Hyperdrive - Mantikor erhebt sich (Horus W. Odenthal)

Verlag: Kindle Edition
E-Book: ca. 565 Seiten, € 4,99
Sprache: Deutsch
ASIN: B00CKK0CRO

Genre: Science-Fiction


Klappentext

Die Menschheit hat sich im All ausgebreitet und ist in eine heterogene Vielfalt unterschiedlicher Staaten und Machtblöcke zerfallen. „Hyperdrive“ erzählt die Geschichte einer Reihe von Menschen, deren Schicksale sich im Angesicht des bevorstehenden Krieges miteinander verknüpfen.
Sam B. bezeichnet sich selber als „Krisenmanagerin mit robuster Kompetenz“.
Als sie einen neuen Auftrag annimmt, weiß sie nicht, worauf sie sich einlässt.
Der Mann, den sie aus feindlicher Gefangenschaft befreien und rekrutieren soll, ist ein berüchtigter Aufrührer mit charismatischer Persönlichkeit. Er ist eine lebende Zeitbombe, die leider genau in dem Moment zu explodieren droht, wo sie in Sam B.s Leben tritt


Rezension

Mit erkennbarem Engagement und ausführlicher Detailarbeit hat Horus Odenthal in seiner Hyperdrive - Reihe ein umfangreiches Science-Fiction Szenario entworfen, welches eine Menge Raum und Potenzial für spannende Unterhaltung bietet. Um so bedauerlicher erscheint es, dass bei der Umsetzung derart vieles schiefgegangen ist.

Zu Beginn sieht sich der Leser völlig unvermittelt in eine Handlung mit diversen fremdartigen Bezeichnungen geworfen, die er in keiner Weise durchblickt. An sich nichts Schlechtes, sofern die notwendigen Erklärungen zügig nachgereicht werden. Das ist hier nicht der Fall, vielmehr schleppt sich der Anfang eher zäh dahin, während man auf erste essenzielle Informationen vergeblich wartet. Dafür wird das Aussehen eines Zimmers, ein vollkommen nebensächlicher Schauplatz, der später nie wieder betreten oder auch nur erwähnt wird, in aller Ausführlichkeit beschrieben.
Dieses Phänomen, Unwichtiges oft und gerne ellenlang und bis ins kleinste Detail auszuwalzen, während Wichtiges gar nicht oder nur sehr kurz angesprochen wird, zieht sich durch die gesamte Geschichte und macht es dem Leser extrem schwer, in die Story hineinzufinden und ihr zu folgen. Beinahe unumgänglich sowohl für das globale Verständnis als auch für die zahllosen technischen Begriffe ist deswegen ein Blick in den Anhang und ins Glossar ganz am Ende des Buches. Allerdings ist nicht jeder gewillt, ständig hin- und zurück zu ‚blättern‘, was bei einem E-Book nicht nur ziemlich umständlich ist, sondern extra zulasten des Akkus geht. In der Belletristik sollte zudem ein Roman ohne zusätzlichen Erklärtext problemlos verständlich sein.
Im weiteren Verlauf der Story finden sich dann einige ausführlichere Erklärungen, in denen dem Leser die komplexen Zusammenhänge der dortigen Geschichte, Wirtschaft und Politik nähergebracht werden. Jedoch wurden diese nicht lebendig und in verdaulichen Portionen an den passenden Stellen in den Plot hineinverwoben, sondern als kompaktes Schwergewicht im Lexikon-Stil präsentiert. Diese gelegentliche Informationsflut wirkt eher erschlagend als informativ und liest sich leider staubtrocken.

