Genre: Graphic Novel
Klappentext
Seit 400 Millionen Jahren dürfen sich alle möglichen Arten fröhlich weiterentwickeln. Alle bis auf einen: der Krebs Simplicimus vulgaris, auch genannt »die quadratische Krabbe«. Diese Unterart der Krebstiere bewohnt die Ufer der Gironde-Mündung und ist seit Jahrtausenden mit einem seltsamen Fehler geschlagen: Sie kann niemals die Richtung ändern und ist dazu verdammt, auf ewig in einer Linie zu laufen! Doch an einem ganz normalen Sommertag wie jeder andere, während die Urlauber die Sonne und ihren bezahlten Urlaub genießen, beginnen drei kleine quadratische Krabben plötzlich zu rebellieren – und damit das gesamte Ökosystem zu stören!
Rezension
Die Evolution hat sich mit den Quadratkrabben wohl einen Scherz erlaubt: Die Krebstiere der Art Cancer simplicimus vulgaris können nur auf einer Linie laufen. Es geht immer nur nach rechts oder links und wenn eine Krabbe auf ein Hindernis stößt, kehrt sie einfach wieder um. Doch eines Tages begannen die dürren Krebse zu rebellieren: Sie fanden heraus, dass sie die Richtung wechseln können, indem sie sich gegenseitig Huckepack tragen. Da sie nun mehr Bewegungsfreiheit hatten, gaben sie sich erstmals auch Namen. Und dann geschah das Wunder: das Quadratkrabbenmännchen Sonne hat sich aus eigener Kraft gedreht! Seine Artgenossen sowie zahlreiche andere Meeresbewohner starren geschockt auf die Stelle, wo die Spuren des posierlichen Helden eine Kurve zeichnen. Können die Krabben sich also doch drehen?
Was als kleine Revolution begann, wird nun zum Aufstand: Kaum hat Sonne bewiesen, dass Quadratkrabben aus eigener Kraft die Richtung ändern können, stehen schon Konservative auf dem Plan, die die Geradheit ausrufen. Die Richtung zu wechseln wird zur Sünde erklärt und die einen schließen sich zum Krabbenimperium zusammen. Darin wird der alte Weg gepriesen und neue Denkweisen verdammt. Doch andere wurden von Sonne inspiriert und wollen ihr Leben ändern. Sie gründen eine Widerstandsbewegung. Parallelen zur Menschheit sind offensichtlich, wobei man leicht zur Überinterpretation neigt. Arthur de Pins ist mit "Marsch der Krabben" eine intelligente Gesellschaftskritik gelungen, die vermeintlich Naturgegebenes in Frage stellt und den Leser zum Nachdenken anregt. Auch wenn vieles im Comic überzeichnet ist, entdeckt man immer wieder den eigenen Alltag zwischen den Zeilen: Das menschliche Unvermögen, etwas zu hinterfragen, was schon immer so gemacht wurde. Oder auch die Auflehnung gegen bestehende Gesetzmäßigkeiten. Und nicht zuletzt die Neigung vieler, Veränderungen erst einmal abzulehnen.
Sonne, der Begründer der Revolution, passt sich dabei zunächst wieder dem alten System an. Auf Befehl wechselt er in seine ursprüngliche Bahn und zieht niedergeschlagen weiter ins Meer hinaus. Dort trifft er auf eigenartige Kreaturen, die von der Welt vergessen wurden – und die ihm eine Legende erzählen, in der das Geheimnis um das evolutionäre Handicap der Quadratkrabben gelüftet wird. Arthur de Pins' Idee ist ebenso einfach wie genial und greift eines der Grundprinzipien der Evolution auf. Neben reiner Unterhaltung bekommt man hier spannende Wissensinhalte geboten. Die Geschichte spitzt sich währenddessen zu: Die Revolution fordert erste Opfer. Dabei trifft man auf alte Bekannte von Sonne, die sich überwiegend gegen die propagierte Geradheit stellen. Andere Krebse, die wie bullige Türsteher wirken, versuchen indes den Streit unter den Quadratkrabben auszunutzen. Es geht also heiß her und am Ende erwartet die tapferen Krebstierchen eine Katastrophe. Da kann man den dritten Band kaum noch erwarten.
"Marsch der Krabben" bewahrt sich seine erwachsene Zeichentrickoptik - qualitativ ist kaum ein Unterschied zum ersten Band zu erkennen. Doch bereits da war Arthur de Pins Stil unverkennbar ausgereift und speziell. Gerade deswegen ist er aber auch wirklich Geschmackssache und nicht uneingeschränkt jedem Comicfan zu empfehlen. Er weicht mit seinen satten und oftmals blassen Vektorgraphiken stark vom gängigen amerikanischen oder auch francobelgischen Stil ab und eignet sich daher besonders für Leser, die einer ungewöhnlichen Optik etwas abgewinnen können. Es ist zudem erstaunlich, welch vielseitige Gesichtsausdrücke er seinen kleinen Krabben entlockt und wie gut diese Emotionen transportieren. "Marsch der Krabben" macht einfach auf jeder Seite Spaß. Das stabile Hardcover trägt sein Übriges dazu bei, dass man diesen Comic immer und immer wieder lesen kann – denn auch wenn der Schutzumschlag etwas leidet, so findet sich darunter das gleiche Covermotiv auf Hochglanz.
Fazit
"Das Krabbenimperium" setzt die Revolution der Quadratkrabben konsequent fort: Durch Sonnes Richtungswechsel zweifeln immer mehr der kleinen Krebstiere an ihrem Schicksal. Während die einen sich gegen die bestehende Ordnung erheben, rufen die anderen die Geradheit aus. Ein mitreißender zweiter Band, der äußerst charmant von der Überwindung vermeintlich naturgegebener Schranken erzählt.
Pro & Contra
Wertung:
Rezension zu "Marsch der Krabben - Unter erschwerten Bedingungen" (Band 1)
Rezension zu "Marsch der Krabben - Die Revolution der Krabben" (Band 3)
Rezension zu "Zombillennium - Gretchen" (Band 1)