2312 (Kim Stanley Robinson)

2312

Heyne Verlag (März 2013)
Taschenbuch
592 Seiten, 14,99 EUR
ISBN: 978-3453314351

Genre: Science-Fiction


Klappentext

Eine Atemberaubende Zukunftsvision

Wir schreiben das Jahr 2312.
Das Jahr, in dem sich die Zukunft der Menschheit entscheidet.


Rezension

Ziemlich genau dreihundert Jahre in der Zukunft: Die Menschheit verstreut sich ins Sonnensystem, unvorstellbare technische Errungenschaften helfen ihr dabei. Selbst der lebensfeindliche Merkur – bei Tage eine Gluthölle und bei Nacht ein Eisschrank – wurde besiedelt. Die phantastische Stadt „Terminator“ (benannt nach der Tag-Nacht-Grenze) umrundet auf Schienen den gesamten Planeten, um stets in jener Dämmerungszone zu bleiben, die eine habitable Umgebung für Menschen darstellt.
Schon früh wird deutlich, mit welcher Liebe zum Detail Robinson seine Zukunftsvision zeichnet. Dabei stehen nicht nur technische Entwicklungen im Mittelpunkt – auch den sozialen Entwicklungen räumt Robinson viel Platz ein.

In dieser außergewöhnlichen Stadt namens Terminator begegnet der Leser der Protagonistin des Romans: Swan. Und auch, wenn sich Robinson viel Mühe gibt, diesen Charakter auszugestalten, so fällt es doch überraschend schwer, ihn zu mögen. Denn trotz ihres recht hohen Alters – die Menschen haben sich mit Eifer auf die Erforschung der Geheimnisse eines langen Lebens sowie Langlebigkeitsbehandlungen gestürzt – und ihrer vielen Erfahrungen, wirkt Swan die meiste Zeit wie ein trotziger Teenager, dessen unberechenbare Launen den Leser schon einige Nerven kosten können.

Als ein schrecklicher Unfall Terminator verwüstet, kommt die Handlung dann langsam in Schwung – schnell ist klar, dass es sich um einen von langer Hand geplanten Anschlag handelt, den Swan untersuchen soll. Und so beginnt ein Krimi, der Swan durch das gesamte Sonnensystem reisen lässt. Eine gute Gelegenheit für den Autor, dem Leser all seine teils wirklich faszinierenden Zukunftsideen zu präsentieren, denn all die verschiedenen Orte im Sonnensystem, an die es die Menschen schon verschlagen hat, halten so manch Interessantes und Spektakuläres bereit. Um dem Leser das Eintauchen in seine Welt zu vereinfachen, präsentiert Robinson zwischen den Kapiteln immer wieder sogenannte „Auszüge“ und „Listen“, in denen er viele Erklärungen gut unterbringen kann, ohne sie in die eigentliche Handlung zu zwängen. So entsteht ein durchdachtes Setting, das problemlos einen Rahmen für die Handlung bietet, ja diese mitunter sogar in den Schatten stellt.

Denn leider muss man sich handlungstechnisch auf die eine oder andere Länge einstellen; selten geht es geradlinig voran. Vielmehr mäandert die Handlung durch Nebensächlichkeiten, sodass man als Leser schon mal den Überblick über das Große Ganze verlieren kann und sich zwischendurch fragen muss, worum es in „2312“ eigentlich gehen soll. Die gute Grundidee hätte ruhig ein bisschen mehr im Vordergrund stehen dürfen. Stattdessen stürzt sich Robinson mit Leidenschaft in die Beschreibung seiner Zukunftsfantasien, was zu weiten Teilen auch sinnvoll ist. Wenn er jedoch anfängt, in den Absurditäten der extrem weiterentwickelten menschlichen Sexualität zu schwelgen – was leider im Laufe des Buches recht häufig geschieht - sehnt man sich doch allzu bald das Ende dieser Ausschmückungen herbei, die von einer mehr als blumigen Fantasie des Autors zeugen. Denn auch, wenn sich diese im weitesten Sinne „sozialen“ Aspekte seiner Zukunftsvision die Waage mit den technischen Aspekten halten, so ist diese Ausgewogenheit zwar irgendwo auch angenehm, andererseits aber auch recht anstrengend.


Fazit

Eine Space-Opera-Odyssee, deren ausgewogene Zukunftsvisionen leider mit abstrusen Sexfantasien überfrachtet sind. Das Setting glänzt hier eindeutig stärker, als die eigentliche Handlung – auch, wenn diese von der Grundidee her spannend und durchdacht ist.


Pro & Kontra

+ gutes Setting / Weltkonzept
+ spannende und interessante Grundidee

- nervige Charaktere
- verliert sich in Nebensächlichkeiten

Wertung: alt

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3,5/5

Tags: Space Opera, Kim Stanley Robinson