Das große Qindie-Interview
mit Susanne Gerdom, Kay Noa, Horus W. Odenthal, Marny Leifers und Simone Keil
Teil 2: eBooks und Self-Publishing
Literatopia: Bei Indies stehen eBooks hoch im Kurs. Glaubt Ihr, Print-Bücher werden bald ausgestorben sein? Oder wird sich eine ausgewogene Koexistenz etablieren?
Marny Leifers: Ich glaube nicht daran, dass Print-Bücher aussterben. Bücher sind oft doch auch Liebhaberstücke, die man sehen und anfassen möchte. Ich blättere auch gerne in Geschichten rein, die mich begeistert haben, und lese mich dann ungeplant fest. *g* Das geht mit eBooks nicht, aber dafür haben sie viele andere Vorteile, die einfach praktisch sind. Gerade auch unterwegs, man kann einhändig lesen und hat die ganze Bibliothek dabei. Bücher von Lieblingsautoren muss ich aber unbedingt als Papier-Ausgabe besitzen, immerhin wollen die ja noch signiert werden. Und natürlich in mein reales Bücherregal einziehen. :-)
Susanne Gerdom: Das Papierbuch wird es wahrscheinlich immer geben. Ich glaube zwar, dass sich das Lesen im Schwerpunkt auf die elektronische Seite verlagern wird (nennt mir einen sachlichen Grund, warum es das nicht tun sollte ...), aber genau wie bei der Vinyl-Schallplatte, die ja auch seit Jahrzehnten tot gesagt wird, und die immer noch ihre Liebhaber hat, wird es auch immer Lesergeben, die Papierbücher im Schrank haben wollen. Das gilt sicherlich für alles bibliophilen Ausgaben, für die "schönen" Bücher. Für Fotobände, für Bilderbücher, für Kunstbücher, für Geschenkbücher. Ich denke aber, das Taschenbuch wird langfristig aussterben.
Horus W. Odenthal: Ich glaube, es wird da eine Schere geben. In den 50er Jahren gab es die Taschenbuch-Revolution. Diese Darreichungsform hat sich den Markt erobert. Weil sie handlich und günstig war. Das eBook ist eine neue Revolutionswelle. Ich behaupte mal, dass in Zukunft die Taschenbücher einbrechen und zu einem großen Teil durch eBooks ersetzt werden. Auf der einen Seite gibt es die eBooks als das handliche Format zum Lesen, auf der anderen Seite das wunderschön und wertig gestaltete Print-Buch, vielleicht im Schuber, vielleicht illustriert. Eine parallele Entwicklung ist ja auch schon in der Musik zu beobachten, wo es die mp3s gibt, die man leicht herunterladen und gut mit sich herumtragen kann. Dem entgegen stehen schöne CD-Luxusausgaben, aufwendig gestaltet, ungewöhnliche Boxen, alle möglichen Formate für den Sammler, der die Dinge, die er liebt, in einer optisch schönen Form repräsentiert sehen will und auch das Haptische liebt.
Literatopia: Indie-eBooks sind meist günstig, die der Publikumsverlage kosten nur geringfügig weniger als Printbücher – seht Ihr das Konzept „Verlag“ gefährdet? Was müsste sich in der Verlagsbranche ändern, damit die Digitalisierung gelingt?
Susanne Gerdom: Das Konzept "Verlag" ist nicht gefährdet. Es muss und wird immer einen Markt für Massenliteratur, Fachliteratur und schöne Bücher geben. Die Verlage als Dienstleister und Vermarkter sind eine wichtige Größe, auf die keiner von uns verzichten möchte. Verlage sind ja nicht die großen bösen Wölfe, als die sie gerne dargestellt werden (in der Regel von Autoren, die es nicht geschafft haben, eins ihrer Manuskripte an einen Verlag verkauft zu bekommen.) Verlage sind allerdings Wirtschaftsunternehmen, die rechnen müssen. Das ist die eine Seite. Die andere lernt man als Verlagsautor kennen: In Verlagen sitzen engagierte Büchermenschen, die sich sehr wohl für das interessieren, was sie herausgeben, die mit ihren Autoren gut und konstruktiv zusammenarbeiten und die Bücher lieben.