Ein eigenartiger Mix aus gelungen und missglückt findet sich bei der Art, Dinge, Personen und Örtlichkeiten zu beschreiben. Mit Vorliebe beginnt ein derartiger Satz mit ‚Etwas war‘ - und dann prasselt eine Flut von Adjektiven auf den Leser ein. Auf diese Weise wirken die Sätze, als wären sie mit Eigenschaftswörtern regelrecht gemästet worden, was den Schreibstil unelegant und wenig ausgereift erscheinen lässt. Auch die zweite Hauptaufgabe der Beschreibungen, nämlich Stimmung zu vermitteln, bleibt dabei in weiten Teilen auf der Strecke.
Im Gegenzug nutzt der Autor genauso häufig eine recht ausgefallene Metaphorik, die sich meist passend, originell oder sogar witzig liest:
"... genug um ihre Sinne in der Illusion steriler Überschärfe klirren zu lassen."
Unglücklicherweise hat Odenthal es damit übertrieben und derartige Wendungen zu oft zu sehr verschachtelt und mit zu vielen kunstvollen Schnörkeln versehen verwendet. Dadurch wirkt der Witz gezwungen und die Originalität bekommt den Touch des gewollt auf Anspruch Getrimmten, so als ob der Autor in seine eigenen Satzkreationen verliebt wäre:
"Ein scharfer Spalt, ein Schacht zwischen Augenblicken, durch den eine Sturzflut von Sub-Sinneseindrücken auf sie herabprasselte, wie zerhackt und kondensiert in einem einzigen lichthellen Stoß, der mit mörderischer Gewalt gegen Boden zuckte."
Kein Stilmittel verträgt es, überstrapaziert zu werden, zudem bilden diese beiden Methoden keine harmonische Einheit, vielmehr rücken sie gegenseitig ihre Schwächen deutlich ins Rampenlicht.
Etliche Mankos finden sich auch im Schreibstil, der mit zahllosen Wort- und Ausdrucksdopplern, Wiederholungen bereits bekannter Sachverhalte, Kommafehlern, einer Vorliebe für Lieblingswörter, gelegentlichen Rechtschreibfehlern, Umgangssprache im Erzähltext und grammatikalischen Schnitzern aufwartet. Der Hang zu verschachtelten Bandwurmsätzen in möglichst gestelzter Ausdrucksweise tut ein Übriges, um den Lesefluß zäh und langatmig zu gestalten:
"Sie deutete in die Runde, wo sich die Truppe entweder auf dem zerschlissenen, roten Sofa geräkelt hatte, rittlings auf einem Stuhl saß oder sich an das antike Spielgerät lehnte, das er ‚Flipper‘ nannte."

