Rezensionen im Juni (2013)

Liebe LeserInnen,

das erste halbe Jahr ist wie im Flug vergangen und die Literatopia-Redaktion fragt sich, wo all die Zeit geblieben ist. Doch wenn man sich unsere Monatsstatistik anschaut, dann weiß man zumindest, womit wir uns die Zeit vertrieben haben – denn im Juni sind wieder mehr als 40 Rezensionen für euch online gegangen. Die Tradition des Rückblickes führen wir natürlich auch diesen Monat fort und haben die wichtigsten Titel für euch zusammen gestellt. Viel Spaß beim Lesen und Stöbern!


Belletristik

altEowyn Iveys ”Das Schneemädchen“ ist schlichtweg wunderschön. Die Mischung aus ergreifenden Darstellungen eines melancholischen Paares, das sich in die Wildnis flüchtet, um ihren Kummer zu vergessen, und den märchenhaft anmutenden Begegnungen mit dem Schneemädchen funktioniert beeindruckend gut. Es handelt sich um ein Buch, das zeitlos ist und dazu verleitet, es immer wieder aus dem Regal zu ziehen und einzutauchen. Uneingeschränkt empfehlenswert.

Kathleen MacMahons Debüt handelt von der späten Liebe zwischen einem Amerikaner und einer Irin, kränkelt allerdings an der Umsetzung. Längen, Zeitsprünge, zu viel Handlung ohne wirkliche Tiefe und Bedeutung und andere Mängel machen es wirklich schwer, sich in “Liebe im Zeichen des Nordlichts“ einzufinden. Insgesamt wenig überzeugend, vielleicht nur für wirkliche Irlandfans zu empfehlen

Dark Fantasy

“Und nebenan Vampire“ ist ein eher schwächerer Band der Kaffeepausengeschichten mit drei Kurzgeschichten, die das Thema Vampir anschneiden, jedoch nicht vollends ausschöpfen. Alleine die Kurzgeschichte ‚Im Dunkel‘ ist eine Empfehlung wert, denn sie wartet mit einem Antihelden auf, der sich – als einziger – bewusst ist, was es heißt das Geheimnis der Vampire zu kennen.

Fantasy

“Wächter des Morgen“ ist ein weiterer sehr guter Roman von Sergej Lukianenko aus der Welt der Wächter der Nacht. Auf große magische Duelle muss der Leser verzichten, bekommt dafür aber mehrere Stunden spannender Unterhaltung, die eine Unmenge neuer Erkenntnisse über das Zwielicht bringen.

altMit ”Silber“ knüpft Autorin Kerstin Gier nahtlos an den Erfolg der "Edelstein-Trilogie" an. Auch wenn das Ende etwas schnell daherkommt ist dies ein Roman, welcher Jung und Alt mit seinem Charme, Humor, tollen Charakteren und einer liebevollen Thematik zu begeistern weiß. Und einer traumhaften Aufmachung, welche dem Inhalt des Romans völligst entspricht. Innovativ, mitreißend und absolut begeisterungsfähig. Wer einen Pageturner sucht, hat hier einen gefunden! Prädikat: Unbedingt lesen!

”Ein dunkler Wille - Das Schicksal der Brüder Frankenstein“ von Kenneth Oppel setzt die Geschichte um die Victor Frankenstein nahtlos fort und bietet dabei eine stimmungsvoll inszenierte, neue Idee, die den Weg Victors auf erschreckende Weise vorzeichnet. Die unbändige Liebe zu seinem Zwilling und sein Größenwahn treiben ihn in den Abgrund okkulter Machenschaften, die ihm seinen Bruder kurzfristig näher bringen. Eine unheimliche Geschichte, die mitreißt und einen finsteren Charme versprüht.

Horror / Mystery

“Rache und andere Geister“ sind kurzweilige Geschichten für zwischendurch. Die Autorin versteht ihr Handwerk und kann den Leser für ein paar Minuten aus dieser Realität ziehen. Wer Gänsehautgeschichten mag, dem kann ich diese Kurzgeschichtensammlung wärmstens ans Herz legen!