Was passieren muss und wird: Das Verhältnis des Verlags zum "nicht physischen" Buch muss und wird sich verändern. Noch ist die Sicht darauf in der Mehrheit konservativ. Man fremdelt. eBooks werden akzeptiert, aber die rechte Liebe fehlt noch. Aber das ist schon im Wandel. Was allerdings absolut nicht geht, sind die überzogenen Hardcover-Preise, die für Verlags-eBooks verlangt werden. Das muss sich ändern, denn das ist Lesern nicht zu vermitteln. Ich denke allerdings, dass sich mit der zunehmenden „Verselbstständigung“ der Autoren auch ihr Selbstbewusstsein und damit das Verhältnis zu den Verlagen verändern wird. Autoren werden aufhören, sich als Bittsteller und Gnadenempfänger zu betrachten (was sehr oft noch der Fall ist, sogar unter etablierten Autoren) und anfangen, sich als Partner auf Augenhöhe zu sehen. Wir werden lernen, zu fordern und uns nicht mehr abspeisen zu lassen. Die Entwicklung zum selbstbestimmten, selbstbewussten Hybridautor, der beide Spielfelder beherrscht, wird zunehmen. Das könnte für einige Verlage allerdings eine schwer zu schluckende Kröte sein.
Horus W. Odenthal: Das hast du sehr schön und umfassend gesagt, Susanne.
Susanne Gerdom: Den Begriff der "Augenhöhe" hast du bei unseren Diskussionen ins Spiel gebracht, Horus, und er gefällt mir ausnehmend gut.
Kay Noa: Wir begreifen Qindie als Ergänzung zu den Verlagen. Wir möchten auch keine Alternative zu Verlagsbüchern darstellen, sondern eine Ergänzung zum Verlagsangebot. Die Zusammenarbeit mit Verlagen ist für mich überhaupt kein Gegensatz zu Independent. Ein Begriff, der weiter gefasst ist als das Self-Publishing. Auch Autoren, die sich künstlerisch behaupten, werden Verlagsangebote in Betracht ziehen. Verlage können viel bieten. Aber das werden Qindie-Autoren tun, eben ohne sich dabei das Zepter aus der Hand nehmen zu lassen. Verlage, die ihren Autoren fair begegnen und ihre Rechte an ihrem Werk respektieren, könnten durchaus Partner von Qindie sein. Faire Konditionen, sinnvoll vereinbarte Rechte, künstlerische Hoheit. Wir freuen uns, wenn wir da zwischen Autoren und Verlagen vermitteln können – und auf dem Sektor hätten wir auch viel zu bieten. Miteinander. Wie immer.
Literatopia: Welche eReader würdet Ihr unseren Lesern empfehlen?
Simone Keil: Das kommt wohl in erster Linie darauf an, wo man seine eBooks einkaufen möchte. Für eingefleischte Amazonkunden bietet sich natürlich der Kindle an. Aber wer auch gerne abseits der großen Amazone Bücher kauft, der ist in seiner Wahl völlig frei. Ich besitze den Kobo Glo und bin rundum zufrieden. Und ich würde auf keinen Fall auf die Beleuchtung verzichten wollen. Es ist einfach genial, unabhängig von externen Lichtquellen, an jedem Ort, zu jeder Zeit lesen zu können.
Susanne Gerdom: Ich habe mit dem billigen Trekstor-Reader angefangen und bin dann schnell zu Amazon geflüchtet. Seitdem habe ich den kleinen Kindle und bin sehr zufrieden. Auf meinem Wunschzettel steht jetzt der Paperwhite. Die Handhabung ist einfach, der Akku hält ewig, der Speicher reicht für eine mittelgroße Bibliothek und die Downloads der Bücher funktionieren reibungslos. Marny: Angefangen habe ich mit dem Kobo Touch, weil ich das Amazon-Format nicht unbedingt unterstützen wollte und mir auch das Design gefiel. Weil es mir immer wichtiger wurde, Zitate und Notizen exportieren zu können, habe ich mir nun den Kindle Paperwhite angeschafft. Da begeistern mich die schnellere Reaktion und das einfachere Markieren, und natürlich die Beleuchtung. Sehr angenehm!
