Rezensionen im Februar (2014)

Liebe LeserInnen,

teilweise hatten wir im zurückliegenden Lesemonat schon fast frühlingshafte Tage, an denen es sich unsere Redakteure in den ersten warmen Sonnenstrahlen gemütlich gemacht und wieder einmal zahlreiche Bücher für euch gelesen haben. Eine kleine, aber feine Auswahl der wichtigsten Titel aus dem Februar gibt es heute wie immer im allmonatlichen Rezensions-Rückblick. Wir wünschen euch viel Spaß beim Stöbern!


Belletristik

Im Internetzeitalter einen Facebook- und Onlinespiel-kritischen Roman zu schreiben ist ein nicht geringes Wagnis. Lottie Moggach greift genau dieses Thema auf und voll an. Ganz sicher liefert ihre eigene, inzwischen größtenteils überwundene "Sucht" nach der Onlinewelt einen großen Teil zu diesem Buch bei und macht ihn genau dadurch sehr authentisch. Mit einem oft wiedererkennenden Schmunzeln gelesen ist "Ich bin Tess" durchaus unterhaltsam, lässt aber vor allem im Nachgang nachdenklich das eigene Konsumverhalten betrachten. Ein Debütroman, der von der Gefahr zeugt, sich selbst zu vergessen, und der ganz offen zeigt, dass wir niemanden wirklich kennen, den wir online treffen.

Håkan Nesser erzählt in "Himmel über London" vordergründig eine düstere Spionagegeschichte zur Zeit des Kalten Krieges. Auf einer weiteren Ebene entwickelt er eine tiefgründige Betrachtung über die Grenze zwischen Fiktion und Wahrheit, die menschliche Wahrnehmung und das menschliche Bewusstsein. Nesser überrascht die Leser durch einen unerwarteten Kurswechsel ins Surreale. In der Verbindung beider Ebenen nähert er sich Paul Austers Mann im Dunkel an. Befreit man sich davon, den Roman als Krimi lesen zu wollen, erlebt man ein gut durchdachtes Konstrukt, in dem es um die dünne Wand zwischen Wahrheit und Fiktion geht, die Bedeutung von Literatur, das Spielen von Rollen und Erzählen von Geschichten.

Historik

"Mein skandalöser Earl" von Carolyn Jewel hat eine Menge Potenzial, welches allerdings leider überhaupt nicht genutzt wird. Obgleich es eine leichte Lektüre ist, die sich schnell runter lesen lässt, gibt es zu viele Defizite, welchen den Roman im Einheitsbrei des Genres versinken lassen. Obwohl die Autorin durchaus mit ihrem Schreibstil zu überzeugen weiß, sollten Fans des Genres sich wohl lieber anderen Historicals zuwenden.

Dark Fantasy

Kresley Cole hat mit ihrem Roman "Lothaire" beinahe alles richtig gemacht. Fans, aber auch Neueinsteiger, die dramatisch übernatürliche Geschichten lieben, werden mit diesem Roman vollkommen zufrieden sein und eine sich sanft entwickelnde Liebesgeschichte genießen, in einer dunklen, rauen Welt, die hoffentlich noch viele Überraschungen bereithalten wird. Erotische Dark Fantasy für Erwachsene zum Dunkel-Träumen und Verlieben!

Mit "Von den Sternen geküsst" wird die Revenant-Trilogie um Kate und Vincent genauso zauberhaft abgeschlossen, wie man es von den Vorgängern bereits gewohnt ist. Amy Plum versteht es ein weiteres Mal, ihre unvergleichliche Atmosphäre mit dem Leser zu teilen, und unerwartete Wendungen geben diesem Abschlussband eine besondere Prise Spannung. Da auch die Romantik wieder einmal nicht zu kurz kommt, bleibt nur ein einziger Negativpunkt zu nennen – dass der Leser Abschied nehmen muss. Hoffentlich gibt es bald ähnlichen Lesenachschub von der Autorin!

