Sonnensturm (Yuiji Aniya)

sonnensturm

Egmont Manga (Oktober 2013)
Originaltitel: Tempest
Taschenbuch, 160 Seiten, 6,50 EUR
ISBN:  978-3770481514

Genre: Science Fiction / Romance


Klappentext

Wir schreiben das 40. Jahrhundert. Fast 2000 Jahre zuvor hat ein Sonnensturm die Y-Chromosomen vernichtet und alle Männer aussterben lassen. Die Frauen haben eine neue, nahezu paradiesische Welt aufgebaut. Doch das fehlende SRY-Gen wird zum Problem: Die Frauen sterben viel zu früh …

Mitten in diese utopische Welt wird Hime geboren. Für ihre beste Freundin Kou ist schon früh klar: Hime wird ihre Kinder zur Welt bringen. Aber Hime hat ein Geheimnis. Sie ist ein Mann – der einzige womöglich. Wie soll sie das Kou erklären …


Rezension

Hime und Kou leben in einer fast perfekten Welt: Seit die Männer vor etwa 2000 Jahren ausgestorben sind, haben sich die Frauen ein friedliches Paradies aufgebaut. Menschen werden nun im Labor mittels Eizellenverschmelzung gezeugt und junge Mädchen leben ganz selbstverständlich mit einer Mama und einer Mutter. Für Kou steht bereits in der Schulzeit fest: Hime soll ihre Kinder austragen. Doch Himes Körper ist anders, denn sie ist ein Mann. Damit kann sie natürlich keine Kinder bekommen. Ihre Mütter lieben sie, wie sie ist, doch Kou verkraftet die Offenbarung, dass Hime ein Mann ist, nicht. Ihre Wege trennen sich und während Kou einen tiefen Hass auf Männer empfindet, schämt sich Hime für ihren männlichen Körper und versteckt sich …

Die Welt von „Sonnensturm“ ist nur auf den ersten Blick utopisch: Zwar herrscht Frieden, doch die Frauen zahlen einen hohen Preis. Sobald sie volljährig sind, sind sie dazu verpflichtet, Kinder zu bekommen. Zudem gibt es Differenzen zwischen den Rationalisten, die ihre Partnerinnen nach der Qualität ihrer Gene aussuchen, und den Befürwortern von Gefühlspaarungen.  Am schlimmsten ist jedoch, dass die Frauen immer früher sterben. Noch vertuscht die Regierung diesen Umstand, doch immer mehr junge Mädchen verlieren ihre Mütter viel zu früh. Wissenschaftlerinnen führen die frühe Sterblichkeit auf das Fehlen des SRY-Gens zurück – sie brauchen also wieder Männer!

Kou ist eine lebhafte und selbstbewusste junge Frau, die von vielen Mädchen begehrt wird. Dabei hat sich Kou längst für ihre beste Freundin Hime entschieden, die sie ebenfalls liebt, aber dennoch alle Annäherungsversuche abweist. Denn Hime ist ein Mann und schämt sich schrecklich dafür. Ihre Mütter sprechen Hime Mut zu und als sie bei einem Schulball endlich den Mut findet, Kou die Wahrheit zu sagen, bricht für die starke Freundin die Welt zusammen. Kou läuft weg und flüchtet sich in eine Karriere als Wissenschaftlerin. Man kann zwar verstehen, dass es ein Schock für Kou ist, zu erfahren, dass ihre beste Freundin ein Mann ist, doch ihre Reaktion fällt ziemlich krass aus. Auf den ersten Seiten wirkt es, als könnte nichts die Liebe zu Hime erschüttern, doch dann wendet Kou sich plötzlich vollkommen ab. Mehr noch – sie entwickelt einen rasenden Hass auf Männer.

 Hime dagegen verhält sich wie ein weinerliches Mädchen und verkriecht sich voller Scham in ihrem Schneckenhaus. Spätesten als klar wird, dass die Menschheit dringend Männer zum Überleben braucht, müsste Kou über ihren Schatten springen und Kontakt zu Hime aufnehmen – schließlich ist diese ein Mann! Doch auf diese Idee kommt Kou nicht. Stattdessen sucht sie mit ihrem Wissenschaftlerteam nach eingefrorenen Spermien aus der Zeit, als es noch Männer gab. Nach einem emotionalen Einstieg konzentriert sich die Geschichte auf diese Suche und die Kous Arbeit im Labor. Von Hime bekommt man nur noch wenig mit.

Die interessante Grundidee wird von Logiklöchern kaputt gemacht. Kous Handlungen sind schwer nachzuvollziehen und offensichtliche Lösungen werden nicht berücksichtigt. Dass ein einzelnes Chromosom von einem Sonnensturm zerstört wird, wirkt an den Haaren herbeigezogen und auch die folgenden biologischen Erklärungen sind schlecht durchdacht. Dabei ist das Setting durchaus spannend, ebenso wie die angedeuteten Konflikte, beispielsweise zwischen den Rationalisten und den Gefühlsanhängern. Zudem scheinen viele Männer zu hassen, obwohl sie sie nur aus der Geschichte kennen.

Der Zeichenstil besitzt durchaus Wiedererkennungswert, ist aber nicht unbedingt „schön“. Yuiji Aniya hat ihren eigenen Stil, der recht gut zum futuristischen Setting passt, allerdings wirkt die Mimik der Charaktere oftmals zu extrem. So kommt es, dass die Protagonisten oftmals verärgert aussehen, auch wenn sie es gerade nicht sind, oder bei Freude und Traurigkeit lächerlich wirken. Die Hintergründe sind dagegen meist gut ausgestaltet.


Fazit

Der Auftaktband zu „Sonnensturm“ zeigt Potential, verschenkt jedoch viel davon durch Logikschwächen und missglückte Gesichtsausdrücke, die die Stimmung zerstören. Die Idee einer zukünftigen Welt, in der Hime als vermutlich einziger Mann in einer reinen Frauengesellschaft lebt, ist durchaus spannend und bietet reichlich Konflikte, die neugierig auf weitere Bände machen. Es bleibt zu hoffen, dass sich Yuiji Aniya mehr auf ihre Protagonisten und deren Glaubwürdigkeit konzentriert.


Pro & Contra

+ spannender Gesellschaftsentwurf
+ hohes Konfliktpotential
+ Zeichenstil mit Wiedererkennungswert

- Mimik oftmals unpassend
- Handlungen der Protagonisten teils schwer nachzuvollziehen
- haarsträubende, biologische Erklärungen

Wertung:

Handlung: 2,5/5
Charaktere: 3/5
Zeichnungen: 3/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


Rezension zu "Sonnensturm" (Band 2)