Blutige Pilgerfahrt (Cay Rademacher)

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Verlag: Piper (Mai 2012)
Gebundene Ausgabe, 384 Seiten, 22,99 Euro
ISBN-13: 978-3492054331

Genre: Historik, Sachbuch


Klappentext

Mit Kreuz und Schwert gegen die Ungläubigen.

Mit dem Ersten Kreuzzug (1096 – 1099) beginnt jener Machtkampf zwischen West und Ost, Christen und Muslimen, der bis heute schwelt. Doch warum nahmen zehntausende Eroberer das Kreuz, um ins Heilige Land zu ziehen? Worum ging es den christlichen Rittern wirklich? In einem großen, fesselnden Geschichtsepos erzählt der Historiker und Journalist Cay Rademacher, was damals geschah – und wie die "blutige Pilgerfahrt" die Welt nachhaltig veränderte.

"Cay Rademacher schreibt fast literarisch. Doch in jedem Satz spürt man sein enormes Wissen."
Deutsche Welle


Rezension

Neben Fantasyromanen, Thrillern und Krimis tut man gut daran sich ab und an ein Sachbuch vorzunehmen. Wo fängt man da an und was wäre spannend genug, sodass man es auch wirklich zu Ende liest? Genau hier bekommt Cay Rademachers Blutige Pilgerfahrt ihren Auftritt. Da Rademacher selbst auch als Autor zahlreicher, u.a. eben auch historischer Romane, gilt, scheint Blutige Pilgerfahrt ein recht guter Fang zu sein. Inhalt und Wendungen sollten keine großen Überraschungen mehr beinhalten, da im Prinzip durch historische Berichte das meiste bekannt sein dürfte; lediglich der Erzählstil und die Korrektheit des Inhalts sind im Fokus des Interesses. In aller Kürze: Ritter, Bischöfe, Adelige und Bauern sind in den Jahren 1095 bis 1099 unterwegs ins Heilige Land. Die Reise ist lang und beschwerlich und doch geprägt von Abenteuern und Rückschlägen. Das Ziel: Jerusalem soll wieder zu einer Hochburg des Christentums werden und den Islam weitestgehend in seine Schranken weisen. Ausgelöst durch die Eroberungszüge unter dem Banner des Dschihad, greift das Christentum im Namen seines Gottes und Stellvertreter auf Erden, Papst Urban II, zu den Waffen. Frieden und Macht sollen wieder in den Händen von Kaiser und Gott liegen. Zwei Parteien, die ihren Gott für den Einzigen halten, prasseln aufeinander. Es kommt, wie es kommen muss: Blut, Tod, Verwesung und mehr Verluste als eingeplant.

Nicht nur Kenner von Geschichte und Religion sollen angesprochen werden, sondern jeder, der sich dazu bereit erklärt, auch etwas zu lesen, dass nicht der Fantasie entspringt. Kann man sich mit Sachbüchern nicht anfreunden, so ist das an sich kein Problem, da der Erzählstil dem eines normalen Romans ähnelt. Man gewinnt zunehmend den Eindruck, dass Rademacher nicht nur historisch informieren, sondern im Verlauf keine gähnende Langeweile aufkommen lassen will.
Formierung von Heeren und die Besetzung von Burgen wird enthusiastisch und mit viel Liebe zum Detail erörtert. Wie heute gab es auch damals schon Fanatiker par excellence. Es gab die, die reich an Speis und Trank waren und eben diejenigen die jeden Brotkrümmel aus Sand und Stein aufklauben mussten. Das Gelobte Land, umkämpft wie kaum ein anderes, schließlich überrannt von den Truppen des Gottfried von Bouillon mit der Folge einer einseitigen Schlacht, in der unzählige Juden und Muslime ihr Leben ließen.

Der Erzählstil lässt Vieles zu, u.a. eben auch geschickte Implikationen politischer Korruption und Machenschaften. Sehr lange Zeit bekämpften Papst und Kaiser sich um die höchste Krone des Christentums und das, was sie letztendlich versöhnte, war das Projekt: Eroberung Jerusalems und Tod allen, die sich dem in den Weg stellen. Mit viel (Mit-) Gefühl werden Menschen, normale Arbeiter mit ihren Familien, in das Geschehen mit einbezogen, denn sie erhofften sich Gottes Unterstützung durch die Teilnahme an einem vermeindlich heiligen Kreuzzug. Aber nicht nur die christlichen Strukturen werden von Rademacher erwähnt. Er gibt dem Leser einen Einblick in die Welt der Juden und Muslime und wie es dazu kam, dass beide Ethnien bzw. Glaubensrichtungen lange Zeit zu einem (gefürchteten) Feindbild wurden. Der Kreuzzung wird immer als ein Kampf zwischen Christen gegen Muslimen bezeichnet, dass aber nicht nur die christliche Welt, sondern eben auch die muslimische an innerpolitischen Konflikten litt, wird oft ausgelassen.

Für ein Sachbuch wird der Leser außerordentlich gut unterhalten. Dies soll nicht bedeuten, dass die historischen Schilderungen, die sehr packend und lebensnah dargestellt werden, falsch sind. Doch sind sie trotzdem ab und zu etwas ungenau und so manches Mal schleichen sich lose Behauptungen ein, die durch fehlende Referenzen wie Fremdkörper wirken. An einigen Passagen wird es sogar schwer, herauszufinden, was nun Recherche, historischer Bericht oder die Meinung des Autors widerspiegelt. Sehr schön wird das Buch durch die vielen, mittelalterlichen Illustrationen, doch leider wären einige historische Karten mehr wünschenswert gewesen, sodass Bewegungen und strategische Züge hätten nachvollziehbarer werden können.  Ab und an erlaubt sich Rademacher einen Fehler, wie beispielsweise die Erwähnung des Deutschen, anstatt des Heiligen Römischen Reiches. Als Einstieg in die komplexe und facettenreiche Thematik der Kreuzzüge erscheint dieses Werk als sehr geeignet zu sein, wenngleich im Preis auch etwas zu hoch gegriffen. Es werden viele Details anschaulich geliefert, aber nicht zu viele. Viel Wert wird auf die Darstellungen von Schlachten und strategischen Zügen gesetzt. Hier werden sich die Geister scheiden, da man sich entscheiden muss, ob dies an Hintergrund reicht oder doch vielleicht zu wenig ist.


Fazit

Für Sachbuch- und Geschichtsinteressierte ein sich wirklich lohnendes Werk. Der Kauf entscheidet sich dadurch, ob man für ein gesundes, aber hohes Mittelmaß die knapp 23 Euro bezahlen möchte. Für den Einstieg trotzdem empfehlenswert, allein wegen der Sachbuch-untypischen Erzählweise.


Pro/ Contra

+ kompakt
+ informativ
+ Schreibstil

0 solide Grundlage

- zu wenig Karten, die mehr veranschaulichen
- Hintergrundinformationen oft nicht trennbar von den Behauptungen des Autors
- Fokus zu sehr auf Hergang und Vorkomnisse in den Schlachten

Bewertung:
alt

Handlung: 3/5
Charaktere: 2,5/5
Lesespaß: 3/5
Preis/ Leistunge: 1,5/5