Attack - Unsichtbarer Feind (Douglas Preston, Lincoln Child)

Verlag: Droemer HC (20. Dezember 2013)
Hardcover, 480 Seiten, € 19,99
Sprache: Deutsch
Originaltitel: White Fire
ISBN-13: 978-3426199855

Genre: Thriller


Klappentext

Special Agent Pendergast reist in das eingeschneite Wintersportgebiet Roaring Fork
in Colorado, um seinen Schützling Corrie Swanson zu retten. Corrie, Studentin der Forensik, hat dort die exhumierten Leichen von elf Arbeitern einer Silbermine untersucht, die vor über hundert Jahren ums Leben kamen. Angeblich sind die Männer damals alle einem bösartigen Grizzly zum Opfer gefallen, doch Spuren eines Bärenangriffs kann Corrie nicht feststellen. Mit ihren Nachforschungen ist sie aber offenbar einem Killer in die Quere gekommen, der nicht nur ihr Leben, sondern die Existenz des ganzen Ortes bedroht. Pendergast ist Corries letzte Hoffnung.


Rezension

Roaring Fork - ein Städtchen in Colorado und gleichzeitig das Paradies für Milliardäre, die einen luxuriösen Skiurlaub verbringen möchten. Die ehemalige Minenstadt hat nur einen kleinen Schönheitsfehler: Vor hundert Jahren kamen dort diverse Minenarbeiter unter eigenartigen Umständen ums Leben, angeblich trieb damals ein Grizzly sein Unwesen. Hier setzt Corrie Swanson an, mittlerweile Studentin der Forensik, die in diesem Fall ein passendes Thema für ihre Semesterarbeit sieht. Bald wird jedoch klar, dass die alte Geschichte voller Brisanz steckt und Corry mit ihren Nachforschungen in ein Wespennest sticht. Sehr schnell hat sie sich selbst in Schwierigkeiten manövriert, aus denen ihr nur noch ihr Mentor Aloysius Pendergast heraushelfen kann ...

Aloysius Pendergasts neuer Fall startet äußerst vielversprechend, scheint er doch mit einem Ereignis aus der Zeit von Sir Arthur Conan Doyle und Oscar Wilde verknüpft. Ein erster Vorgeschmack darauf wird in einem Treffen der beiden Schriftsteller mit einem amerikanischen Verleger, welches seinerzeit tatsächlich stattgefunden hat, so geschickt zur Sprache gebracht, dass es täuschend authentisch wirkt. Diese in einem fesselnden Prolog präsentierte Idee liest sich höchst originell und zieht den Leser augenblicklich in ihren Bann.
Zurück in der heutigen Zeit richtet sich dann der Fokus auf Corrie Swanson, Pendergasts neuer Schützling, die man bereits aus einigen vorherigen Bänden kennt. Schnell wird klar, dass in dieser Angelegenheit sie die Hauptperson ist, was zunächst absolut nicht stört. In gewisser Weise ist man vielmehr dankbar, dass es diesmal nicht um einen weiteren Problemfall aus dem Pendergastschen Familienclan geht.
Die Handlung startet rasant und spannend, und dank des gewohnt routinierten Schreibstils der Autoren wird man in ein detailliertes Setting hineinversetzt, in dem man sich gut zurechtfindet. Soweit wäre alles gut - wenn Corrie Swanson nicht eine derartig negative Entwicklung genommen hätte. Mittlerweile Anfang zwanzig und Studentin der Forensik - man sollte meinen, die junge Frau wäre langsam erwachsen geworden und würde sich entsprechend verhalten. Stattdessen muß man sich mit einer sowohl völlig beratungsresistenten als auch restlos lernbefreiten Protagonistin herumärgern, die einem zickigen, besserwisserischen Teenager zur Ehre gereicht, der zudem gerade die Trotzphase eines Dreijährigen durchmacht. Corrie tut grundsätzlich das Gegenteil von dem, was sie gesagt bekommt und benimmt sich dabei so abgrundtief dämlich, dass es hart an der Grenze des Erträglichen ist. Das geht empfindlich auf Kosten des Lesespaßes, erschwerend kommt noch hinzu, dass die Spannung nach dem ersten Drittel kontinuierlich abflacht und die Handlung immer vorhersehbarer wird.

Zu sehr ausgereizt wurde auch der Übersinnlichkeitsfaktor. Dass der exzentrische Agent über einige außergewöhnliche Eigenschaften verfügt, ist man als Leser längst gewohnt, was er jedoch dieses Mal während seiner meditativen Sitzungen zustande bringt, ist entschieden zu viel des Guten. Eine derart dick aufgetragene Unglaubwürdigkeit wirkt selbst für Pendergast - Verhältnisse lächerlich und erweckt den Anschein, als ob den Autoren keine elegantere Lösung eingefallen wäre, bestimmte Ereignisse zu erklären und die Handlung weiter voran zu bringen.
Ausgezeichnet gelungen ist dafür die Passage mit der verschollenen Sherlock Holmes Geschichte; wie sie auf originelle Weise in den Fall hineinverflochten wurde, macht einfach Spaß zu lesen. Leider tröstet auch das nicht über den lieblosen Showdown und das vorhersehbare Ende hinweg.

Völlig untypisch für ihn zeigt Pendergast zum Schluß tatsächlich einmal menschliche Gefühle, trotzdem hinterläßt das Buch das Gefühl, als ob der Agent sein ‚Haltbarkeitsdatum‘ erreicht hat und nun Gefahr läuft, es zu überschreiten. Es bleibt zu hoffen, dass das Autorenduo die richtigen Konsequenzen zieht - in welcher Form auch immer.


Fazit

Ein Thriller, der zwar ein paar Lichtblicke aufweist, sich insgesamt aber von Durchschnittsware kaum noch unterscheidet und weit hinter den Fähigkeiten der Autoren zurückbleibt. Allmählich ist es nicht mehr zu übersehen, daß die Figur des Aloysius Pendergast ihren Biss verloren hat und nicht mehr zu ihrer alten Form zurückfindet. Möglicherweise wäre es deswegen an der Zeit, den Agenten in den wohlverdienten Ruhestand zu schicken und Platz für etwas oder jemand Neues zu schaffen.


Pro & Kontra

+ sehr starker Beginn
+ einige originelle Ideen
+ keine neue Pendergast-Familiengeschichte
+ ansprechender, routinierter Schreibstil

- Spannung sinkt ab der Hälfte rapide ab
- Entwicklung und Ende leicht vorhersehbar
- zu wenige Personen, Täter deswegen viel zu früh problemlos auszumachen
- Corrie Swanson nervt!
- der übernatürliche Faktor wurde diesmal überspannt
- auch für Pendergast-Verhältnisse stellenweise zu unglaubwürdig
- liebloser Schluß

Wertung:

Handlung:3/5
Charaktere:2/5
Lesespaß:2,5/5
Preis/Leistung:2,5/5


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