Alex Amsterdam (02.07.2013)

Gast-Interview mit Alex Amsterdam


altJessica: Moin Alex, klasse, dass Du trotz Tourstress etwas Zeit findest, um Dich meinen erbarmungslos neugierigen Fragen zu stellen. Grundlegend müssen meine Leser natürlich erstmal wissen, wer Alex Amsterdam überhaupt sind – also erzähl doch ein wenig vom ursprünglichen Bandprojekt und wer sich heute dahinter verbirgt.

Alex Amsterdam: Klar, kein Problem. Auch wenn es nun etwas länger gedauert hat. Man kommt einfach zu nix!
Tja, wer ist Alex Amsterdam? Ich sag mal so … ein bärtiger Typ mit Gitarre aus Düsseldorf am Rhein! :) Ich bin seit 7 Jahren unter dem Namen auf den Bühnen der Republik unterwegs. Mal als Duo, mal mit kompletter Band. Aber seit längerem nun schon solo/unplugged und nur mit meiner Klampfe bewaffnet.

Jessica: Angefangen hat alles als Solo-Künstler. Wusstest Du schon immer, dass Du Musiker werden möchtest? Hast Du eine professionelle Ausbildung genossen oder Dir alles selbst beigebracht? Wie seid ihr schließlich dazu gekommen, gemeinsam als Musik zu machen?

Alex: Auch wenn ich mit Band gespielt habe, war es doch immer ein Solo-Projekt. Aber ich war noch nie der ruhiger Singer/Songwriter-Typ und hab schon immer Rocksongs geschrieben. Da braucht man für etwas mehr Dampf hier und da einfach ’ne Backing-Band. Aber momentan habe ich wieder mehr Freude am Solo-Spiel. Und nein, wusste ich nicht. Hab mit 15 Jahren angefangen Gitarre zu spielen, nachdem ich vom Bravo-Hits-Teenie zum Oasis-Nerd mutiert war. Erste Band kam dann mit 19. Und so ging alles seinen Gang. Das Gitarrenspiel hab ich mir größtenteils selber beigebracht. Von meinem Vater kamen nur die wichtigsten Grund-Akkorde. Mehr brauchte ich auch nicht. Würde mich daher auch nie selbst als richtigen Musiker bezeichnen. Immerhin kann ich nicht mal Noten lesen … ;)

Jessica: Eine Frage, die Du wahrscheinlich schon oft beantworten musstest: Euer Bandname lässt ja vermuten, dass ihr irgendeine Beziehung zur Stadt Amsterdam habt. Was genau steckt wirklich dahinter und mussten sich die anderen dann einfach damit abfinden oder hättest Du auch mit Dir über eine Änderung reden lassen?

Alex: Nö, ist schlicht und einfach ein Künstlername ohne tiefgründige Bedeutung. Punkt. :D Und wie gesagt … es gab ja keine anderen. SOLO-KÜNSTLER! ;)

Jessica: Okay, okay, dann eben Solo-Künstler :P (Anmerkung: Der Fragebogen wurde erstellt, als auf der Homepage noch von einer Band die Rede war.)
Musiker sind gerne experimentell – in welche Rubrik würdest Du Deine Musik packen? Kann man Dich überhaupt in eine Schublade stecken oder bist Du quasi undefinierbar in dem, was Du tust? Was erwartet die Leute, die zu Deinen Konzerten kommen?

Alex: Ich nicht. Ich bin recht stumpf und gradlinig veranlagt. Ich mag Songs mit wenigen Akkorden und simplen Melodien. Und man kann, wenn man das Bedürfnis danach verspürt, jeden und alles in Schulbaden stecken. Also auch gerne mich. Mir ist das ziemlich egal. Ich spiele meine Songs. Ob man das jetzt Singer/Songwriter, Rock, Indie und sonst was nennen sollte, ist mir herzlich schnuppe.

Jessica: In den letzten Monaten und Jahren erlebt der Musikmarkt (wieder) eine wahre Flut an deutschen Bands und Einzelkünstlern. Wie ist Deine persönliche Meinung dazu? Spielst Du auch mit dem Gedanken, auf deutsche Texte umzusatteln? Oder gehört zu Alex Amsterdam einfach eine internationale Sprache? Gibt es vielleicht andere Sprachen, die Dich reizen würden?

Alex: Nein, ich kann nicht auf Deutsch. Konnte ich noch nie. Ich finde, Englisch ist melodischer und klingt einfach runder und schöner. Aber ich mag auch deutsche Musik. Allerdings nicht viele. Gisbert, Thees und unsere ganzen Hamburger Jungs und Mädels … die können was. Denen überlasse ich das auch. Und nein, andere Sprachen reizen mich nicht.

Jessica: Lieder haben im besten Fall immer eine Botschaft, manche sind ziemlich offensichtlich, andere versteckt und erst nach mehrfachem Hören oder in bestimmten Situationen zu entdecken. Was möchtest Du mit Deiner Musik aussagen, welche Zielgruppe erreichen?

