Piper (März 2014)
Klappenbroschur, 560 Seiten
ISBN: 978-3492701990
€ 16,99 [D]
Genre: Fantasy
Klappentext
Albae und Zwerge verbindet ein dunkles Schicksal - unzählige Teile der Unendlichkeit waren geprägt von erbitterten Schlachten, Niederlagen, Leid und Tod. Die Albae sind fast vollständig besegt. Ihr einstiger Kaiser Aiphatòn setzt alles daran, den Wiederstand seines Volkes zu vernichten und folgt einer Spur, die ihn über die Grenzen hinausführt. Dort sieht er sich bald einem Gegner von ungeahnter Macht gegenüber...
Das Finale um "Die Legenden der Albae" schließt sich direkt an die Geschehnisse des Romans "Das Schicksal der Zwerge" an und kündet von zwei Völkern, die einst erbitterte Feinde waren und für die nun ein neues Zeitalter angebrochen ist...
Rezension
Die Macht der Albae ist dahin. Ihre einstige Stärke ist versiegt und so müssen die letzten des grausamen Volkes flüchten und sich verstecken. Denn so ziemlich jeder hat es auf sie abgesehen: die Zwerge, die Zhadár – der Albae eigene Schöpfung – und sogar einer der ihren: Aiphatòn. Einst war Aiphatòn als Spross der Unauslöschlichen und ihr Kaiser der Schrecken des geborgenen Landes, doch nachdem er seine finstere Umnachtung ablegen konnte, machte er es sich zur Aufgabe, jeden Einzelnen seiner Art zu vernichten, bevor er sich selbst das Leben nehmen wird. Auf seiner erbarmungslosen Suche stößt er auf zwei Städte, in denen sich Albae niedergelassen haben. Dsôn Dâkiòn, die Stolze, deren Herrscher Shôtoràs ist; und Elhatòr, die Erhabene, die unter dem Schutz Modôias steht. Die Städte befinden sich in einer sehr instabilen Friedenssituation und ein winziger Funke könnte diesen Frieden brechen. Während Aiphatòn sich bemüht, beide Städte gegeneinander auszuspielen, um sein vernichtendes Werk zu vollbringen, ist auch der Zhadár, Carâhnios, auf der Jagd nach den letzten Albae und seine Taten sollen aufgeschrieben werden vom Meister von Wort und Schrift, Carmondai. Doch zur selben Zeit zieht eine Gefahr durchs Land, die eine viel größere Bedrohung für das geborgene Land werden könnte.
„Tobender Sturm“ der vierte Band der Legenden der Albae zeichnet den vermeintlichen – wenn auch unwahrscheinlichen – Abschluss der Albae-Reihe und offenbart nach dem Lesen, dass die Luft aus den Legenden wirklich, wirklich raus ist. Von Anfang an wurden vier Romane zu den Kindern Samusins angekündigt (die „Vergessenen Schriften“ nicht einberechnet), in der Retrospektive muss man aber annehmen, dass damals die Inhalte nicht klar waren, denn sonst wäre der letzte Band kaum so inhaltslos ausgefallen. Bereits der Vorgänger „Dunkle Pfade“ war teils enttäuschend, da es zu viele göttliche Fügungen gab, vieles konstruiert wirkte und insgesamt etwas sperrig war. Dennoch versprühte es albische Atmosphäre. Von dieser ist hier kaum etwas übrig geblieben. Zu Beginn kann man sie noch erahnen. Die Herrscher der zwei Städte liefern sich einen Wettlauf an Ränkespielen. Zwar sind diese nicht besonders diabolisch oder besonders gerissen, aber die Albae sind eben nicht mehr das, was sie zu sein pflegten. Dennoch schürt das ganze die Hoffnung einem epischen Abschluss entgegen zu lesen. Dann ist da noch Aiphatòn, der wortwörtlich durch das Land rennt und auf einen sehr interessanten, zukünftigen Wegbegleiter trifft. Und natürlich der heimliche Held der vorangegangenen Romane, Carmondai, der Meister in Wort und Schrift, taucht aus der Versenkung auf und begleitet ausgerechnet einen Zhadár, um dessen Albaeschlachterei aufzuschreiben. Die Grundsteine sind gelegt, das Potential enorm, der Lesespaß hoch. Ab der Mitte trifft Heitz aber Entscheidungen, die vermutlich als überraschende Wendungen durchgehen sollen, in Wahrheit aber die Vorarbeit im Keim erstickt. Alle Ränkespiele der zwei Städte werden mit einem Mal irrelevant, da sie im Sand verlaufen; Aiphatòns Bemühungen werden ebenfalls irrelevant, da sich eine ganz andere Bedrohung einmischt und die Geschichte in eine anderen Richtung lenkt; das Geheimnis um Aiphatòns Begleiter wird zwar gelüftet, bleibt letztlich dennoch ohne Substanz; und Carmondais zunächst erfreuliche Wiederkehr offenbart sich als Randerzählung ohne Belang. Zumindest für diesen Roman.
