Egmont Lyx (September 2013)
Hardcover mit Schutzumschlag
512 Seiten, 19,99 EUR
ISBN: 978-3-8025-8639-2
Genre: Dystopie
Klappentext
Der letzte Kampf um die Freiheit beginnt
Carya und Jonan sind vom Hof des Mondkaisers geflohen, im Gepäck ein paar unangenehme Wahrheiten. Gemeinsam machen sie sich auf eine gefahrvolle Reise, um das Rätsel um Caryas Vergangenheit endgültig zu lüften. Ihr Weg führt sie direkt in die Schwarze Zone, aus der es Erzählungen nach keine Wiederkehr gibt. Was Carya dort entdeckt, übertrifft ihre schlimmsten Befürchtungen. Sie muss alles daran setzen, um die Menschen vor einer Zukunft ohne jede Hoffnung zu bewahren.
Rezension
Nach ihrer spektakulären Flucht aus Arcadion und dem Intrigenspiel am Hof des Mondkaisers sind Carya, Jonan und Pilit den Antworten, die sie suchen, so nah wie noch nie. Mit einem Konvoi von Lastwagen, die mangels Treibstoff von Pferden gezogen werden, reisen sie in Richtung Schwarze Zone, wo Caryas Erschaffer leben sollen. Nach einem Überfall sind die drei wieder auf sich allein gestellt und haben zu allem Übel ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Zudem verdichten sich die Anzeichen, dass der Mondkaiser tatsächlich ein Bündnis mit Arcadion geschlossen hat, um den Ketzerkönig von Austrogermania anzugreifen. Um nicht von arcadischen Truppen aufgegriffen zu werden, müssen Carya, Jonan und Pitlit zusätzliche Strapazen auf sich nehmen. Und als sie ihr Ziel fast erreicht haben, kommt es erneut zur Katastrophe …
Nach einem verdächtig ruhigen Einstieg in „Das geraubte Paradies“ müssen die Protagonisten wieder einmal ganz schön einstecken. Die Reise ist ohnehin beschwerlich, doch nach dem Überfall steht die Heldengruppe wieder einmal fast bei Null und muss um ihr Überleben bangen. Doch auch dieses Mal erhalten sie unerwartete Hilfe in einer Welt, in der die meisten zu wenig haben und viele bereit sind, für Habseligkeiten und Nahrung über Leichen zu gehen. Doch es gibt auch Menschen, die sich Moral und Anstand bewahrt haben und bereit sind, einer kleinen Gruppe verwahrloster und nicht ganz ungefährlicher Wanderer – denn so sehen unsere Helden aus – zu helfen. Die Gruppe bekommt zudem Zuwachs in Form eines stummen Mädchens, das Pitlit sofort als jüngere Schwester akzeptiert. Schließlich kann er vor ihr mächtig angeben. Doch die Kleine hat es ebenfalls faustdick hinter den Ohren und entpuppt sich als echte Überlebenskünstlerin. Carya und Jonan wurden von der harten Reise zurechtgeschliffen. Ihr Unrechtsbewusstsein treibt sie weiterhin an, doch nun verfügen sie auch über die innere Festigkeit, um bedingungslos für ihre hohen Ziele einzustehen.
Die Reise führt die Protagonisten schließlich in die Alpen, die sich ihren idyllischen Charme auch nach dem Sternenfall bewahrt haben. Unberührte Natur, saftiges Grün, majestätische Berge. Ein richtiges Paradies, in das sich die zerfallenden und geplünderten Dörfer geradezu dekorativ einfügen. Inmitten dieser Bergwelt verbirgt sich die sogenannte Erdenwacht, die bereits in das Intrigenspiel am Hof des Mondkaisers verwickelt war. Beachtet man den Titel „Das geraubte Paradies“ samt Cover, kann man sich in etwa ausmalen, was die Erdenwacht ist und wie ihr Refugium aussieht. Was man dort erlebt, ist dennoch unfassbar. Carya, Jonan und Pitlit sind zudem zwischen die Fronten eines Krieges geraten, der das Antlitz Europas komplett verändern könnte. Die Beschreibungen der Kriegshandlungen sind recht explizit und für ein Jugendbuch fast zu grausam, wobei die Kriegs-Realität eben genauso aussieht. Aufgelockert wird die dramatische Geschichte mit leicht schwarz gefärbtem Humor, den man vor allem bei Pitlit bemerkt.
„Das geraubte Paradies“ hält bis zum Schluss Überraschungen parat, die die Spannung stetig steigen lassen, bis man es am Ende kaum noch erträgt. Auch in den letzten Kapiteln geht noch einiges schief - doch so viel Pech die Protagonisten haben, so viel Glück haben sie oftmals auch. Dabei mischen auch Nebencharaktere, die man aus den Vorgängerbänden kennt, wieder mit. Es scheint, als hätte Bernd Perplies niemanden vergessen, wobei die Geschichte dadurch recht konstruiert wirkt. Jedes Zahnrädchen greift ineinander und so überraschend manche Wendungen sind, so klar haben sie sich im Nachhinein abgezeichnet. Es scheint, als wären manche Figuren nur eingeführt worden, um am Ende genau das zu tun, was sie eben tun. Gleichzeitig merkt man daran, wie gut durchdacht diese Trilogie ist und so nimmt man das große „Familientreffen“ mit einem Schmunzeln hin – denn immerhin geht es durch die verschiedenen Zusammentreffen richtig rund.
Die Trilogie gipfelt in einem actiongeladenen Finale, das den Leser nochmals richtig beutelt. Obwohl verschiedenste Charaktere beteiligt sind und teilweise ziemliches Chaos herrscht, verliert man niemals den Überblick. Der Schreibstil liest sich schnörkellos und schnell, sodass das Kopfkino ohne Ruckeln abläuft. „Das geraubte Paradies“ kann man, wie seine Vorgänger, an einem einzigen Tag (oder in einer Nacht) verschlingen. Wenn man die letzte Seite gelesen hat, wird man zufrieden sein und sich über eine traumhaft gestaltete Trilogie im Bücherregal freuen. Insgesamt eine gelungene Trilogie, deren dystopische Welt sich an den Fehlern der Vergangenheit orientiert und in jedem Band ein ganz neues Setting bietet.
Fazit
„Das geraubte Paradies“ ist der krönende Abschluss einer Trilogie, die durch ihre komplexe Welt aus der Masse der Dystopien heraussticht. Alle drei Bände bieten jeweils ein gänzlich neues Setting und Bernd Perplies gelingt es, alle Handlungsfäden zu einem hochspannenden und zufriedenstellenden Finale zu verweben. Kurz gesagt: herrlich atmosphärisches, hochdramatisches und mit Humor aufgelockertes Kopfkino.
Pro & Contra
+ neues, atmosphärisches Setting
+ komplexer Weltentwurf
+ supersympathische Protagonisten
+ actiongeladenes, spannendes Finale
+ politische Verwicklungen
+ Wiedersehen mit liebgewonnenen Nebencharakteren
+ wunderschöne Gestaltung
o sehr brutale Kriegshandlungen
- wirkt insgesamt zu konstruiert
Wertung:
Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5
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