Alex: Ich sage zu solchen Fragen immer: „Leute, hört euch einfach die Songs und die Texte an und macht euch selber einen Reim darauf!“ Und das sage ich jetzt auch hier. Ich bin kein Freund davon, über meine Texte zu philosophieren. Das tun schon viel zu viele. Ich schreibe einfach, was gerade aus mir herauskommt, über Dinge, die ich erlebe, Menschen, die ich treffe oder Geschichten, die ich mir ausgedacht habe. Und über Zielgruppen denke ich ebenso wenig nach. Jeder der meine Musik mag, ist in meiner Zielgruppe. So einfach ist das! :)

altJessica: Jeder Song hat eine bestimmte Bedeutung für den Musiker, der ihn geschrieben hat. Welche Titel liegen Dir ganz besonders am Herzen und warum? Und welche Lieder sind es, bei denen Du am liebsten selbst die Idee dazu gehabt hättest? Wie gehst Du selbst beim Entwickeln neuer Lieder vor: Erst der Text und dann die Melodie, andersrum?

Alex: Über so was denke ich nicht nach. Mir sind alle Songs wichtig. Denn wenn mir einer weniger wichtig wäre, würde ich ihn nicht spielen bzw. hätte ihn nicht geschrieben. Bei mir kommt übrigens immer zuerst die Musik bzw. die Melodie. Ohne kann ich keine Texte schreiben.

Jessica: Wodurch lässt Du Dich für neue Lieder inspirieren? Und kennst Du das berühmte KreaTief, die inspirations- und musenlose Phase, in der gar nichts so aufs Papier will, wie es im Kopf ist? Welche Geheimtipps hast Du, um dagegen anzugehen?

Alex: Siehe meine vor-vorletzte Antwort! ;) Ich schreibe, was mir spontan in den Sinn kommt. Oft über Dinge oder Menschen, die mich bewegen oder auch fiktive Geschichten.
Und klar, ich kenne mich gut aus mit Schreibblockade. Und nein … es gibt kein Mittel dagegen. Jedenfalls kenne ich keins. Wenn jemand ’ne Idee hat, immer raus damit! ;)

Jessica: In welchem Umfeld entstehen bei Dir die meisten neuen Songs? Schreibst Du Geistesblitze sofort irgendwo auf und setzt Dich dann mit der Band zum weiteren Feilen zusammen oder arbeitet jeder für sich und stellt den anderen dann die quasi fertige Idee vor? Wie lange diskutiert ihr und welche Kompromisse sind für gewöhnlich nötig, bis ein Lied es zum Beispiel ins Live-Programm oder auf die nächste CD schafft?

Alex: Bei mir zu Hause auf meinem Sofa. Flasche Rotwein, ’ne Packung Kippen und los geht’s. Spontane Geistesblitze hab ich selten. Und ich schreibe und entscheide immer allein.

Jessica: Gibt es musikalische Vorbilder, die Dich in Deiner Entwicklung stark beeinflusst haben und dies noch immer tun? Und mal ganz utopisch ohne jeden Realismus gefragt: Mit wem könntest Du Dir eine engere Zusammenarbeit vorstellen und wie würde dieses Projekt wohl aussehen?

Alex: Hahahaha. Diese Frage kommt auch in jedem Interview vor und ist meine Lieblingsfrage nach „Warum Alex Amsterdam?“ :D
Ich habe ’ne riesige CD- und Plattensammlung zu Hause. Was mich jetzt wie und warum und wie stark beeinflusst hat, weiß ich nicht. Angefangen hat alles mit Oasis. Und so richtig bin ich, glaub ich, nie davon weggekommen. Find ich aber auch nicht schlimm. Ist doch geil, wenn man Mucke spielt, die man auch selber gerne hören würde. Oder besser gesagt „könnte“. Denn im Gegensatz zu einigen Kollegen höre ich meine Musik selten selber … ;) Ach und wegen der Utopie … kein Plan. Ich persönlich fände es etwas lächerlich, wenn ich jetzt, sagen wir, „Noel Gallagher“ oder „Peter Lustig“ sagen würde. Daher lass ich es auch. ;)

Jessica: MySpace, Facebook, LastFM und Co. machen es möglich: Den direkten Kontakt zu Deinen Fans. Wie wichtig ist Dir das Feedback und die Möglichkeit, darauf eingehen zu können? Gibt es vielleicht sogar Pläne, die Fans mehr in Deine Musik einzubeziehen? An welche Begegnungen mit Fans erinnerst Du Dich am liebsten?

Alex: Sehr wichtig. Momentan ist Facebook die einzig relevante Plattform im Bereich Social Media. Hier kann man mit seinen Fans kommunizieren, Dinge ausloten und Neuigkeiten verbreiten. Auch wenn es für Musiker nicht ganz perfekt ist. Die Anbindung an Streaming-Dienste wie Spotify ist zwar ulkig, aber ein eigener, Facebook-interner Player wäre zu bevorzugen. Ich finde die Einbindung von Fans sollte primär auf Konzerten stattfinden. Oder halt im Netz über Portale wie Facebook. Hier kann man z.B. sein Streetteam aktivieren und Menschen in fremden Städten erreichen, ohne sie wirklich zu kennen. Ach und … am liebsten treffe ich Fans auf Konzerten.

