtur, aus der ein wirklich gutes Buch bestehen sollte – es unterhält den Leser, aber es berührt auch etwas in ihm.  - -  Und außerdem wollt ihr doch unbedingt wissen, welche verbotenen, erotischen Sensationen Laure de Séligny in ihrem geheimen Tagebuch für euch niedergeschrieben hat, nicht wahr?


Schattenversuchungen-Special: Teil I (Christoph Marzi und Tanya Carpenter)

Schattenversuchungen-Special: Teil II (Aino Laos und Linda Koeberl)

Schattenversuchungen-Special: Teil IV (Michael Schmidt und Hermann Agis)

Schattenversuchungen-Special: Teil V (Jennifer Schreiner und Arthur Gordon Wolf)

Schattenversuchungen-Special: Teil VI (Guido Krain und Klaus-Peter Walter)

Schattenversuchungen-Special: Teil VII (Reimund Neufeld und Karl-Georg Müller)

Schattenversuchungen-Special: Teil VIII (Alisha Bionda (Hrsg.))

Schattenversuchungen-Special: Teil IX (Crossvalley Smith)

Bild: Copyright by Crossvalley Smith

Rezension zu "Schattenversuchungen"

Buchvorstellung

ausführliches Interview mit Ascan von Bargen (Februar 2009)


Diese Interviews wurden von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.