Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (Sven Hannawald mit Ulrich Pramann)

hannawald

Verlag Zabert Sandmann, September 2013
Hardcover, 216 Seiten, € 19,95
ISBN 978-3898833875

Genre: Biographie, Sonstiges


Klappentext

Immer mehr Spitzensportler halten dem extremen Erwartungsdruck kaum mehr stand. Sven Hannawald, der 2001/2002 als bisher einziger Skispringer alle vier Wettkämpfe der Vierschanzentournee gewann, musste seine Karriere aufgeben, weil er am Burn-out Syndrom erkrankte. Wie kam es dazu? Wie erlebte er, ein typisches Kind des perfekt durchorganisierten Sportsystems der DDR, seinen Alltag? Was macht Skispringen so unglaublich fordern? In diesem sehr persönlichen Buch liefert Sven Hannawald spannende Einsichten in das Innenleben eines Athleten, der sich den gnadenlosen Mechanismen seiner Sportart ausliefert, um erfolgreich zu sein. Und er erzählt, wie er sich und seine Balance wiederfindet - und seinen Weg zurück ins Leben.


Die Autoren

Sven Hannawald wurde 1974 in Erlabrunn / Erzgebirge geboren. Als 12-Jähriger wechselte er auf die Kinder- und Jugendsportschule (KJS) in Klingenthal, wurde DDR Schülermeister und zog nach der Wende (mit 16 Jahren) in den Schwarzwald. Im Jahr 2000 wurde er Skiflug Weltmeister und 2001/2002 zur Legende, als er die Vierschanzentournee mit Siegen in allen vier Wettbewerben gewann, was vorher und später keiner mehr geschafft hat. Hannawald gewann insgesamt 18 Weltcup Springen und wurde 2002 Olympiasieger. 2004 beendete er seine Karriere. Aktuell ist er Autorennfahrer. Sven Hannawald lebt in München.

Ulrich Pramann wurde 1950 in Sieber/Harz geboren und ist Absolvent der Deutschen Journalistenschule in München. Als Journalist und Autor beschäftigt er sich seit über 35 Jahren mit den Themen Fitness, Gesundheit und Karriere. Er war Redakteur (stern), Reporter (Welt am Sonntag, Playboy), Moderator (DSF), von 1995 bis 2001 Chefredakteur und Herausgeber von Fit for Fun und ist Gründer, Chefredakteur und Herausgeber des Magazins NATURE FITNESS. Er hat 30 Bücher geschrieben. Ulrich Pramann lebt in Aitrang/Allgäu.


Rezension

Ein besonderes Talent haben und dann darin auch noch Erfolg zu haben - jeder Sportler wähnt sich doch schon hier bei der Erfüllung seiner Träume. Aber was bringt der Erfolg noch neben Ruhm und Ehre? Viel Druck, denn es wird ja gleichbleibende Ergebnisse erwartet. Die Presse, die jemand auf den höchsten Olymp loben kann, ist genauso in der Lage, Versagen zu sezieren, genüsslich auszuschlachten und dem Menschen immer wieder verbale Tiefschläge zu verpassen. Nicht jeder kann damit umgehen, die Öffentlichkeit aus seinen Gedanken zu verbannen und keiner ist in der Lage, ständig auf dem Gipfel des Erfolges zu surfen. Auch Sportler sind nur Menschen, die irgendwann ihre Leistungsfähigkeit erreicht haben und von Jüngeren gnadenlos überholt und aufs Abstellgleis gestellt werden. Diejenigen, die dem Druck nicht mehr standhalten können, fallen in ein Loch, Erfolge bleiben aus. So erging es auch Sven Hannawald, einer der erfolgreichsten deutschen Skispringer. Bis hin zur Diagnose Burn-out war es ein langer Weg - und mit dieser Biographie versucht er, ihn aufzuzeigen und ihn noch einmal zu gehen, um nie wieder zu vergessen, wo seine wahren Stärken liegen.

Genau so sollte eine Biographie von der Aufmachung her sein. Schöne kurze Abschnitte, viele Bilder, hochwertige Papierqualität und immer wieder aufgelockert durch Kurzinterviews mit Hannawalds Bezugspersonen. Seine Trainer kommen genauso zu Wort wie seine Eltern, kurze Kapitel über die Geschichte des Skispringens sind hochinteressant, genauso wie die Blicke in das Innenleben des Springers. Manches wird bestimmt beschönigt, Sven Hannawald war bestimmt ein ehrgeiziger Sportler, aber war er wirklich immer so brav, wie er uns das in seiner Biographie glauben machen will? Gelang dem Kind des Regimes, plötzlich hineinkatapultiert in den Konsumtempel der Bundesrepublik, wirklich ein so reibungsloses Anpassen an die neuen Verlockungen? Seine Erfolge bewiesen es, aber so mancher hätte sich bestimmt Exkursionen in die aufregende Welt eines Stars gewünscht. Erst im letzten Abschnitt erfährt man mehr so nebenbei, dass Hannawald auch einen Sohn hat, leider fehlen komplett diese privaten Eindrücke, die doch auch mit Sicherheit sein Leben geprägt und gewandelt haben. Privates bleibt bei ihm Privat - Einblicke gewährt er den Leser nur zu seinen Erfolgen, seinem harten Training und seinem Absturz.

Viele Weggefährten kommen zu Wort, Hannawald hat sich auf den Weg gemacht, sie alle zu treffen. Seine einstigen Trainer sind gerne bereit, Vergangenes wieder aufzuwärmen, ihre Einschätzungen haben oft ins Schwarze getroffen. Interessant ist auch die Geschichte des Skispringens, auf die intensiv eingegangen wird. Skispringen oder Skifliegen, die Übergänge sind zwar fließend, doch trotzdem andere Vorgänge. Wieviel Überwindung kostet es, den Schanzentisch loszulassen und sich in die Tiefe zu stürzen. Welche Faktoren spielen dabei die Kleidung, die Skier und vor allem das Gewicht des Springers. Die Erklärungen für seinen größten Erfolg und den darauf folgenden Absturz sind realistisch und verständlich - auch Sportler sind nur Menschen, keine Götter oder Überflieger. Und Menschen kommen hier zu Wort, Menschen, die an Anforderungen gescheitert sind, die fast übermächtig wurden. Menschen, die einfach nur ihr Bestes gegeben haben, was aber irgendwann nicht mehr ausreichte.


Fazit

Sven Hannawald legt mit Hilfe von Ulrich Pramann in Mein Höhenflug, Mein Absturz, meine Landung im Leben eine schonungslose Beichte über seine Krankheit ab. Eine eindrucksvolle Biographie, aufgelockert durch viele Bilder und Interviews, genauso wie durch die interessante Geschichte des Skispringens. Hochwertiges Papier erzeugt ein edles Gefühl beim Blättern, man merkt, dass man etwas Besonderes in Händen hält.


Pro und Contra

+ fesselnder Stil
+ viele Fotos
+ ständige Einwürfe von Weggefährten
+ Wissenswertes über Skispringen
+ schonungslose Beichte, wie es zum Burn-out kam

- Privates bleibt immer noch zu privat
- wichtige Meilensteine fehlen
- war er als junger Sportler wirklich so brav?

Wertung sterne4

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5