Es gibt dieses Mal nicht wirklich einen definitiven Fokus auf einen einzelnen Hauptcharakter. Am interessantesten ist aber ohne Zweifel Shôtoràs. Mit Abstand die zwielichtigste Figur und wohl „klassischste“ Alb. Seine Pläne sind undurchschaubar und seine Taten erbarmungslos und zielgerichtet. Umso enttäuschender, dass er nicht mehr in den Fokus gerückt wurde und dessen Potential nicht mehr ausgeschöpft wurde. Ihm gegenüber steht Modôia, die ebenfalls mehr Spielraum hätte gebrauchen können, da auch sie eine würdige Albin ist. Stattdessen begleitet man zunehmend Aiphatòn. Seine kämpferischen Fähigkeiten sind beeindruckend und unterhaltend in den Kämpfen beschrieben. Seine sogenannten Pläne, mit denen er die Städte auszulöschen gedenkt, sind jedoch eher banaler Natur und ernüchternd.
Ebenso muss man hinnehmen, dass Band 4 als Bindeglied für den kommenden fünften Zwergeroman missbraucht wird. Ganz überraschend kommt ein Kapitel vor, in dem sich zwei Elben unterhalten und einen zwielichtigen Eindruck hinterlassen. Natürlich werden die später nicht mehr erwähnt, was wohl damit zu tun hat, dass man ihnen in einem anderen Buch begegnen wird. Eine Art Gastauftritt bekommt auch ein gewisser Zwergenkönig, der sich ganz unvermittelt auf die Suche nach einem tot geglaubten Freund Macht. Dafür, dass Markus Heitz sonst sehr gut darin ist, Brücken zwischen seinen Romanen zu schlagen, stellt sich einem durchaus die Frage, warum sich diese Kapitel nicht erst im Zwerge-Roman finden lassen.
In der Danksagung erklärt Heitz, wie schwer es ihm gefallen sei, das einst stolze Volk in die Auslöschung zu führen. Verständlich, denn dazu musste er sie schwächen, erniedrigen und ihres Zaubers berauben. Womöglich wäre es besser gewesen, das letzte Kapitel der Albae aus der Sicht der Zwerge – oder anderer Feinde – zu zeigen, damit die Schwarzaugen wenigstens noch ein wenig Grausamkeit und Würde hätten zeigen können.
Zugegeben, die Erwartungen waren enorm, denn Markus Heitz hat sich die Messlatte, im Prinzip unerreichbar hoch gesetzt. Aber selbst wenn man „Tobender Sturm“ separat betrachtet, schafft es der Roman inhaltlich kaum über Durchschnitt hinaus. Zumal der Leser mehr Vorwissen braucht denn je, um die Geschichte zu verstehen. Besonders die „Vergessenen Schriften“ sollten gut bekannt sein. Was bleibt, ist ein Wiedersehen mit geliebten Figuren in mäßiger Story – was vielen Fans vermutlich bereits ausreicht, um ihren Segen zu geben – und ein wie immer verlässlich flüssiger Schreibstil.
Fazit
„Tobender Sturm“ beginnt vielversprechend, nimmt jedoch im Verlauf einige Wendungen, die der Story nicht dienlich sind. Als großes Finale der Albae-Reihe bleibt Band 4 leider weit hinter den Erwartungen zurück, als eigenständiges Fantasy-Werk ist er guter Durchschnitt. Bleibt zu hoffen, dass Markus Heitz’ fünfter Zwergeroman besser wird.
Pro und Kontra
+ wiedersehen mit beliebten Charakteren
+ wie immer leicht und flüssig zu lesen
+ gute erste Hälfte
+ kurzweilig
+ Shôtoràs
o setzt mehr Wissen voraus denn je
- zweite Hälfte nimmt unerfreuliche Wendungen
- Shôtoràs’ unwürdiger „Abgang“
- kein würdiges Finale
Beurteilung:
Handlung: 2,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3/5
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