Kay Noa: Ich habe gar keinen klassischen Reader, sondern lese via Handy oder meinem kleinen NoteBook. Das geht gut, so arbeite ich auch und von daher ist mir der Wechsel leicht gefallen. Und das geht gerade mit einigen intelligenten Android-Apps wirklich gut.
Literatopia: Welche Möglichkeiten hat ein Autor, wenn er sein Werk selbst publizieren möchte? Wie funktionieren Plattformen wie Amazon CreateSpace?
Susanne Gerdom: Die Möglichkeiten für EBooks sind mittlerweile vielfältig und schwer überschaubar. Der Branchenriese ist nach wie vor Amazon, der für SP auch noch die attraktivsten Konditionen anbietet. Amazon beherrscht zwischen 60 und 70% des Marktes, denke ich. Hier kommt der SP am leichtesten zu seinen Kunden. Dahinter folgen verlagseigene Verteiler wie Neobooks (Droemer Knaur), die ja mittlerweile auch als Distributoren arbeiten.
Im Printsektor ist Amazon bisher die einzige ernsthafte Alternative. BoD gibt es ja schon länger, aber ich denke, wer sein Printbuch auch verkaufen (und nicht nur besitzen) will, kommt an CreateSpace zur Zeit noch nicht vorbei.
Die Handhabung ist relativ simpel - man erstellt eine Druckvorlage (dazu bietet Amazon eine Reihe von Templates), baut sein Cover (wer dafür kein Händchen hat, nutzt eben den angebotenen "Cover Creator", der sehr ordentliche Ergebnisse liefert), und lädt das Ganze dann über das System hoch. Dann kommt wenig später ein "Proof" - ein regelrechter Umbruch, den man entweder per Post ordert oder online bearbeitet - und wenn alles stimmt, alle Fehler behoben sind, geht das Buch in den Druck. Kleiner Wermutstropfen: Man muss seine Autorenexemplare noch immer in den USA ordern. Da würde ich mir einen Service für Europa wünschen, aber das ist bisher noch nicht geschehen.
Kay Noa: Das ist aber auch gut so, denn so ist gewährleistet, dass Qindie nicht langweilig wird. Es gibt noch so viel zu tun …
Literatopia: Was muss ein Indie-Autor beachten, wenn er sein Manuskript veröffentlichen will?
Simone Keil: Ich würde mal behaupten, dass es das Gleiche zu beachten gilt, das auch ein Verlagsautor beachten muss. Mit einer Ausnahme: Man ist nicht an Trends gebunden und kann auch Themen behandeln, die von Verlagen womöglich nicht gerne angenommen werden. Zusätzlich muss man sich als Indie-Autor natürlich um Dinge selbst kümmern, die ein Verlag (im besten Fall) für den Autor übernimmt: Lektorat, Korrektorat, Covergestaltung, Vertrieb und Werbung. (Aber dazu kann Susanne sicher eher etwas sagen.)
Susanne Gerdom: Es fängt beim Cover an, denn das sieht ein Kunde als erstes. Wer sich bei Amazon mal umsieht, erkennt meist auf den ersten Blick, was die" selbstgemachten" Bücher sind. Ich habe schon oft ein Buch allein nach dem Cover als "dilettantisch" einsortiert und das hat sich dann in 95% der Fälle im Buchinneren bewahrheitet.
Viele SP werfen ein unkorrigiertes Manuskript auf den Markt. Da wimmelt es von Rechtschreib-, Zeichensetzungs- und Grammatikfehlern, und man kommt gar nicht bis zum Inhalt durch. Wenn man tapfer trotzdem durchhält, dann geht es auf der stilistischen Ebene so weiter ... Ein Indie sollte sich darum kümmern, dass wenigstens die "Technik" stimmt. Das Buch sollte sauber layoutet, ordentlich in Form gebracht und sorgfältig korrekturgelesen werden. Und wenn die Liebe zum eigenen Manuskript da ist, dann sollte man auf seinen Urlaub verzichten oder auf den neuen Fernseher und einen professionellen Lektor an die Arbeit lassen. Vertrieb und Werbung kommen natürlich noch dazu, aber das ist dann Stufe zwei. Hierfür gibt es viel Unterstützung von Kollegen im Netz, die gerne mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Literatopia: Wie geht ein Indie-Autor richtig mit der Presse um? Was hilft Eurer Erfahrung nach, um von Onlineportalen und Magazinen beachtet zu werden?