Fantasy

Auch wenn dieses Buch eine in sich abgeschlossene Story darstellt, hinterlässt es eine Vielzahl offener Enden und unerwähnter Vorgeschichte. Das wirkt sich hier aber nicht störend aus, vielmehr eröffnet sich dadurch ein gewaltiges Potenzial, denn das Reich Elan bietet noch viele interessante Orte, Völker und Voraussetzungen für weitere Abenteuer. Mit "Der Thron von Melengar" ist Michael J. Sullivan trotz geringfügiger Schwächen auf jeden Fall ein wunderbarer Auftakt in ein neues Fantasy-Epos gelungen, der definitiv Lust auf mehr macht und beim Leser die Vorfreude auf den nächsten Band weckt.

"Golem und Dschinn" ist ein magisches Debüt, das vor toller Kulisse eine interessante Geschichte entfaltet. Hierbei nimmt sich Helene Wecker viel Zeit für Handlungsaufbau und Charakterentwicklung. Dabei sorgen viele kleine Details dafür, dass man ihre Welt so schnell nicht vergisst.

"Dorn" ist eine klassische Heldengeschichte mit einem aufrichtigen und dadurch verletzbaren Protagonisten und einer wunderbaren Welt, die spürbar von Tolkien inspiriert wurde und dabei mit einer ganz eigenen Geschichte und Mythologie aufwartet. Thilo Corzilius bietet nahezu alles, was das Fantasyherz begehrt: eine bunt gemischte Heldentruppe, finstere Antagonisten, magische Artefakte und einen epischen Kampf um das Schicksal eines riesigen Reiches. Wer sich an den mehr oder weniger auffälligen Ähnlichkeiten zu Tolkiens Werk nicht stört, kommt in den Genuss eines spannenden Abenteuers, das den Leser in eine mittelalterlich-phantastische Welt entführt und bestens unterhält.

Horror / Mystery

Für Fans der Serie sowieso ein Muss, ist John Shirleys "Grimm – Der eisige Hauch" beste Unterhaltung für jeden der auf Mystery und Horror steht. Und der zweite Roman lässt glücklicherweise nicht lange auf sich warten.

Science Fiction

Nachdem der Leser in "Bitterzart" eine sehr vorsichtige Einführung in die Welt der Balanchine-Schokolade, dafür aber mehr romantische Spanung bekam, erwartet ihn im zweiten Band der Trilogie die volle Breitseite des Hintergrundwissens. Gemeinsam mit Anya lüftet man die Geheimnisse der Schokoladenkunst. Doch Gabrielle Zevin hält sich natürlich nicht nur damit auf – es gibt auch wieder reichlich Romantik und Action, sodass nun mit Hochspannung der Abschlussband erwartet wird, der hoffentlich noch mal richtig auftrumpfen kann.

Insgesamt bietet "Morbus Konstantin" feinste Steampunk-Unterhaltung mit allerlei verrückten Ideen abseits des Genreüblichen und einer originellen, im besten Sinne englischen Kriminalgeschichte. Besonders bei der Wahl und Ausgestaltung seiner Charaktere hat T. Aaron Payton viel Sinn für Humor und Originalität bewiesen.

Thriller

Ganz klassisch im allbekannten Stil kann auch "Todeskind" dem Leser eine in Ansätzen vorhersehbare, aber trotzdem spannende Geschichte bieten. Wieder einmal beweist Karen Rose, dass man sich noch so sicher sein kann – am Ende ist der Täter dann doch jemand, von dem man es am allerwenigsten erwartet hätte. Auf früheren Fällen aufbauend und schon mal für kommende Bücher vorbereitend ist auch dieser Lady-Thriller erneut ein Genuss, der nach anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten durchaus zu unterhalten weiß und schon Lust auf den nächsten Ausflug ins Rose-Universum macht.

