Johannes Cabal - Das Institut für Angst und Schrecken (Jonathan L. Howard)

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Goldmann (August 2012)
Taschenbuch, 352 Seiten
ISBN 978-3442470358
€ 12,99 [D]

Genre: Fantasy


Klappentext

Ein Totenbeschwörer, ein Kunsthändler, ein Anwalt und ein Leichenbestatter auf der Jagd nach der Angst

Als eines Tages drei seltsame Männer vor seiner Tür stehen, ist der Totenbeschwörer Johannes Cabal mehr als überrascht. Was wollen ein Kunsthändler, ein Anwalt und der Direktor eines Bestattungsinstituts von ihm? Schnell stellt sich heraus, dass das Institut für Schreckensfragen sie mit einem ganz besonderen Anliegen schickt: Cabal soll ihnen helfen, die Angst zu besiegen. Und da er sich für kein Abenteuer zu schade ist, willigt er ein. Doch was ihn dann erwartet, hätte auch er sich niemals vorstellen können.


Rezension

Ganz unerwartet und vollständig unerwünscht stehen eines Tages drei Männer vor Johannes Cabals Tür. Die Gestalten haben das Anliegen die Menschheit von etwas zu befreien, das sie einschränkt und davon abhält, ihr wahres Potential zu entfalten: der Angst. Nicht, dass Cabal besonders erpicht darauf wäre, den Männern zu helfen. Hat er doch seine eigenen Probleme und Anliegen. Zum Beispiel hat er immer noch nicht den Tod besiegt… Allerdings würde das Vorhaben der uneingeladenen Besucher ins Traumland führen. Eine Welt neben der unseren, erbaut aus den Träumen aller Träumenden. Ein Ort abseits der Regeln der Erde, bar jeder Logik. Denn Träume sind unberechenbar und halten sich nicht an Vorschriften. Überall würden Gefahren lauern, Kreaturen und alte Götter, die längst vergessen sind, die aber jeden in einem Wimpernschlag vernichten können. Und wenn das keine Reise wert ist, was dann?

Die beste Nachricht zuerst: Johannes Cabal hat das Sherlock-Holmes-Kostüm an den Nagel gehängt und widmet sich wieder seinem Nekromanten-Dasein. Nach dem ernüchternden zweiten Band, bei dem es sich um einen konventionellen Krimi anstatt um eine Schauermär handelte, kehrt Jonathan L. Howard zu einem skurrilen Abenteuer zurück. Gott sei Dank, kann man da nur sagen. Die geradezu durchgeknallten Ideen kommen am laufenden Band. Bei einem Ort wie dem Traumland, gibt es als Einschränkung nur die Grenzen der Fantasie des Autors und offenbar kennt dieser keine. Cabals Reise ist beschwerlich, abwechslungsreich und voll tödlicher Gefahr. Besonders wenn es um die mörderischen Kreaturen geht, wird klar, dass man im Grunde einen Horror in den Händen hält. Es sind bizarre und ekelerregende Geschöpfe aus den schlimmsten Alpträumen, oder – wenn man es genau nimmt – ihren Ursprung im Cthulhu-Mythos haben. Das von H.P. Lovecraft erdachte Universum muss man nicht kennen, um sich zurechtzufinden, Fans des Horrorautors werden sich aber besonders wohl fühlen. Letztlich ist es der morbide und ungemein trockene Humor, den das Buch versprüht, dass einem der Roman nicht auf den Magen schlägt. Wobei das Ende durchaus nicht spurlos an einem vorbei geht. Für dieses hat sich Howard einen gelungenen Kniff aufgespart.

Johannes Cabal ist und bleibt einer der innovativsten Antihelden seit langem. Man kann ihn nicht wirklich als realistische Figur betrachten, der man im echten Leben über den Weg laufen könnte. Er ist der Inbegriff von Fiktion. Sieht man von der Fähigkeit, Tote zum Leben zu erwecken, mal ab, ist sein ganzer Charakter die Karikatur eines Egozentrikers und Pragmatikers. Seine Handlungen und Dialoge sind irrwitzig. Vermutlich macht das Cabal überhaupt erst so sympathisch, obwohl er doch in die Verbrecher- und Mörderkategorie einzuordnen ist. Am Ende des ersten Bands „Seelenfänger“ erfährt man, warum es ihm so wichtig ist, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen. Auch wenn er wortwörtlich für seine Ziele über Leichen geht, macht es ihn zu einer tragischen und nachvollziehbaren Figur. Etwas blasser hingegen sind in diesem Teil die Nebenfiguren. Seine drei Reisebegleiter sind zwar genauso schrill wie Tim Burton sie gestalten würde, tragen aber nicht besonders viel zum Wohle der Geschichte bei. Sie sagen selten was, und wenn, dann ist es eher aufgeblasen und unsympathisch. Ihre Daseinsberechtigung basiert wohl darauf, dass sich Cabal entsprechend viel aufregen kann, und seine Gerissenheit besser zur Geltung kommt. Man kann also nicht sagen, dass der Autor sie besser weggelassen hätte, aber man schließt sie nicht gerade ins Herz. Die ganz kleinen Nebenrollen, auf die Cabal während der Reise trifft, sind dafür gut gelungen.

Wie in den Vorgängern ist die Sprache nicht gerade leicht zugänglich. Howard lässt nicht seinen Protagonisten erzählen oder eine der anderen Figuren, sondern übernimmt die Rolle als allwissender Erzähler einfach selbst. Wer sollte das dem Schöpfer einer solchen kuriosen Geschichte auch verwehren? Und eben so kurios ist sein Erzählstil. Der gleicht einem Vater, der seinem Kind vorliest, es aber in erste Linie für sich selbst tut, weil er das Geschichtenerzählen liebt. Teils sehr lange und verschachtelte Sätze voller Kommas fordern vom Leser einiges an Konzentration ab. Blocktexte mit zahlreichen Relativ- und Passivkonstellationen erwarten einen, sowie wortwörtliches Geschwafel am Rande. Wer also Formulierungen wie: "Das Ding staunte nicht schlecht, als Cabal den Rapier zwischen seinen Augen herauszog, doch nach einer Weile begriff es, dass man ihm eine klinge in den Schädel gestoßen hatte, und zwar da, wo das Gesicht auf dem Chitinpanzer saß. Diese Erkenntnis war korrekt, und so starb es mit dem Gefühl intellektueller Genugtuung. Kein schlechter Abgang", nichts abgewinnen kann, wird sich vermutlich schwer tun. Abschrecken lassen sollte man sich aber nicht. Wer sich an den sperrigen Erzählstil erst einmal gewöhnt hat, wird mit einem Roman belohnt, der an Kreativität kaum zu überbieten ist.


Fazit

Jonathan L. Howard hat mit „Johannes Cabal – Das Institut für Angst und Schrecken“ den Weg zurück zu seinen Wurzeln gefunden. Irrwitziger und skurriler kann eine Geschichte kaum sein und niemand ist so verschroben wie ihr Protagonist. Horror trifft auf Humor so trocken, wie es nur die Briten können – fantastische Mischung!


Pro und Kontra

+ Johannes Cabal
+ einmaliges Leseerlebnis
+ sehr trockener Humor
+ irrwitzige Ideen
+ kein Detektiv

o sehr gewöhnungsbedürftiger Schreibstil

Beurteilung:alt

Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


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