Wächter des Morgen (Sergej Lukianenko)

Verlag: Heyne Verlag (Dezember 2012)
Taschenbuch: 464 Seiten
ISBN-13: 978-3453314115

Genre: Fantasy


Klappentext

Der Neue Roman in der grossen Bestseller-Serie

Vampire, Gestaltwandler, Hexen, Magier – seit ewigen Zeiten leben die sogenannten „Anderen“ unerkannt in unserer Mitte. Und seit eiwgen Zeiten stehen sich die Mächte des Lichts und die Mächter der Finsternis unversöhnlich gegenüber, zurückgehalten nur durch einen vor vielen Jahren geschlossenen Waffenstillstand. Doch mit dem Auftauchen eines rätselhaften „Propheten“ droht dieses Gleichgewicht zu kippen und ein Krieg zwischen den Mächten auszubrechen. Und nur Anton Gorodezki kann das verhindern...

Der Millionen-Bestseller aus Russland: In „Wächter des Morgen“ erzählt Kultauotr Sergej Lukianenko die atemberaubende Geschichte weiter, die mit „Wächter der Nacht“ begann.


Rezension

Mit Wächter der Nacht und dem dazugehörigen Film wurde der Autor des Romans Sergej Lukianenko auf einen Schlag in Deutschland bekannt. Seit dem sind auch viele seiner anderen Romane mit Erfolg hier erscheinen. Seine wichtigste Reihe rund um die Wächter des Tages und der Nacht hat er nun einige Zeit ruhen lassen. Kehrt aber jetzt endlich wieder in die Welt des Zwielichts zurück. Und wie immer darf man erwarten eine spannende, überraschende und wirklich gute Geschichte vorgesetzt zu bekommen. Bisher war kein Roman der Reihe ein Schnellschuss oder rein um der Fortsetzung willen. Jeder hat seine Berechtigung und führt Anton weiter auf seinen Weg und seiner Entwicklung. Bei Wächter des Morgen ist es nicht anders.

Aber vorher eins vorweg: Es ist schon erstaunlich wie schlecht ein Klappentext einen Roman wiedergeben kann. Es scheint als, ob der Klappentextschreiber noch nicht einmal die Zusammenfassung des Romans aufmerksam gelesen hat. Sicher es geht um einen Propheten, aber ein Krieg zwischen den Wachen ist nicht im entferntesten Thema von Wächter des Morgen. Vielmehr wirkt der Klappentext, als habe man ihn mit minimalen Aufwand aus denen der vorherigen Bücher generiert. Nur so lässt sich erklären, warum nicht im entferntesten auf den wirklichen Inhalt hingewiesen.

Anton Gorodetzki, der im Laufe der Wächter-Reihe von einem Magier der vierten Stufe zu einem Hohen Magier außerhalb der Kategorien geworden ist, erlebt in Wächter des Morgen sein vielleicht bisher schwierigstes Abenteuer. Dies mag sich vielleicht fast unmöglich anhören, schließlich durchlief er als Erster alle sieben Schichten des Zwielichts, hat die Kreide des Schicksals in Händen gehalten und auch ansonsten ein recht bewegtes magisches Leben hinter sich, aber es ist durchaus möglich, wie Sergej Lukianenko beweist.
Alles beginnt geradezu harmlos. Am Flughafen fällt Anton ein kleiner weinender Junge auf, der nicht in ein Flugzeug einsteigen will. Eigentlich nichts Ungewöhnliches, allerdings ist der Junge ein Prophet. Und das bedeutet, seine Vorhersagen treffen nahezu immer ein. Anton steht nun vor der Entscheidung, was er tun soll. Intervenieren und alle Passagiere des Fluges retten oder nur den kleinen Jungen. Er entscheidet sich für den Jungen und seine Mutter. Eine Intervention von Seiten des Lichts würde den Wächtern des Tages eine ebensolche gewähren und damit wären auch die Opferzahlen vermutlich ausgeglichen. Als Folge von Anton Entschlusses wird der kleine Prophet Kescha zur Nachtwache gebracht. Und damit beginnt der Ärger. Denn das Zwielicht hat etwas dagegen, dass ein Prophet lebt und schickt eine seiner Kreaturen, um ihn zu töten, den sogenannten Tiger. Einen jungen Mann, der sich gnadenlos seinen Weg bahnt. Aufzuhalten vermag ihn keiner, mit einer Ausnahme vielleicht. Antons Tochter, aber was bedeutet der Tod des Tigers für die Anderen? Stirbt dann auch das Zwielicht aus dem sie ihre Kraft beziehen? Anton macht sich auf, mehr über den Tiger, das Zwielicht und alte Prophezeiungen zu erfahren.

