Der Thron von Melengar (Michael J. Sullivan)

Verlag Klett-Cotta (21.02.2014)
Broschiert, 384 Seiten, € 16,95
Sprache: Deutsch
Originaltitel: The Riyria Revelations
ISBN: 978-3608960129

Genre: Fantasy


Klappentext

Der König – getötet. Der Mord – zwei Dieben in die Schuhe geschoben. Die Drahtzieher – unbekannt. So beginnt die atemberaubende Geschichte der beiden Gauner Hadrian und Royce, die alles zu bieten hat, was Fantasyleser lieben: Abenteuer und Verrat, Schwertkämpfe und Liebe, Magie und Mythen.


Rezension

Als die beiden für die ‚bessere Gesellschaft‘ tätigen und sehr erfolgreichen Auftragsdiebe Royce und Hadrian kurzfristig ein lukratives Angebot erhalten, können sie nicht widerstehen: Stehlt ein in der Kapelle des Schlosses hinterlegtes Schwert. Die Sache klingt einfach, ungefährlich und wird überdurchschnittlich gut bezahlt, allerdings muß sie noch in derselben Nacht erledigt werden.
Leider müssen die zwei feststellen, dass Dinge, die zu schön klingen, um wahr zu sein, meist einen gewaltigen Haken haben. Dieser liegt in Form des ermordeten Königs vor ihnen, dessen Leichnam sie anstatt des Schwertes in der Schlosskapelle vorfinden. Royce und Hadrian wandern als Königsmörder in den Kerker und sollen kurzerhand am nächsten Tag hingerichtet werden, als Rettung von unerwarteter Seite naht und die beiden Diebe in eine höchst komplizierte Verkettung von Verrat und Intrigen katapultiert werden ...

Als Leser sieht man sich unvermittelt in das Geschehen hineingeschubst - und landet mittendrinne in den Schwierigkeiten, wobei geschickt erste Informationen über Protagonisten, politische Verhältnisse und Gesellschaftsform vermittelt werden. Was unsere Helden als Kämpfer taugen, weiß man zu diesem Zeitpunkt noch nicht, von ihren flotten Dialogen, die mit Witz und Tempo geführt werden, bekommt man dafür einen guten Eindruck. Gerade dieses verbale Hin- und Hergeplänkel zwischen dem extrovertierten Hadrian und dem eher introvertierten Royce macht einen großen Reiz der Story aus und tröstet über die eine oder andere kleine Schwäche hinweg. Genauso erfrischend lesen sich die Beschreibungen, die in starkem Kontrast zu Tolkiens poetischer Art gehalten sind und dennoch sehr anschauliche Bilder zu vermitteln vermögen.
Weitere Einzelheiten werden nach und nach dargereicht, für vieles jedoch, wie beispielsweise die genaue Vorgeschichte der beiden Helden und woher sie sich kennen, hat sich im vorliegenden ersten Band leider kein Platz gefunden. Da dieses Buch aber den Auftakt zu einer umfangreicheren Serie darstellt, dürfte auf derartige ungeklärte Fragen in den Folgebänden noch ausführlich eingegangen werden.
Das Geschehen schreitet zügig voran, wodurch jegliche Längen vermieden werden. Im Umkehrschluss entwickeln sich dafür die Ereignisse stellenweise in etwas zu hohem Tempo; eine gelegentliche kleine Verschnaufpause hätte nicht geschadet.

Actionmäßig ist einiges geboten und an Kampfeinlagen herrscht kein Mangel. Im Gegensatz zu Autoren wie beispielsweise George R. R. Martin, die keinerlei Skrupel haben, unter ihren Protagonisten regelrechte Schlachtfeste zu veranstalten, leben die Sympathieträger bei Michael J. Sullivan in diesem ersten Band noch in relativer Sicherheit. Zugegeben, die Akteure sind hier nicht so zahlreich, sodass der Autor diesbezüglich mehr haushalten mußte, dennoch wird es den Helden streckenweise ein wenig zu leicht gemacht, auch Probleme lassen sich ohne größere Schwierigkeiten lösen.
Plastisch und mit viel Leben agieren die Figuren, die über Eigenheiten und gelegentlich auch mal eine Macke verfügen. Eine etwas differenziertere Darstellung der Charaktere hätte ihre Authentizität jedoch erheblich vertieft, denn in dieser Form sind die ‚Guten‘ rundherum einfach zu gut und freundlich, während die ‚Bösen‘ zu einseitig fies und gemein ausgestattet sind. Trotzdem ist es problemlos möglich, die Helden, die liebenswert und sympathisch auftreten, ins Herz zu schließen.

Originelle Ideen mit viel Potenzial finden sich in der Handlung ebenso zahlreich wie überraschende Wendungen; erfreulicherweise halten sich dabei die genreüblichen Fantasy - Klischees stark in Grenzen. Ein wenig zu kurz kommen die fremden Völker wie Zwerge oder Elben, allerdings wurde der Boden für weitere Handlungsstränge gut vorbereitet - man darf also gespannt sein.


Fazit

Auch wenn dieses Buch eine in sich abgeschlossene Story darstellt, hinterlässt es eine Vielzahl offener Enden und unerwähnter Vorgeschichte. Das wirkt sich hier jedoch nicht störend aus, vielmehr eröffnet sich dadurch ein gewaltiges Potenzial, denn das Reich Elan bietet noch viele interessante Orte, Völker und Voraussetzungen für weitere Abenteuer. Mit ‚Der Thron von Melengar‘ ist Michael J. Sullivan trotz geringfügiger Schwächen ein wunderbarer Auftakt in ein neues Fantasy-Epos gelungen, der definitiv Lust auf mehr macht und beim Leser die Vorfreude auf den nächsten Band weckt.


Pro & Kontra

+ temporeich und spannend
+ sympathische Figuren
+ lebendige und amüsante Dialoge
+ Humor
+ komplexe Welt mit interessanten politischen und religiösen Gefügen
+ viele Mythen
+ überraschende Wendungen
+ originelle Ideen, die noch weiter ausbaufähig sind
+ wenig klischeebehaftet
+ Karten und kleines Glossar

o gradliniger, einfacher Schreibstil
o viel unverschnörkelte Action
o andere Völker wie Elben und Zwerge kommen etwas zu kurz

- Charaktere könnten mehr Tiefe und Differenzierung vertragen
- stellenweise geht der Plot zu schnell voran
- Probleme lassen sich zu leicht lösen

Wertung:

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5

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