Dylan & Gray (Katie Kacvinsky)

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Boje-Verlag, 1. Auflage September 2012
Originaltitel: First Comes Love
Aus dem Amerikanischen von Ulrike Nolte
Hardcover, 240 Seiten
12,99 € (D) | 13,40 € (A) | 18,90 sFr
ISBN: 978-3-414-82079-2
Leseprobe

Genre: Jugend-Belletristik


Über das Buch:

Gray ist ein cooler Typ. Er läuft nur mit seinem iPod rum und interessiert sich nicht sonderlich für das, was um ihn herum passiert. Dylan ist das pure Gegenteil: Sie sprüht vor Energie, steckt voller Ideen und will aus jedem Tag etwas Besonderes machen. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein – und doch bemerken sie einander, lernen sich kennen, freunden sich an und verlieben sich schließlich ineinander. Doch irgendwann ist der Sommer zu Ende und den beiden ist klar, dass sich ihre trennen werden. Zeit zu erkennen, wie leicht es ist, sich zu verlieben – und wie viel schwerer es sein kann, sich wiederzufinden, wenn man sich einmal verloren hat.


Rezension:

Die meisten Menschen vergeuden ihr ganzes Leben mit Sorgen. Weil sie sich selbst viel zu wichtig nehmen, versuchen sie, gegen den Lauf der Dinge anzukämpfen: gegen die Zeit und das Altern, die Schwerkraft, den Tod. Sie sind so krampfhaft damit beschäftigt, alles zu planen und zu kontrollieren, dass sie vor lauter Stress vergessen zu leben. Ich bin entschlossen, nie einer von ihnen zu werden. Meine zeit werde ich nicht verschwenden. Schließlich sind wir nur kurzzeitige Besucher und in dieser Landschaft aus Giganten haben wir nicht mehr Bedeutung als ein Sandkorn. Also können wir genauso gut die Reise und die Aussicht genießen und aufhören, uns Gedanken zu machen.
(Dylan, Seite 131)


Gray ist ein erfolgreicher Baseballspieler mit der Chance auf ein Sportstipendium, der sich jedoch nach einem schweren Schicksalsschlag immer mehr in sich zurück zieht und niemanden an sich heran lässt. Dylan ist ein quirliges, aufgewecktes Mädchen, das über die Sommerferien bei ihrer Tante ist und an einem Fotokurz in Phoenix teilnimmt. Seit einiger Zeit beobachten sich die beiden gegenseitig, kommen jedoch nicht ins Gespräch, bis Dylan eines Tages die Initiative ergreift. Anfangs widerstrebend öffnet sich Gray diesem so gar nicht in seine Zielgruppe fallenden Mädchen, sie freunden sich an und lernen einander immer besser kennen, bis sie schließlich feststellen, dass sie mehr füreinander empfinden. Dylan holt Gray durch verrückte Aktionen zurück ins Leben und zeigt ihm, welche zahlreichen Möglichkeiten vor ihm ausgebreitet liegen und dass er im Grunde nur zugreifen muss. Doch beiden ist auch klar, dass ihre gemeinsame Zeit nicht ewig dauern wird, denn der Sommer neigt sich dem Ende entgegen und Dylan ist nicht gewillt, ihre persönlichen Träume für eine sesshafte Zukunft mit Gray aufzugeben. Was sie beieinander gefunden haben, ist für Dylan nicht genug, sie möchte die Welt bereisen und Abenteuer erleben, Gray dabei aber auch bei seiner sportlichen Entwicklung nicht im Wege stehen. Doch kann sie ihn so leicht wieder aus ihrem Leben und ihrem Herzen verbannen, wie sie ihn hinlassen konnte?

