Elfenbuch (Tanya Carpenter, Gabriele Ketterl, Tanja Bern)

 elfenbuch

TextLustVerlag (April 2013)
Kaffeepausengeschichten, Band 9 (Fantastik)
Cover- und Innengrafik: Crossvalley Smith
Coverlayout: Atelier Bonzai
60 Seiten, Paperback, 4,95 EUR
ISBN 978-3-943295-60-3

Genre: Phantastik


Klappentext

Verborgene Zauber umgeben das Elfenbuch, dessen Seiten gefüllt sind mit uraltem, wertvollem Wissen und magischen Geheimnissen. Es muss geschützt werden, damit es nicht in die Hände dunkler Mächte gelangt. Doch das ist nicht immer einfach. Lesen Sie in den drei Geschichten von den Wundern und den Kämpfen um dieses Buch.

Die Autorinnen und ihre Geschichten:

Tanya Carpenter — Einhornzauber
Gabriele Ketterl — Das Elfenbuch
Tanja Bern — Portal der Hoffnung

Jede Geschichte mit Tipps für einen besonderen Lesegenuss.


Rezension

Tanya Carpenter — Einhornzauber
Der Tempel der Einhorn-Priesterinnen wird von den Schergen des bösen Zauberers Nofra überfallen. Sie suchen das Buch der Einhörner. Doch dieses ist bei der jungen Sidhe Lilliabé, die zusammen mit ihrer Seelengefährtin, dem Einhorn Beavelle, das Buch in Sicherheit bringen soll.

Was spannend beginnt, zieht sich wie Kaugummi und endet tröpfelnd und enttäuschend. Lillabé ist eine junge Sidhe, eine Einhorn-Priesterin, die eine wichtige Aufgabe aufgetragen bekommen hatte: sie soll das Buch der Einhörner in Sicherheit bringen. Leider jedoch ist Lillabé nicht nur sehr, sehr jung, sondern bleibt auch charakterlich flach, sodass man eher den Eindruck gewinnt, eine Kurzgeschichte für viel jüngere Leser in den Händen zu halten, anstatt eine Kurzgeschichte für Kaffeetrinkende Pausenliebhaber. Der Leser kann keine Verbindung zur Sidhe aufbauen oder mit ihr mitfiebern, auch wenn sich Lilliabé in einer brandgefährlichen Situation befindet.

Tanya Carpenter hat einen sehr schönen, einfach zu lesenden Stil, allerdings baut sie in dieser Kurzgeschichte keine Spannung auf, lässt sie sehr abrupt enden und bedient sich einer sehr kindlichen Darstellung der Situation. Eine schwache Geschichte, die den Leser unbefriedigt zurücklässt.

Gabriele Ketterl — Das Elfenbuch
Sanya aus Hamburg und Liam aus Los Angeles verbindet etwas: sie sind beide keine Menschen. Von einem Gefühl angezogen machen sie sich auf dem Weg zu Lake Windermere in Großbritannien. Doch sie werden verfolgt von Nauro, der seelenlosen, menschlichen Waffe eines Priesters.

Aus drei Perspektiven erfährt der Leser von der Reise zum mystischen Ort Lake Windermere, wo sich ein Portal ins Reich des Lichts befindet. Sofort ist der Leser in der Geschichte und jagt mit Sanya und Liam durch die Seiten, Bahnhöfe und Flughäfen, während der namenlose, alte Mann einer Geheimorganisation angehört, die alles Magische vernichten will. Die Spannung ist greifbar und legt am Ende sogar noch eine Schippe drauf. Doch am Ende, wo die Auflösung hätte sein sollen, fällt der Leser in tiefste Verwirrung. Plötzlich taucht noch ein Engel auf, dem Sanya nicht vertraut und vorher mit keinem Wort erwähnt wurde, und löst die Probleme von Liam und Sanya mit Leichtigkeit.

Der Leser fühlt sich um die dramatische Auflösung gebracht, außerdem hat man das merkwürdige Gefühl, als sei diese Kurzgeschichte keine Kurzgeschichte, sondern ein Kapitel aus einem größeren Werk. Gabriele Ketterl kann mit dem Spannungsaufbau, einfachen, schnörkellosen Stil und der Enge zu den Figuren überzeugen, vergibt allerdings am Ende sehr viel Potenzial und lässt den Leser alleine und mit einem brummigen Gefühl in der Magengegend zurück.

Tanja Bern — Portal der Hoffnung
Der rebellische Luis bekommt von Adrian, jenem Mann, dem er sein Herz geschenkt hat, ein Buch überreicht, das er hüten soll. Dann verschwindet Adrian spurlos. Bei einem Luftangriff wird Luis‘ Haus bombardiert, jedoch stirbt er nicht, sondern gelangt durch das Buch in eine andere Welt: Fairy.

Der Protagonist Luis lebt während eines Kriegs gefährlich – und das nicht nur weil er eine ‚andere Gesinnung‘ hat, als sie sozial anerkannt ist. Er ist ein sehr feinsinniger Charakter, der Krieg und Gewalt ablehnt, aber dennoch Teil dieses Krieges ist, dem er sich nicht entziehen kann – was sein größter Wunsch ist. Schnell hat der Leser Luis ins Herz geschlossen und erlebt mit dem jungen Mann die Schrecken des Kriegs, aber auch die Flucht in die Welt Fairy – von der man nicht weiß, ob sie Realität oder Traum ist.

Tanja Bern weiß, wie sie den Leser in ihren Bann zieht. Raffiniert beschreibt die Autorin dies Realitätsflucht des Helden wider Willen, ohne zu verwirren. Nicht der Spannungsbogen ist in dieser Geschichte ausschlaggebende, sondern die Psychologie, die hinter den Figuren und dem Geschichtsaufbau steckt – und die wunderbar an „Die Chroniken von Narnia - Der letzte Kampf“ von C. S. Lewis erinnert.


Fazit

„Elfenbuch“ sind drei kurzweilige Geschichten für zwischendurch, verschiedenster Niveaus und Ansätzen. Die Autoren vergeben mit kleinen, handwerklichen Mängeln und manchen (zu) leichten Problemlösungen sehr viel Potenzial, sodass der Leser nach dem Genuss dieser Geschichten eher unbefriedigt zurückgelassen wird. Besonders hervorzuheben wäre „Portal der Hoffnung“, das sich nicht nur sehr schnell lesen lässt, sondern auch zum Nachdenken anregt.

Leider gelingt es „Elfenbuch“ nicht das Niveau des Vorgängers „Rache und andere Geister“ zu halten.


Pro & Contra

+ unterschiedliche Ansätze der Thematik
+ partiell zarte Spannungsbögen
+ teils überzeugende Charaktere
+ Tanja Berns „Portal der Hoffnung“, das mit psychologischen Tiefe und besonderem Helden den Leser ins seinen Bann schlägt

- verschenktes Potenzial
- zu einfache Problemlösungen
- kein richtiges Ende
- Schwächen an der Erzählstruktur
- das ‚gewisse Etwas‘ fehlt

Bewertung:

Handlung: 2,5/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3/5
Sprache: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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Tags: Elfen