Verlag Arena, August 2013
Hardcover, 411 Seiten, € 16,99
ISBN 978-3401067537
Genre: Krimi, Jugendroman
Klappentext
Der Wald ist Jolas Refugium. Hier kennt sie jeden Winkel, jeden Baum, jedes Tier. Hier ist sie weit weg von ihrer überängstlichen Mutter, der erdrückenden Enge in ihrem Heimatdorf und ihrem besitzergreifenden Freund. doch seit einiger Zeit fühlt Jola sich beobachtet. Irgendjemand treibt im Wald sein Unwesen, folgt ihr und macht ihr Angst. Als sie auf den mysteriösen Olek trifft, der sie auf seltsame Weise fasziniert, scheint das Rätsel gelöst. Erst nach und nach offenbart der Wald seine dunklen Geheimnisse. Und Jola wird eingeholt von einem furchtbaren Verbrechen, das sie seit fünf Jahren zu vergessen sucht.
Die Autorin
Antje Babendererde, geboren 1963, wuchs in Thüringen auf und arbeitete nach dem Abi als Hortnerin, Arbeitstherapeutin und Töpferin, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Viele Jahre lang galt ihr besonderes Interesse der Kultur, Geschichte und heutigen Situation der Indianer. Ihre einfühlsamen Romane zu diesem Thema für Erwachsene wie für Jugendliche fußen auf intensiven Recherchen während ihrer USA-Reisen und werden von der Kritik hoch gelobt. Mit dem Roman Isegrim kehrt die Autorin erstmals zu ihren Thüringer Wurzeln zurück.
Rezension
Ihr Zuhause ist der Wald, mit all seinen Bewohnern. Jola ist lieber dort, anstatt Zeit mit ihrem Freund Kai zu verbringen. Dort kennt sie jeden Stein und fast jedes Tier - bis ihr eines Tages eine Wölfin mit Jungen begegnet. Jola ist klar, dass sie hier ein Problem bekommt. So sehr sie auch von der Wölfin fasziniert ist, die Dorfbewohner werden es keineswegs sein. Obwohl die Wölfe geschützt sind, wildern sie doch gerne bei den Nutztieren, Schafe mögen sie ziemlich gerne. Und davon gibt es eine Menge in Jolas Heimatdorf. Eigentlich gut, dass ihr Vater der Förster ist. So gut aber nun wieder doch nicht, da Jola befürchtet, er könnte die Wölfin vertreiben oder schlimmer noch, ihr etwas antun. Sie kann es ihm also auf keinen Fall sagen, also setzt sie sich ständig über Grenzen hinweg, um der Wölfin auf der Spur zu bleiben.
Unterstützt wird sie dabei von Olek, der plötzlich auftaucht, kaum Deutsch spricht und anscheinend in den Wäldern lebt. Von ihm ist sie völlig fasziniert - mehr noch als von ihrem Freund Kai.
Durch ein Geschichtsreferat mit ihrer Freundin löst Jola im Dorf eine mittlere Katastrophe aus. Sie interviewt eine älter Einwohnerin, die zur Zeit des zweiten Weltkrieges mit einem polnischen Zwangsarbeiter befreundet war. Doch seit einer Straftat, die man ihm in die Schuhe schieben wollte, ist er verschwunden und sie hat nie wieder darüber gesprochen. Bei Jola vergisst sie ihre Vorbehalte und bringt lang Vergessenes wieder ans Tageslicht, was sich auch im Dorf schnell herumspricht. Einige, die damals mit dabei waren, sind nicht begeistert von der Tatsache und lassen es Jola bitter spüren. Zusätzlich hängt ihr immer noch das Verschwinden ihrer besten Freundin nach, die eines Tages aus ihrer Gartenpforte spazierte und niemals wiederkam. Jola ist von ihrem Tod überzeugt - aber wer war der Täter? Es gab einige Dorfbewohner, die verdächtigt wurden und einige davon benehmen sich heute noch merkwürdig. Ihre Vorbehalte und ihr Unbehagen gegen sie hat Jola nie vergessen.
Es ist schon ein ganzes Päckchen, was Jola zu tragen hat. Die Probleme der ersten Liebe, sie fühlt sich einfach unwohl mit Kai. Auch mit ihrer Freundin und den anderen aus der Schule findet sie einfach nicht mehr die gleiche Wellenlänge, am liebsten würde sie nur noch in den Wald flüchten und allen Problemen aus dem Weg gehen. Mit einer Mutter, die seit dem Verschwinden ihrer besten Freundin aber Probleme mit der Außenwelt hat, ist das Davonlaufen gar nicht so einfach. Jolas Verpflichtungen nehmen einen großen Teil ihrer freien Zeit in Anspruch, auch sieht ihr Vater, obwohl er der Förster ist, es nicht so gerne, dass sie dort alleine herumstromert. Jola wirkt anfangs sehr zickig, ein typischer Teenager, der einfach nicht in Worte fassen kann, was ihn stört. Ihre Handlungen sind nicht immer nachvollziehbar, besonders ihre Anziehungskraft auf Olek ist doch anfangs schwer verständlich. Der Autorin gelingt es wunderbar, die zwiespältigen Gefühle der Teenager Jola, Kai und Olek einzufangen und zu beschreiben, so dass sich auch Erwachsene damit auseinander setzen können. Kai ist ein fordernder Charakter, er versteht nicht, warum sich Jola auf einmal von ihm wegdreht, für ihn war ihre Beziehung bisher in Ordnung. Die Ereignisse, die dann passieren, überrollen alle und zeigen ihnen ihre Schranken, die Charaktere wandeln sich, wie es sich für Teenager gehört. Olek ist der geheimnisvolle, merkwürdige Charakter, ihn umgibt ein Hauch von Mystik, seine Rolle offenbart sich erst zum Schluss.
Der zweite Weltkrieg ist immer noch ein großes Thema im Schulunterricht, kein Schüler kommt an ihm vorbei. Durch dieses Aufgreifen zeigt die Autorin eindringlich, wie weit die Folgen uns immer noch verfolgen. Liegen die Gräueltaten zwar schon lange zurück, mit den Folgen müssen viele Leute immer noch leben. Dabei geht es nicht nur um den Holocaust, sondern auch um Zwangsarbeiter oder einfach auch Kriegsverbrechen. Mit ihrem Interview wirbelt Jola eine Menge Staub auf, der sich auf einer lang vertuschten Geschichte angesammelt hatte. In den meisten Fällen ist es besser, Ungewissheit aufzuklären, damit man damit abschließen kann und Gerüchte aus der Welt räumt. Einen Ruf kann man selbst nach so langer Zeit wieder herstellen, mit den Konsequenzen müssen aber alle Nachfolger leben - diejenigen, deren Verbrechen aufgedeckt werden und diejenigen, die gesühnt wurden.
Fazit
Wunderbar vermischt Antje Babendererde in Isegrim Ereignisse auf drei Zeitebenen. Die Verbrechen aus der Nazizeit und der frühen Vergangenheit von Jola werden durch die Ereignisse mit der Wölfin zu einem Punkt gebracht, an dem sich durch die gewonnenen Erkenntnisse alles ineinander fügt. Verbrechen im zweiten Weltkrieg sind immer noch bis heute präsent, Konsequenzen verändern auch noch heute das Leben der Beteiligten.
Pro und Contra
+ interessante Themen, jugendgerecht verpackt
+ Jugendliche finden sich in den Charakteren wieder
+ spannender Plot
° typische Teenagerprobleme
- anfangs etwas langatmig
- Jola verhält sich manchmal nicht nachvollziehbar
Wertung
Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5