Eine echte Enttäuschung stellt die Handlung dar, genauer gesagt das Fehlen einer solchen.
Tatsächlich geschieht bis zum großen Showdown gegen Ende nur sehr wenig, beziehungsweise erfährt man irgendeinen Stand der Dinge fast immer nur aus zweiter Hand. Bei unzähligen Zusammenkünften, Essen, Kaffeepausen und sonstigen Konferenzen wird dann besprochen, was gerade wo passiert ist, was man als Nächstes zu tun gedenkt oder was man gerade unternommen hat. Gelegentlich wären derartige Einlagen in Ordnung, als Hauptbestandteil der Geschichte jedoch hinterlässt es das Gefühl, am wirklichen Geschehen vorbei zu lesen. So als ob man nur den schalen Aufguss einer eigentlich hochspannenden Angelegenheit serviert bekäme, was auf die Dauer erheblichen Lesefrust verursacht.
Miterleben, Mitentdecken, Mitfiebern? Das, was in der Unterhaltungsliteratur die Seele einer guten Story ausmacht, ist hier Mangelware.
Beispielsweise die Freundin der Protagonistin, die plötzlich spurlos verschwunden ist. Das wird in zwei Sätzen abgehandelt, sie ist da und da gesehen worden, vermutlich ist ihr das und das passiert. Ende der Begebenheit.
Oder bei einem Treffen in einer Kneipe verfolgt die Heldin eine geheimnisvolle Rebellengruppe hinaus in ein zwielichtiges Viertel, und der Leser freut sich auf endlich ein bisschen Spannung. Leider vergebens, denn umgehend verliert sie die Truppe aus den Augen, gibt auf und ergeht sich stattdessen - zum wiederholten Mal - in tiefschürfendes, gedankliches Wiederkäuen über die Mehrdeutigkeit der örtlichen Sprache und wie schwer hier doch alle zu fassen sein würden. Die aufkeimende Spannung wurde wieder einmal erfolgreich abgewürgt und langsam aber sicher entsteht dabei mehr als nur Frust beim Lesen.
Exzessive Gedankenmonologe sind ein Markenzeichen der Personen, die mit Vorliebe ausgiebigst herumgrübeln und dabei nicht selten bereits bekannte Sachverhalte erneut abhandeln.
Ansonsten bleiben die Charaktere eigenartig farblos, es bilden sich keine markanten Persönlichkeiten heraus und die Nebenfiguren wirken beinahe gegeneinander austauschbar. Auch wenn sie alle gelegentlich mit Kraftausdrücken um sich werfen (kein Problem, das passt), bedienen sie sich größtenteils alle aus demselben Ausdruckspool, was der Individualität auch nicht zugutekommt.
Über Samantha Bergström, die Protagonistin, erfährt man diverse Einzelheiten aus ihrem Leben; welche sich ziemlich belanglos und wenig interessant lesen. Sie wirkt außerdem in ihrem Beruf als Fehlbesetzung und handelt nicht immer logisch. Auf einem Planeten mit Mafia-ähnlichen Gesellschaftsstrukturen wundert sie sich über die rauen Methoden und wird nicht damit fertig, dass es lebensgefährlich sein kann, den örtlichen Bossen gegenüber zu nassforsch aufzutreten. Letzteres stellt ein Schlüsselerlebnis dar, und als Leser wundert man sich schon, was die Frau eigentlich erwartet, warum sie so etwas weder gewohnt ist noch vorausgesehen hat und wie sie es überhaupt so lange in diesem Job erfolgreich ausgehalten hat. Auch die restliche Galaxis scheint schließlich kein Kaffeekränzchen zu sein, bei dem sich alle lieb haben.
Im letzten Viertel nimmt die Sache dann ein wenig Tempo auf und es gibt endlich auch etwas Action, doch die Aufgaben und Probleme lassen sich viel zu einfach lösen. Man marschiert beispielsweise gemütlich in eine hoch gesicherte Datenzentrale, klaut dort diverse Informationen und marschiert genauso unbehelligt wieder hinaus. Überraschende Wendungen passieren so gut wie keine, und dass ein Verräter sein Unwesen treibt, ist genauso vorhersehbar wie dessen Identität.
Zum Schluss bleibt alles offen und driftet auf eine Fortsetzung zu, in der es mit den Abenteuern von Samantha Bergstöm und ihrer Crew wohl weitergehen wird.


Fazit

Ein unglaublich komplex ineinander verschachteltes Weltengefüge, in dem erkennbar viel Arbeit und auch Herzblut steckt, bildet den Rahmen für eine Handlung, die leider kaum unterhaltsam, langatmig und anstrengend zu lesen ist und darüber hinaus sehr viele Schnitzer enthält.


Pro & Kontra

+ ausführlich konzipierte Welten
+ wunderschönes Cover

- kaum Handlung
- schlechte Einführung in das Geschehen
- Erklärungen halten mit dem Plot nicht Schritt
- Glossar zum Verständnis essenziell
- Unwichtiges wird zu sehr ausgewalzt
- unausgereifter, langatmiger Schreibstil
- Längen und Bandwurmsätze
- kaum Spannung
- Wiederholungen bereits bekannter Sachverhalte
- Wort- und Ausdrucksdoppler
- Komma- und Rechtschreibfehler
- Grammatikschnitzer
- Charaktere farblos und nicht immer logisch
- vorhersehbar

Wertung:

Handlung: 1/5
Charaktere: 1,5/5
Lesespaß: 1/5
Preis/Leistung: 2,5/5