Horus W. Odenthal: Ich weiß nicht, ob ich so berufen bin, dazu etwas zu sagen. Ich weiß nicht, ob ich das in eigener Sache so gut mache. Es ist eben Learning-by-Doing. Der einzige Maßstab, dem man folgen sollte, ist für mich da eine große Aufrichtigkeit. (Ein wunderbares deutsches Wort übrigens.) Man kann nicht jemand anderen darstellen als man ist. Das Publikum merkt das, und die Muskeln schmerzen auch nach einiger Zeit vom Verbiegen – man tut sich damit keinen Gefallen. Man muss man selber sein, und man muss seine Leser ernst nehmen. Es kann allerdings auch nicht schaden, ab und zu aus diesen tiefen Quellen zu schöpfen, von denen man sich selbst selten Rechenschaft ablegt. Das Technische kann man lernen, denke ich. Es hat nur eine Crux – und das ist die zweite Seite: Es braucht viel, viel Zeit. Rede mit Leuten, kommuniziere mit ihnen. Und tu es immer, immer wieder. Ich glaube, es ist auch ein wenig wie mit einem Musiker, der immer wieder auf die Bühne hinaus muss. Werde du selbst, und werde es immer mehr und immer intensiver. Und manchmal ist es auch so in der Musik, dass die introvertierten, feingeistigsten Gemüter die besten Selbstdarsteller sind.
Literatopia: In einer Kolumne zu Qindie wurde kritisch gefragt: „Wer überwacht den Wächter?“- Wie beantwortet Ihr diese Frage? Wie sichert ihr die Qualität?
Susanne Gerdom: Quis custodiet ipsos custodes? Da hat mal jemand in der Schule aufgepasst, was? *g* Ich wage zu behaupten, dass die Farbigkeit und die Mischung der Qindies diese Funktion hervorragend erfüllt. Wir sind so unterschiedlich, kommen aus so unterschiedlichen Ecken, dass jede Einzelmeinung vollkommen anders ausfällt. In der Schnittmenge liegt die Wahrheit. Wir sind keine Partei und kein Verein, sondern ein Netzwerk von ausgeprägten Individualisten. Wer einmal die Diskussionen der Qindies verfolgt hat, weiß, dass es kaum einen bunteren Haufen gibt, der trotzdem gemeinsam an einem Strang zieht. Was soll da überwacht werden? Dass wir nicht die Weltherrschaft übernehmen? Keine Sorge. Das passiert nicht. Wir wären uns ja nie einig darüber, wie die Flagge aussehen soll, von der Hymne ganz zu schweigen ...
Simone Keil: Na ja, bei der Hymne waren wir uns recht schnell einig. :D
Susanne Gerdom: Auch wieder wahr. Aber bei Tempo und Tonlage dann wieder nicht.:-p
Kay Noa: Und da ist sie – die Schwarmintelligenz!
Literatopia: Wie seid Ihr in den sozialen Medien aufgestellt? Und wie wichtig sind diese für Qindie?
Horus W. Odenthal: Indies veröffentlichen zu einem starken Anteil im eBook-Format. Und eBook-Leser sind internet-affin. Einmal ganz davon abgesehen, dass das Internet und Social Networks die Kommunikationsform … nicht der Zukunft, sondern der Gegenwart sind. Die sozialen Medien sind unser Kommunikationsnetz. Wir leben darin. Auch als Qindies. Schon in der Strukturierungs- und Gründungsphase waren sie für uns von zentraler Wichtigkeit. Qindie hat sich darüber formiert und organisiert.
Man findet uns überall. Facebook, Twitter, Google +. Wir versuchen dort Inhalt zu liefern, unterhaltsam zu sein und zum Nachdenken anzuregen. Ruprecht Frieling, Jan Ulrich Hasecke, Gundel Limberg und andere schreiben in unserer Kolumne zu Themen um das Schreiben oder das Self-Publishing. Auf unserer Facebook-Seite und auf der Q-Page gibt es Gewinnspiele, Challenges, Rätsel und noch mehr Sachen sind in Vorbereitung. Wir versuchen Lesern überall in den sozialen Medien etwas zu bieten und sie auf uns aufmerksam zu machen.