Aber Leid ist wie Wasser. Es findet immer einen Weg durch jede kleinste Ritze. Man kann es nicht aufhalten. Manchmal muss man sich erst bis auf den Grund sinken lassen, bevor man lernt, zurück an die Oberfläche zu schwimmen.
(Dylan, Seite 88)


Mit ihrer Jugend-Dystopie um Maddie Freeman hat Katie Kacvinsky bereits bewiesen, dass sie als Autorin fesseln und unterhalten kann. Ihr neuer Roman Dylan & Gray bewegt sich auf anderen Wegen, die sie jedoch nicht weniger erfolgreich und gekonnt bestreitet. Gegenteilig überrascht sie den Leser mit einer ungeahnten Tiefe und erstaunlich reifen Charakteren, die tatsächlich am Alter der vorgesehenen Zielgruppe zweifeln lassen. Denn hier handelt es sich um alles andere als eine klassische Liebesgeschichte, es gibt auch keine große Handlung, dafür aber jede Menge Tiefgang in den Gedanken der Protagonisten. Vor allem Dylan erstaunt so manches Mal mit ihren Lebensweisheiten und wirkt gar nicht wie eine fast 18-Jährige, sondern sehr viel reifer. Gray hingegen ist, nachdem er erst einmal aus sich rausgekommen ist und den Schutzpanzer abgelegt hat, ein ganz klassischer Hitzkopf, was ihn allerdings umso sympathischer macht. Das Zusammenspiel dieser beiden unterschiedlichen Persönlichkeiten macht einen großen Teil des Charmes aus, dem man sich als Leser nur sehr schwer entziehen kann. Kate Kacvinsky versteht es, ihre Geschichte lebensecht zu gestalten und ihr trotzdem etwas Märchenhaftes zu geben, das den Leser gefangen nimmt und zum Träumen, aber auch zum Nachdenken einlädt.

Wenn man Menschen kennt, die einen berühren, glücklich machen, zu Höhenflügen inspirieren, dann ist jeder Moment mit ihnen heilig, weil man nie wissen kann, wie viel gemeinsame Zeit man noch hat.
(Gray, Seite 170)


Es ist schwer, Dylan & Gray beiseite zu legen und sich einem anderen Buch zu widmen. Die schlauen Worte hallen noch lange nach und bieten unheimlich viel Stoff für ausgiebige Gedankenkarusselle. Dylan schaffte es mit ihrer quirligen, aber nicht nervigen oder anstrengenden Art, dem Leser unauffällig Sympathien zu entlocken und sich zu fragen, wie ein reales Aufeinandertreffen mit dieser Person wohl aussehen würde. Ganz klar wird dieses Buch, trotz der abwechselnden Erzählperspektive, von der weiblichen Protagonistin beherrscht, wobei Gray als männliche Hauptrolle keinesfalls verblasst. Es ist vielmehr so, dass er sich in ihrem Schatten aufhält und dort wohlzufühlen scheint, den Leser trotzdem erreicht und sichtbar macht, was der richtige Mensch im richtigen Augenblick ausrichten und wie sehr das Leben durch bestimmte Begegnungen beeinflusst werden kann. Die Geschichte von Dylan und Gray berührt, unterhält, fasziniert und hallt noch lange nach. Ein toller Einzelroman, der unglaublich viel Potential für Fortsetzungen beherbergt – Fortsetzungen, die jedoch nur im Kopf des Lesers stattfinden und genau dort auch stattfinden sollen.

Man kann Worte einfach an sich vorbeirauschen lassen. Wirklich auf sie zu hören, ist viel schwerer.
(Dylan, Seite 141)


Fazit:

Mit Dylan & Gray hält der Leser ein überraschend reifes und erwachsenes Jugendbuch in den Händen, das mit zahlreichen wunderbaren Gedanken und einer bezaubernden, alles andere als kitschigen Liebesgeschichte gefangen nimmt. Kat Kacvinsky bewegt sich auch in diesem Genre auf sicherem Boden und entlockt dem Leser nicht nur immer wieder ein kleines Lächeln, sondern hin und wieder auch ein erstauntes Stirnrunzeln. Ein Lesemuss für alle Sprachliebhaber und Gedanken-übers-Leben-Macher!


Wertung: alt

Handlung: 3/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


Zur Rezension von "Die Rebellion der Maddie Freeman"