Assassino (Gerd Ruebenstrunk)

Bloomoon (März 2013)
Hardcover, 384 Seiten, 16,99 EUR
ISBN: 978-3-7607-8681-0

Genre: Abenteuer / Jugendbuch / Phantastik


Klappentext

Die wenigen Lampen in der dunklen Gasse spendeten nur ein spärliches Licht. Einen Augenblick lang hoffte Kati, die Männer würden weitergehen. Doch sie blieben genau vor ihr stehen.

Katis Augen flogen hektisch die Treppe auf und ab. Vielleicht konnte sie die Stufen hinauflaufen? „Versuch es erst gar nicht. Du kommst uns nicht davon.“ Eine Hand schoss nach vorn und drückte sie gegen die Hauswand.

In dem Augenblick tauchte der Junge auf.


Rezension

Im Auftrag ihres Vaters sucht Kati nach einem wertvollen Artefakt: der Fibelscheibe des Tages. Ihr guter Freund Chris unterstützt sie bei der Suche und die beiden verschlägt es zunächst nach Kroatien, wo sie den Spuren des früheren Besitzers folgen. Kati fühlt sich beobachtet, führt dies aber auf ihre Anspannung zurück. Als sie in einer dunklen Gasse
tatsächlich angegriffen wird, kommt ihr ein junger Mann zur Hilfe, der sie in einem alten persischen Dialekt anspricht. Noch ehe Kati sich wirklich bedanken kann, ist der Junge – Ilyas -  verschwunden – und kurz darauf muss sie ihn aus dem Gefängnis holen. Ilyas hat sein Gedächtnis verloren und wirkt seltsam altmodisch, also beschließt Kati, ihn erst einmal bei sich aufzunehmen. Auf der Suche nach der Fibelscheibe, die immer gefährlicher wird, erweist sich Ilyas als kampferprobter Beschützer – doch wer ist dieser junge Mann?

„Assassino“ lässt sich schwer einem Genre zuordnen – es handelt sich um einen jugendlichen Abenteuerroman, gespickt mit phantastischen Elementen und einem actionreichen Plot. Während sich „Rebellen der Ewigkeit“ der Zukunft zuwandte, spielt in „Assassino“ die Vergangenheit eine große Rolle. Denn schnell hegt man den Verdacht, dass Ilyas aus einer anderen Zeit stammt, doch wann er einmal gelebt hat und wie er in Katis Gegenwart gelangt ist, bleibt lange ein Geheimnis. Der Titel des Romans gibt allerdings Aufschluss über Ilyas Identität – insofern ist er etwas unglücklich, wenn auch stimmungsvoll, gewählt. Trotzdem bleiben noch genug spannende Fragen, sodass keine Langeweile aufkommt. Der Einstieg gestaltet sich allerdings etwas langatmig. Die Atmosphäre Kroatiens willnicht richtig überspringen, die Ereignisse wirken konfus und als Leser weiß man nicht recht, wo das alles hinführen soll. Als es die Protagonisten nach Istanbul verschlägt, ändert sich die Stimmung des Romans schlagartig: die orientalische Atmosphäre ist sofort greifbar und intensiv - und plötzlich kann man das Buch nur noch schwer der Hand legen.

Kati ist eine starke junge Frau, die sich voller Begeisterung der Suche nach alten Artefakten widmet. Doch genauso wie ihr Kumpel Chris denkt sie rational und glaubt an wissenschaftliche Erklärungen. Ilyas ändert das jedoch. Kaum hat sie ihn getroffen, handelt sie mehr nach ihrem Gefühl und zieht sogar übernatürliche Erklärungen in Erwägung. Chris ist währenddessen wahnsinnig eifersüchtig aufIlyas, zu dem sich Kati offensichtlich hingezogen fühlt. Doch der junge Mann wirkt stets in sich gekehrt und unnahbar. Mit der Gegenwart kommt er jedoch erstaunlich gut zurecht. Zwar versetzen ihn Autos, Flugzeuge und Handys regelmäßig ins Staunen, doch wenn Kati ihm etwas erklärt, nimmt er es mit einer eigenartigen Ruhe hin. Dabei geht er mit seinen verlorenen Erinnerungen recht pragmatisch um und macht sich nicht verrückt. Gerd Ruebenstrunk schildert seine Reaktionen glaubwürdig, doch ab und an wirken insbesondere die Nebencharaktere etwas stereotyp. Der Autor umgeht viele Probleme, da Katis Vater reich ist und Geld ihnen viele Wege öffnet. Hinzu kommen diverse hilfreiche Zufallsbekanntschaften – da rutscht der Autor leider etwas in Klischees ab.

In „Assassino“ gibt es gleich zwei Hintergrundgeschichten, die sich nach und nach ineinander verflechten. Zum einen wäre da Katis Vater, der nach der Fibelscheibe suchen lässt, damit sie ein alter Freund und Konkurrent nicht in die Finger bekommt. Eben dieser Streit macht die Suche für Kati so gefährlich, denn ihr Gegner schreckt  vor brutalen Mitteln nicht zurück. Zum anderen stellt sich die Frage nach Ilyas‘ Vergangenheit, in die man nach und nach Einblick erhält. Gerd Ruebenstrunk wechselt dabei mitten im Roman die Perspektive und erzählt Ilyas‘ Geschichte aus dessen Sicht, was sich toll liest. Ansonsten sind die einzelnen Kapitel abwechselnd aus Sicht eines Protagonisten geschrieben, wobei die Perspektive manchmal aufgebrochen wird. Auch gibt es inhaltlich ein paar Patzer, die negativ auffallen – beispielsweise machen die Charaktere offensichtliche Fehler, die man nicht nachvollziehen kann. Insgesamt ist „Assassino“ jedoch flüssig und stimmungsvoll geschrieben. Sehr schön lesen sich auch historische Details und verschiedene Legenden. 

Das Cover wartet mit metallisch glänzenden Goldtönen auf und auf dem Hardcover selbst sind ebenfalls die Ornamente aufgedruckt. Allerdings darf man keinen romantischen Jugendroman erwarten, auch wenn die Gefühle zwischen Kati und Ilyas eine gewisse Rolle spielen. Im Vordergrund stehen jedoch das Abenteuer und die mysteriöse Vergangenheit von Ilyas. Das Ende ist dabei offen und schreit geradezu nach einer Fortsetzung. Leider erkennt man nicht, ob es sich tatsächlich um einen ersten Band handelt oder einen Einzelroman – in letzterem Fall wäre das Ende äußerst unbefriedigend.


Fazit

„Assassino“ fängt relativ schwach und konfus an, wandelt sich nach hundert Seiten jedoch zu einem rasanten Abenteuer, das mit seiner orientalischen Atmosphäre glänzt.  Kati und Ilyas sind echte Sympathieträger, die allerdings beide nicht recht mit ihren Gefühlen umgehen können. Der Fokus liegt ohnehin auf der gefährlichen Suche nach einem mystischen Artefakt. Ein spannender Jugendroman, der sich flott und actionreich liest.


Pro & Contra

+ Kati ist eine starke und sympathische junge Frau
+ Ilyas‘ mysteriöse Vergangenheit
+ orientalische Atmosphäre
+ bis zu Schluss spannend
+ schöne Gestaltung des Hardcovers

o offenes Ende

- schwacher Anfang
- teils klischeebeladen

Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5

Tags: Assassinen