Literatopia: Qindies lesen Indiebücher – bleibt noch genug Zeit für Verlagsbücher, um über den Tellerrand zu linsen?
Marny Leifers: Ich lese beides, das eine schließt das andere ja nicht aus. Ich suche mir einfach heraus, was mich anspricht, und freue mich auf Indiebücher genauso wie auf Verlagsbücher. Das würde alleine wegen meiner Lieblingsautoren auch gar nicht anders gehen. *g* Die Lesezeit, die mir zur Verfügung steht, ist da eher das Problem. Seit mir Qindie dazwischen gekommen ist, hat sich diese doch sehr verringert. Sie hat sich noch nicht ganz aufgelöst, aber viel übriggeblieben ist von ihr nicht. Für November habe ich mehr Lesezeit beantragt, mal sehen ob das klappt. ;-)
Simone Keil: Ich mag gute Bücher, die etwas Besonderes mitbringen, ob Verlag oder Indie spielt für mich dabei keine Rolle. Allerdings bin ich in der kurzen Zeit, die Qindie jetzt am Start ist, auf Indiepublikationen aufmerksam geworden, die ich vorher wahrscheinlich nicht gefunden hätte. (Und ja, Lesezeit ist insgesamt leider Mangelware.)
Horus W. Odenthal: Nur Indies zu lesen, das macht für mich wenig Sinn. Das wäre kurzsichtig und fanatisch. Ich lese gute Bücher. Woher die kommen ist mir egal. Allerdings ist meine Leseliste, seit ich bei Qindie bin, zur Seite der Indie-Werke gewachsen, nicht etwa, weil es Indie-Werke sind, sondern eben weil ich unter meinen Mit-Qindies so viele unheimlich gute, hochkarätige Schriftsteller gefunden habe, dass ich vor Neugier brenne, mehr von ihnen zulesen. Wenn ich mir allerdings Bücher aus der Vergangenheit anschaue, muss sich sagen, dass ich dort mehr Indies lese. Denn eigentlich waren sehr viele Autoren zu anderen Zeiten Indies – unabhängig und selbstbestimmt, was ihr Schreiben anging. Und ein ganzes Heer der anderen ist vergessen.
Susanne Gerdom: Ich lese ungefähr gleichrangig Verlags- und Independent-Produktionen. Durch die Beschäftigung mit Qindie haben sich mein SuB und auch meine Wunschliste allerdings stark vergrößert. Und ich bin immer wieder ganz geflasht, wenn ich auf solche Independent-Zuckerstückchen treffe, wie Horus sie produziert (immerhin steht sein Ninragon auf der Shortlist zum DPP!), wie Jacqueline Spieweg sie nicht nur schreibt, sondern auch grafisch aufbereitet (ich habe seit Jahren kein so wunderschön und künstlerisch gemachtes Layout mehr gesehen wie das von "Rattenauge"), und natürlich die skurrilen, schrägen Geschichten von Simone, an die kein Verlag sich herangetraut hat - um nur mal ein paar Q-Autoren zu erwähnen.
Kay Noa: Ich finde es interessant, wie viel ihr neben Qindie alle noch lest. Seit wir mit Qindie unterwegs sind, lese ich eigentlich nur noch unsere Texte, Scribbles, Protokolle… Aber ich hoffe, dass sich das auch wieder ändert. Mein SuB jedenfalls stellt bald den Turmbau zu Babel in den Schatten – oder auch nicht. EBooks sind da diskreter. Und ich freue mich schon, wenn ich dereinst als Qindiegründermama in meinem Schaukelstuhl sitzend auf die wilden Jahre zurückblicken und endlich meinen quietschebunten SuB abarbeiten kann. Genreübergreifend, national oder international, Indie oder Verlag.
Literatopia: Wie wird es mit Qindie weitergehen? Müsst Ihr die erste Welle erst einmal verdauen? Oder wird fleißig weitergeplant?
Susanne Gerdom: Wir planen, dass die Köpfe rauchen. Ihr erinnert euch? Die Weltherrschaft? Muahahahaaaaa!