Sergej Lukianenko versteht es immer wieder zu überraschen. Nach Wächter der Ewigkeit konnte vermutet werden, dass nahezu alle Geheimnisse des Zwielichtes gelüftet und nur noch Kleinigkeiten zu entdecken wären. Weit gefehlt. Mit der Geschichte um alte und neue Propheten und den Tiger schlägt er ein komplett neues, spannendes Kapitel auf, welches es in sich hat. Denn nie zuvor tauchte er so stark in das Zwielicht hinab, mit allen Konsequenzen. Dabei bindet er Figuren ein, von denen der Leser seit Beginn der Reihe schon immer wusste, dass sie noch eine größere Bedeutung erlangen könnten, aber erst jetzt wirklich in Erscheinung treten. Dazu kommen Charaktere, die schon früher Antons Gegenspieler waren und trotzdem Freunde und Bekannte von ihm sind. Generell sind alle Charaktere von Lukianenko ambivalent angelegt, selbst die Lichten sind nicht vollkommen frei von Lastern und „bösen“ Taten im Dienst der guten Sache. Bestes Beispiel sind hier Geser und Sebulon. Der eine ist als Lichter bereit auch mal Menschen zu opfern, während der andere, Sebulon, als Dunkler durchaus auch selbstlos handeln kann, wie eins der Kapitel zeigt. Über ihn erfährt man sowieso soviel, wie nie zuvor. Die Einblicke sind zwar kurz, aber dafür umso tiefer und lassen Sebulon in einem etwas anderem Licht erscheinen. Auch wenn sich sein Charakter natürlich nicht komplett geändert hat, er ist immer noch der manipulierende Egoist, wird ihm ein neuer Aspekt hinzugefügt. Anton selbst ist zwar sehr mächtig, aber trotzdem fehlt ihm noch der große Überblick im Spiel der Wachen und so wird er wieder zum Spielball der Oberhäupter der Wachen.

Sergej Lukianenkos Schreibstil ist unverkennbar. Flüssig und leicht zu lesen, kommt man schnell durch das Buch und blättert ungeduldig Seite um Seite um. Was aber nicht heißt, er hätte nichts zu sagen. Mehrfach lässt er Anton über das Leben an sich sinnieren und äußerst sich durchaus gesellschaftskritisch und nachdenklicher als in den Vorgängerromanen. Eindeutig ein Pluspunkt für das Buch. Zwar leidet darunter manchmal die Spannung, aber er übertreibt es nie und verliert nicht die Handlung aus den Augen. Und wenn man ehrlich ist, machen die vielen Gedanken und sarkastischen Bemerkungen Antons das Besondere der Wächter-Romane aus. Und wie es aussieht, wird es auch in Zukunft noch so manche Begegnung mit Anton, Sebulon und Geser geben. Lukianenko legt schon hier die ersten Grundsteine für einen weiteren Roman, der viel Dramatik und Spannung verspricht. Trotzdem ist Wächter des Morgen in sich geschlossen. Nur für Einsteiger dürfte er sehr verwirrend sein, da sich vieles auf die Vorgänger bezieht und sich so erklärt.

Heyne hat glücklicherweise Wächter des Morgen in der gleichen Art und Weise gestaltet wie die restlichen Wächter-Bücher, wodurch sich ein einheitliches Bild im Bücherregal ergibt, welches dazu gut aussieht.


Fazit

Ein weiterer sehr guter Roman aus der Welt der Wächter der Nacht. Auf große magische Duelle muss der Leser verzichten, bekommt dafür aber mehrere Stunden spannender Unterhaltung, die eine Unmenge neuer Erkenntnisse über das Zwielicht bringen.


Pro & Contra

+ Sebulons kurze Auftritte sind einfach wieder köstlich
+ der Tiger
+ Anton ist nach wie vor bodenständig und dementsprechend unterhaltsam
+ Schreibstil

Bewertung:

Handlung: 5/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4,5/5


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