Verlag: Ehapa Comic Collection; (Dezember 2012)
Gebundene Ausgabe: 248 Seiten; 35 €
ISBN-13: 978-3770436651
Genre: Abenteuer
Klappentext
Im zweiten Band führen ungünstige Winde Theodor Pussel zu den Ufern seiner Herkunft zurück. Während er so im Geheimen sein wahres Leben durchstreift, wird er zum Kapitän seines eigenen Schicksals. Die Geschichten von Frank Le Gall sind wie Segel, die sich im Sturm seiner Inspiration aufblähen; sie lenken unsere Träume, die in den Tiefen des Kielraums verborgen sind. Alles mit einer gehörigen Portion Talent des Autors.
Rezension
Mit Theodor Pussel hat Frank Le Gall seinen Träumen und Wünschen der Kindheit Ausdruck verliehen und einen modernen Helden der klassischen Abenteuerliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts geschaffen. Als Grundlage dienten ihm dabei die Erinnerungen seines Großvaters, der selbst Seemann war und mit deren Hilfe er eintauchen konnte in fremde Welten des Orient. Zwölf Abenteuer hat Theodor Pussel bislang bestanden. Die ersten vier wurden bereits im ersten Band der Gesamtausgabe abgedruckt, nun sind die Bände 5-8 an der Reihe und damit kommt auch der sechste Band der Reihe, der aus unerfindlichen Gründen selten zu haben ist, wieder auf den Markt und somit viele Fans Pussels in den Genuss des Abschlusses seiner ersten Reise, der immens wichtig ist, wodurch es noch unverständlicher ist, dass Carlsen ihn damals in einer zu geringen Auflage herausbrachte. Aber mit der Gesamtausgabe der Egmont Comic Collection wird dieser Missstand jetzt endlich korrigiert.
Der Schatz des weißen Radschas
Theodor will nach Hause, aber dafür muss er den Schatz des weißen Radschas finden. Nur mit dem würden ihm ausreichende Mittel für die Schiffsreise zur Verfügung stehen. Aber es kommt, wie es kommen muss. Theodor Pussel gerät in einen Strudel der Ereignisse, an dessen Ende Herr November als Verräter steht. Oder doch als Retter?
Der Schatz des weißen Radschas steht am Ende von Theodor Pussels Aufenthalt in Asien und fasst all das zusammen, was ihn dort widerfahren ist. Aber Theodor ist an seinen bisherigen Erlebnissen gewachsen und kann nun mit Schwierigkeiten besser umgehen. Trotzdem ist er einem Herrn November - seinem Schicksal? - immer noch nicht gewachsen. Frank Le Gall fasst hier alles zusammen, was seine Schöpfung ausmacht und packt es in ein spannendes Abenteuer, ohne die melancholische Grundstimmung zu verraten oder eine der Figuren zu demontieren.
Ein Passagier verschwindet
Theodor Pussel ist endlich auf dem Weg nach Hause. Nach Jahren der Abenteuer und Gefahren steht er kurz davor seine Fuß auf den Boden der Heimat zu setzen. Aber bevor es dazu kommt, verschwindet er bei einem Landgang. Hat seine bevorstehende Rückkehr schon Wellen in der Presselandschaft geschlagen, tut sein erneutes Verschwinden dies erst Recht. Nach Monaten taucht er wieder auf und kommt zurück in seine belgische Heimat. Was in der Zwischenzeit geschehen ist, erfährt der Leser, aber Herr November scheint, wie meist, involviert zu sein.
Es ist zu erkennen, dass sich Theodor zu Hause als Fremdkörper empfindet. Seine Erlebnisse haben ihn verändert, er scheint nicht mehr für seine vorheriges Leben geeignet und auf der Suche. Die erfüllt sich am Ende zum Teil, mit Hilfe, wie sollte es auch anders sein, von Herrn November. Von dem der Leser endlich erfährt, wer er ist, auch wenn dies ihm etwas von seiner Faszination raubt.