Mit Raum 213 bringt Amy Crossing eine neue Thriller-Reihe für Jugendliche auf den Markt, die sich in allen Bänden um ein geheimnisvolles Klassenzimmer im zweiten Stock der Eerie High drehen. Der erste Teil "Harmlose Hölle" macht einen guten Anfang und führt den Leser auf eine recht unterhaltsame Weise zurück ins Schulleben. Klassische Teenager-Probleme werden hier angeschnitten und man merkt dem kompletten Buch sehr deutlich seine Zielgruppe an. Trotzdem finden auch erwachsene Leser ihre Lesezeit, wenn sie sich mit nicht allzu hohen Ansprüchen auf die Abenteuer der Schülerschaft einlassen. Ein solider Grundstein für eine spannende Jugendbuchreihe!

Krimi

Mit "Schlussakkord für einen Mord" gelingt es Alan Bradley nicht nur, die Erwartungen der Leser zu erfüllen, sondern sie sogar noch zu übertreffen. Denn der neuste Band ist der bis dato kurzweiligste Fall und ebenso der spannendste. Flavia ist natürlich entzückend wie immer, die Story spannend und schlüssig und auch die Nebenfiguren bekommen Raum sich zu entfalten.

Wunderbar vermischt Antje Babendererde in "Isegrim" Ereignisse auf drei Zeitebenen. Die Verbrechen aus der Nazizeit und der frühen Vergangenheit von Jola werden durch die Ereignisse mit der Wölfin zu einem Punkt gebracht, an dem sich durch die gewonnenen Erkenntnisse alles ineinander fügt. Verbrechen im zweiten Weltkrieg sind immer noch bis heute präsent, Konsequenzen verändern auch noch heute das Leben der Beteiligten.

Comic

Viel bleibt zu Frank Le Galls "Theodor Pussel" eigentlich nicht zu sagen. Wer diese absolute Perle nicht für sich an die Oberfläche holt, verpasst ein wunderbares Stück Abenteuerliteratur voller feinsinnigem Humor, Sehnsucht und Melancholie. Unbedingt kaufen!

"New York" ist ein gelungener Einstieg, der die imposante Spiegelwelt Ekhö ausführlich vorstellt und gleichzeitige mehrere Spannungsmomente schafft. Ludmilla und Juri sind ein ungewöhnliches Protagonistenpaar, das der Zufall zusammengeführt hat und das sich erst noch zusammenraufen muss. Alessandro Barbucci und Christophe Arleston haben sympathische Charaktere geschaffen und inszenieren ihre Fantasyabenteuer mit Liebe zum Detail und einem Hauch Erotik.

Sachbuch

Portia de Rossis Buch "Das schwere Los der Leichtigkeit" ist intime Biographie und Drama zu gleich. Es bietet einen tiefen Blick in die Psyche einer homosexuellen, die im Kampf um ihre Sexualität und enormen Arbeitsdruck an Anorexie erkrankt. Aber es ist auch Roman, denn es zeigt auch einen Weg zum Glück, den de Rossi nicht nur beruflich, sondern auch privat mit ihrem Outing gefunden hat. Es ist ein Buch, das erschüttert und aufwühlt, zugleich aber auch Mut macht.

Sonstiges

"Amber Rain" von Felicity La Forgia ist ein hochpsychologischer Erotikroman, welcher deutlich die Erwartungen übertrifft. Eine überaus ambivalente Struktur innerhalb der Figuren und der Handlung, sowie eine tolle Detailarbeit, welche Atmosphäre und Setting authentisch prägt, sind nur wenige der überraschend positiven Aspekte, welche jeden Fan des Erotikgenres nach diesem Roman greifen lassen sollte! Tiefgreifend, hochemotional und berührend.


Mehr als fünfzig Titel wurden im Februar von unserem Team besprochen und auch für den März haben wir einiges vorbereitet – seid gespannt auf zahlreiche Neuerscheinungen aus den verschiedensten Genres und unsere fundierten Meinungen zu den einzelnen Titeln. Wer nicht warten kann oder möchte, ist wie immer herzlich eingeladen, sich in unserer inzwischen über 2.400 Besprechungen umfassenden Rezensions-Übersicht umzuschauen und selbst ein wenig zu stöbern.

Wir wünschen euch einen lese- und vor allem sonnenreichen März,
euer Literatopia-Team