Nein, im Ernst. Das jetzt ist die Basis, von der aus soll es natürlich weitergehen. Wir brauchen den Background vieler guter Autoren und engagierter Partner und natürlich Massen von interessierten Lesern. Unser Ziel ist es, DIE Plattform, DAS Label für Independent-Literatur im Netz zu werden. Wir wollen Aktionen, gemeinsame Auftritte und Lesungen, Leserunden, Messepräsenz, das Gewicht, das es uns erlauben wird, mit den Großen zu spielen. Wir wollen Aufmerksamkeit außerhalb des Netzes. Wir haben es zum Ziel, dass mit unserer Hilfe Independent-Autoren auch in der klassischen Presse besprochen werden. Wir wollen erreichen, dass wir in die Systeme hineinkommen, die bis jetzt nur Verlagen und Verlagsautoren offen stehen. Wir streben an, dass der stationäre Buchhandel uns wahrnimmt. Wir wollen erreichen, dass die "breite Öffentlichkeit" Indie-Autoren nicht mehr in die Schublade "Hobbyschreiber" sondern in die Kategorie "Profis" sortiert. Mein persönlicher Wunschtraum: Ich möchte mit Qindie auch ein Netzwerk, das fördert. Es wäre wunderbar, wenn wir einen Topf hätten, aus dem wir Lektorate finanzieren, Cover und Layout aus Profihand ermöglichen könnten. Zuschüsse für Autoren, die sich das nicht leisten können. Coachings. Schulungen. Eine "Akademie", wie sie jetzt zum Beispiel Bastei-Lübbe etabliert hat, in der Profis über alle Bereiche der Buchherstellung referieren. Das ist Zukunftsmusik, aber nicht unrealistisch ...
Kay Noa: Ich wünsche mir von und für Qindie, dass wir die wunderbare Welt der Bücher, in der wir uns bewegen, nicht nur bereisen, sondern sie künftig tatkräftig mitgestalten. Für die Vielfalt auf dem Buchmarkt, für die Chance, dass jeder Leser „sein“ Buch findet – und umgekehrt. Und ich glaube, dass wir aufeinem sehr, sehr guten Weg sind.
Simone Keil: Wir haben gar keine Zeit, irgendetwas zu verdauen, wir müssen sehen, dass wir mit der Entwicklung Schritt halten. :) Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass Qindie ein fester Begriff für die LeserInnen wird und dass ein Qindie-Logo auf dem Cover ein Garant dafür ist, dass das Buch zumindest mal genauer unter die Lupe genommen wird.
Horus W. Odenthal: Mein Zukunftsausblick für Qindie ist ganz simpel. Ich sehe Qindie im Spektrum der Veröffenlichungsmöglichkeiten auf einer Höhe mit den traditionellen Verlagen. Ich sehe Autoren, frei und selbstbestimmt, für welche – auch in ihrer eigenen Wahrnehmung – die Veröffentlichung bei einem traditionellen Verlag oder über Qindie zumindest gleichwertige Optionen sind. Ich sehe, dass ihnen diese Wahlfreiheit ein großes Selbstbewusstsein im Umgang mit Verlagen und der Integrität ihres Werkes gibt. Ich sehe ein größeres Spektrum an Büchern, das den Bedürfnissen der Leserschaft gerecht wird. Ich sehe Autoren, die zuerst dieser Leserschaft verantwortlich sind, egal mit welchen Partnern sie arbeiten. Ich sehe viele gute Bücher, ich sehe viele ernst genommene Leser, ich sehe viele Namen von Verlagen und dazwischen ein Q.
Literatopia: Herzlichen Dank für das ausführliche Interview!
Susanne Gerdom: Liebe Judith, danke für die spannenden Fragen und euer Interesse an einer Independent-Initiative wie Qindie. Vielleicht noch ein kurzes "Nachwort": Wir freuen uns über jeden, der Qindie unterstützt - vor allem über interessierte LeserInnen, die unsere Seite besuchen, sich im Forum austauschen und natürlich unsere Bücher lesen. Anregungen und Kritik sind herzlich willkommen!
Qindie-Webpräsenz: www.qindie.de
Homepage Susanne Gerdom: www.susannegerdom.de
Homepage Kay Noa: www.kay-noa.de
Homepage Horus W. Odenthal: www.horus-w-odenthal.de
Blog Marny Leifers: www.fantastische-buecherwelt.de
Homepage Simone Keil: www.simonekeil.com