Familienbuch
Ein Album, dass selbst bei einer Reihe wie Theodor Pussel heraussticht. Frank Le Gall zeichnet die Kindheit Theodor Pussels nach. Die Jahre 1909 bis 1914 prägen Theodor nachhaltig. Das Fehlen des Vaters, wenn er auf See ist, die Schule und all die Kleinigkeiten, die so geschehen beeinflussen ihn und aus Teddy wird Theodor. Dabei steht das Haus fast mehr im Zentrum. Besonders wird dieser Band durch seine Struktur. Frank Le Gall folgt den Jahreszeiten und mit ihnen wird Theodor erwachsen. Dazu kommt die Verwendung einer anderen Zeichentechnik von Frank Le Gall. Für dieses Album verwendete er die Methode der Direktkolorierung, wodurch die Farben eine besondere Brillanz erhalten und so erhält die Geschichte den Charakter eines märchenhaften Blickes in die Vergangenheit.
Die Nebelinsel
1929 im asiatischen Raum. Theodor Pussel bricht in einer überaus nebligen Nacht mit seinem Boot auf, um in der Ferne Handel zu treiben und so dass Geld für seine Rückkehr in seine Heimat zu erhalten. Bevor er dies tut, wird er noch von dem alten Chinesen Konfuzius vor einer Geisterinsel im Nebel gewarnt. Theodor bricht trotzdem auf, gerät in einen Sturm und landet auf einer sehr merkwürdigen Insel. Hier wirkt alles etwas surreal. Die Menschen haben bis auf eine attraktive junge Dame keine Namen, sondern werden nach ihren Berufen genannt. Es gibt ein Haus, welches fast nicht erreichbar ist und ganz allgemein ereignet sich so manch sehr ungewöhnliches. Die Nebelinsel ist sozusagen Frank Le Galls Alice im Wunderland.
Frank Le Gall hat es wieder geschafft. Sein Theodor Pussel bleibt nach wie vor außergewöhnlich. Die Erzählweise, die Charaktere und auch die Zeichnungen. Nichts entspricht irgendeinem Standard. Le Gall macht, was ihm gefällt und das absolut stilsicher. Er steht in der Tradition der großen Abenteuerromane. Sein Held stolpert mehr durch seine Geschichte, häufig von außen gelenkt durch Herrn November. Und wenn der auch etwas abgeschwächt wird, so ist er doch eine der vielleicht schillerndsten Figuren der Comicgeschichte. Aber egal, wer er auch ist, wichtig ist nur, dass er existiert. Le Gall nutzt die Möglichkeiten, die er durch ihn und seinen unterschwelligen Humor hat, mehr als nur aus und somit wird Theodor Pussel etwas ganz besonderes.
Theodor Pussel ist dadurch poetisch und melancholisch im besten Sinne. Es geht nicht um Trauer oder Verlust, sondern Le Gall spricht von der Sehnsucht nach der Ferne, nach den eigenen Träumen und dem Abenteuer und transportiert diese Art der Melancholie auf die beste Art und Weise. In Bild und Wort.
Le Galls Zeichnungen sind nicht unbedingt realistisch oder zweckdienlich, aber einfach schön anzusehen. Er selbst sagte, dass es ihm darauf ankommt, dass seine Geschichte glaubhaft ist und nicht authentisch. Seine Zeichnungen entstehen aus seinen Emotionen und dieses spürbar. Auch der Leser wird beim Betrachten von ihnen erfasst und sehnt sich bald selbst an weit entfernte Orte.
Zusatzmaterial ist reichlich vorhanden. Es gibt viel zu lesen über Theodor Pussel und seinen Schöpfer. Dazu hat die Egmont Comic Collection ein wunderbar passendes Titelbild gewählt, welches hoffentlich auch mal als Poster erhältlich sein wird. Jeden der eine Affinität zum Meer hat, wird es unweigerlich ansprechen.
Fazit
Viel bleibt eigentlich nicht zu sagen. Wer diese absolute Perle nicht für sich an die Oberfläche holt, verpasst ein wunderbares Stück Abenteuerliteratur voller feinsinnigen Humors, Sehnsucht und Melancholie. Unbedingt Kaufen!
Pro & Contra
+ Geheimnisse und Sehnsucht
+ stimmungsvolle Zeichnungen, die einfach schön sind
0 Herr November wird enthüllt
Bewertung:
Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Zeichnungen: 4/5
Humor: 3/5
Lesespaß: 5/5
Preis/ Leistung: 5/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Frank Le Gall:
Rezension zu Theodor Pussel Gesamtausgabe Bd.1
Rezension zu Theodor Pussel Gesamtausgabe Bd.3