Jessica: Auf der Homepage heißt es, Du seiest ein wahrer Workaholic, und bei über 400 Auftritten (Stand Juni 2012, wie aktuell ist diese Zahl eigentlich?) bist Du schon weit herumgereist. Stehst Du lieber auf der Bühne als im Studio? Wohin würdest Du gerne mal eine Tour machen, und hast Du einen ständigen Begleiter, abgesehen von Band und Gitarre?

Alex: Jetzt so bei knapp 550/600, glaub ich. Ich zähle nicht mehr mit. Und ich würde Bühne/Tour dem Studio immer vorziehen. Ich bin nicht gerne im Studio. Ich stehe auf Live und bin niemand der sich gerne im Studio einschließt und sich in Sounds verfrickelt. Studio ist für mich persönlich ein notwendiges Übel. Und nein, es gibt keine ständigen Begleiter. Außer mein geliebtes Auto, welches mich wöchentlich zu meinen Gigs tuckert. 
 
altJessica: Den Pressetext zu Deinem offiziellen Debütalbum „Love Is Fiction“ (VÖ Januar 2012) hat der Autor Oliver Uschmann (ich habe auch schon was von ihm gelesen) geschrieben. Welchen Einfluss haben künstlerisch veranlagte Menschen aus Deinem Bekannten- und Freundeskreis auf Deine musikalische Arbeit? Und was sagen Familie und Freunde eigentlich zu Deinem seit Jahren anhaltenden Durchhaltevermögen?

Alex: Warum sollten diese einen größeren Einfluss auf mich haben als andere Menschen? Sprich: Keinen! Und was meine Family dazu sagt? „Du Irrer!“ ;)

Jessica: Als Literaturbegeisterte kann ich natürlich nicht darauf verzichten, auch die eine oder andere Frage zur schriftlichen Sprache zu stellen. Wie ist Deine Meinung zum Thema „Musik und Literatur“? Bist Du der Meinung, dass Musik ebenfalls eine Art Literatur, in Form von Poesie ist?

Alex: Da bin ich der falsche Ansprechpartner, glaub ich. Ich würde auch nie von meiner Musik als „Kunst“ oder von meinen Texten als „Poesie“ sprechen. Andere mögen das tun, sollen sie doch. Aber für mich ist das irrelevant.

Jessica: Musik selbst kann ebenfalls sehr inspirierend wirken. Hast Du schon mal kreatives Feedback zu Deiner Musik bekommen, vielleicht sogar in Form von Geschichten oder Gedichten, die auf Deine Texte aufbauten?

Alex: Nicht dass ich wüsste. Außer dass Leute Sex zu meiner Musik hatten vielleicht … ;)

Jessica: Hat neben Deiner Liebe zur Musik auch „normale“ Literatur Platz in Deinem Leben? In welchen Genres findest Du am ehesten die Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen und den Kopf abzuschalten? Gibt es Lieblingsautoren oder -bücher, die Dich geprägt haben, früher wichtig waren und es bis heute sind?

Alex: Leider habe ich immer viel zu wenig Zeit zum Lesen. Und im Bett penne ich beim Lesen ein. Sprich … wird leider etwas vernachlässigt, das Thema Literatur. Wenn ich es dann doch schaffe, lese ich gerne deutsche Popliteratur wie Uschmann, Strunk oder Stuckkrad-Barre. Oder die Krimis von Simon Beckett. Und … ich bin großer Harry-Potter-Fan. Soviel zur nicht vorhandenen „Prägung“ … ;)

Jessica: Abschließend natürlich noch die Frage, welche Projekte – abgesehen von der aktuellen, erstaunlich langen Tour – in der nächsten Zeit anstehen und was auf längere Sicht noch so geplant ist. Worauf dürfen sich Deine Fans freuen?

Alex: Auf eine niemals endende Konzert-Reise, ein neues Album (Anfang 2014) und eine gerade geplante Wohnzimmer-Tour durch Deutschland. So will ich noch näher an die Fans ran kommen, indem ich in jedem Wohnzimmer spiele, welches 20-30 Menschen fasst und mich hören will.

Kurz & knackig - Fünf Antworten in fünf Wörtern:
Geilstes/wichtigstes Konzert? - david hasselhoff. 20.04.1990. dortmunder westfalenhallen
Verrückteste Fan-Aktion? - tattoo eines fans von meinem ep-cover
DER Künstler-Spruch? - was geht heute abend in ...?
Song, den Du gern geschrieben hättest? - schatzi, schenk mir ein foto
Alex in fünf Jahren? - 37

Jessica: Nochmals herzlichen Dank für Deine Zeit und die interessanten Antworten. Für die andauernde Tour jede Menge Spaß und gut besuchte Konzerte, für alle weiteren Projekte jede Menge Ausdauer, Kraft und viel Erfolg!

Alex: Danke schön. Auf bald.

www.alex-amsterdam.de


Dieses Interview wurde von Schattenwege.net geführt und Literatopia zur Verfügung gestellt.
Alle Rechte vorbehalten.