Science Fiction

Eingefleischte Alt-Trekkies mögen immer noch monieren, dies sei kein Star Trek. Aber eins steht fest, nie waren die Abenteuer der Enterprise spannender, lustiger und mitreißender. Die neue Crew macht echt Spaß und die Charaktere bleiben sich treu und dürfen sich in einem Maß entwickeln, das es vorher nicht gab. Für alle, die Abenteuer und Science-Fiction mögen, ist “Into Darkness“ von Alan Dean Foster eine Leseempfehlung und erst recht für alle Anhänger Khans, der hier noch gefährlicher ist.

altThriller

Ein überaus gelungener Trilogie-Auftakt ist dem Leser mit “Soul Beach – Frostiges Paradies“ in die Hände gefallen. Kate Harrison verbindet Realität und virtuelle Welten auf fesselnde Weise und kann mit ihren Charakteren eine enge Verbindung zum Leser aufbauen. Wenn man bedenkt, dass es sich hier um den ersten Teil eines Dreiteilers handelt, legt sich auch die anfängliche Verwirrung über diverse Ausschweifungen recht schnell. Auch wenn das Warten auf die Fortsetzung in jedem Fall keine einfache Aufgabe wird – unbedingt lesen!

”und nachts die angst“ bietet einen gekonnten Balanceakt zwischen Einsichten in den kranken Geist eines Pädophilen und dem Kampf eines ehemaligen Opfers mit seinen Erinnerungen. Mit Reeve LeClaire schafft Carla Norton eine überzeugende Protagonistin, die versucht, zwei entführte Mädchen aus den Händen ihrer Peiniger zu befreien, ohne dabei ihren eigenen Ängsten zu erliegen. Spannend bis zur letzten Seite.

Comics

Die eindeutig gelungenere Adaption des Stieg Larsson-Romans “Verblendung“. Runberg und Homs fangen Atmosphäre und Inhalt in Wort und Bild einfach passend ein und zeigen, dass dieser spezielle europäische Stoff am besten auch in europäischen Händen umgesetzt wird.

Wer märchenhafte, besondere Geschichten mag, sollte unbedingt zugreifen. “Zauber“ von Jean Dufaux und José Luis Munuera fängt einen ein und lässt nicht so schnell los. Allein Munueras wunderschönen Zeichnungen sind ein Kaufgrund.

altManga

”Sai x Ai“ von Kaco Mitsuki lässt den Leser in sich hineinhorchen und bringt ihn dazu, sich selbst zu fragen: Wie würde ich reagieren? Immerhin scheint die Lage eindeutig und doch haben Gefühle nichts mit rationalem Denken zu tun. Mit zarten Zeichnungen und aufrichtigen Emotionen berührt diese Liebesgeschichte tief und lässt den Leser die Daumen für die verbotene Liebe drücken.

“Magico“ mischt verschiedenste Mythen und Märchen zu einem rasanten Fantasyabenteuer, in dem eine magische Hochzeit eine zerstörerische Kraft versiegeln soll. Dazu müssen Shion und Emma diverse Rituale absolvieren, die sie zu den entlegensten Winkeln ihrer Welt führen. Eine spannende Idee, die von Naoki Iwamoto ein wenig zu chaotisch umgesetzt wurde.

Sachbuch

Der bemerkenswerte kenianische Schriftsteller Ngũgĩ wa Thiong’o erzählt in “Im Haus des Hüters“ völlig unprätentiös über die Jahre, in denen er zum politischen Erwachsenen wurde. Er zeichnet den brutalen Weg Kenias in die Unabhängigkeit nach. Es sind fünf Jahre der parallelen politischen und intellektuellen Transformation. Die Autobiografie, die 2012 zu den Finalisten für den „The National Book Critics Circle Award“ gehörte, liefert ein komprimiertes und dabei sehr differenziertes Zeitbild.


Inzwischen sind natürlich bereits die ersten Juli-Besprechungen online gegangen, doch in unserer Rezensions-Übersicht könnt ihr wie immer freien Herzens nach Lust und Laune in eurem Lieblingsgenre stöbern – auf eigene Gefahr, dass die Wunschliste ins Unermessliche wächst.

Wir wünschen euch einen lese- und vor allem sonnenreichen Juli,
herzlichst,
eure Literatopia-Redaktion