Das Haus der Tänzerin (Kate Lord Brown)

Verlag Piper, August 2013
Originaltitel: The perfume garden, übersetzt von Elke Link
Taschenbuch, 519 Seiten, € 9,99
ISBN: 978-3492302326

Genre: Belletristik


Klappentext

Die alte Villa in den Hügeln von Valencia ist für Emma der perfekte Rückzugsort: Der verwilderte Garten durftet nach Orangenblüten, die Leute im Dorf sind hilfsbereit und schon bald eröffnet die gelernte Parfümeurin einen Blumenladen. Doch warum vermachte ihre verstorbene Mutter ihr dieses Anwesen? Immer mehr fühlt sich Emma von der geheimnisvollen Vergangenheit des Hauses angezogen. Und dann entdeckt sie ein zugemauertes Zimmer …

Die Autorin

Kate Lord Brown wuchs in der malerischen englischen Grafschaft Devon auf. Nach ihrem Studium war sie zunächst als internationale Kunstberaterin tätig. Später zog sie mit ihrer Familie nach Valencia und widmete sich dort dem Schreiben. Im Jahr 2009 war sie eine der Finalistinnen der „People’s Author Competition“ die vom britischen TV-Netzwerk ITV ausgerichtet wird. Heute lebt sie im Mittleren Osten und arbeitet als Kolumnistin.
Rezension

Spanien im Bürgerkrieg 1936. Der bekannte Photograph Roberto Capa schießt sein weltberühmtes Bild – ein Soldat, der gerade fällt. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Gerda ziehen sie den Kämpfern hinterher, immer auf der Suche nach dem einen Bild, dem goldenen Blick. Dafür nehmen sie gefährliche Situationen und allerlei Unbill auf sich. Die eigentliche Protagonistin in dieser Zeitebene ist aber Rosa, ein junges Mädchen, eine Kämpferin, die sich in einen jungen Soldaten verliebt hat und ihr erstes gemeinsames Kind erwartet. Jordi bringt sie aus der akuten Gefahrenzone heraus aufs Land zu seinem Bruder, der in einem kleinen Dorf eine Metzgerei besitzt. Des Weiteren spielen auch das Geschwisterpaar Freya und Charles eine große Rolle. Freya arbeitet als Krankenschwester an der Front und Charles begibt sich in die Entourage um Gerda und Capa. Wie es ihnen allen in dem Krieg ergeht, wird immer wieder zwischendurch erzählt. Im zweiten Erzählstrang geht es um Freyas Enkelin Emma, die von ihrer Mutter ein Haus in Spanien geerbt hat. Nach einem tragischen Schicksalsschlag zieht es sie in den sonnigen Süden, um einen Neuanfang zu wagen. Als Parfümeurin hat sie sich schon einen Namen gemacht, sie freut sich auf die Geruchsvielfalt in Spanien, um möglichst Neues zu finden und ihre Trauer zu verarbeiten.

In zwei Zeitebenen wird eine Familiengeschichte erzählt, die geprägt ist von Verlust, Trauer, Gewalt und Krieg. Ab und an gibt es auch mal ein paar freudige Momente und unerwartete Wendungen, den Charakteren wird eine Menge zugemutet. Der historische Teil ist eindeutig die intensivere Geschichte, man ist emotional mitten im Krieg und hautnah am Geschehen. Die Autorin versteht es sehr gut, die Emotionen, Handlungen und Situationen, die so ein Krieg mit sich bringt, lebensecht zu schildern, man riecht fast die abgefeuerten Kugeln und das Blut, wenn sie ihr Ziel getroffen haben. Durch die Beteiligung der einst real lebenden Personen Capa, Gerda und auch Ernest Hemingway bekommt die Geschichte noch das gewisse Extra, Teilbiographien verpackt in einer fiktiven Story. Genauso interessant sind aber auch die Lebenswege von Freya und Charles, die man mit Spannung durch den Krieg begleitet, mit ihnen bangt und leidet, aber auch gerne die freudigen Momente teilt.

Emma hingegen macht es dem Leser schon schwerer, sie zu mögen. Immer wenn es brenzlig wird, läuft sie davon, um irgendwo anders etwas Neues zu beginnen. Momentan ist sie schwanger, der Vater des Kindes leider nicht mehr verfügbar. Sie zieht in eine Bruchbude und wohnt eine ganze Zeit auf einer Baustelle, bis das Haus einigermaßen bewohnbar ist. Die Vorstellung, in welchen primitiven Verhältnissen sie sich wochenlang aufhält, fällt schwer, sie sollte doch wirklich an ihr Kind denken. Aber schon bald findet sie Freunde, die ihr mit Rat und Tat zur Seite stehen. Als dann noch bei den Bauarbeiten ein zugemauertes Zimmer entdeckt wird, verknüpfen sich nach und nach Vergangenheit und Gegenwart, außerdem kommt sie einem Geheimnis auf die Spur, in welches ihre Familie seit Ewigkeiten verknüpft ist.

Die Story ist faszinierend, Kate Lord Brown fesselt den Leser von der ersten Seite an. Wenn auch der historische Teil der eindeutig spannendere ist, überzeugt der gegenwärtige nicht so richtig. Die Charaktere bleiben farblos und agieren kopflos, wohingegen sich Freya als ein äußerst starker Charakter erweist. Ihr Werdegang als Krankenschwester und ihre Freundschaft zu Rosa sind wichtige Ecksteine der Geschichte, in dieser Zeit werden Grundlagen gelegt, auf denen hinterher viel aufgebaut wird. Leider wird das Ende dann ein bisschen haarsträubend und relativ schnell abgekanzelt, doch die Begegnungen mit Capa und Hemingway entschädigen etwas den Kitsch und die unangebrachte Dramatik zum Schluss. Man hätte allerdings viel lieber noch mehr über Freya und Charles gelesen, besonders, wie sie mit den letzten Ereignissen umgehen. Ihre Verbindungen nach Spanien sind alt und intensiv, immer wieder ist man verblüfft, was aus einzelnen Leuten geworden ist und für welchen Lebensweg sie sich entschieden haben.
Fazit

Eine gelungene Verbindung der Vergangenheit mit der Gegenwart hat Kate Lord Brown in ihrem Roman Das Haus der Tänzerin geknüpft. Aufgepeppt durch reale Persönlichkeiten, die ein Teil ihres Lebens offenbaren, der sie mit Sicherheit stark geprägt hat, wirkt die Historik besonders lebensecht und packend. Das Grauen des Krieges eindrucksvoll anhand der einzelnen Charaktere dargestellt, unvorstellbar, was manche erleiden mussten. Genauso faszinierend aber auch, was sie anschließend daraus gemacht haben und welche Werte sie ihren Kindern vermitteln konnten.

Pro und Contra

+ interessante Charaktere
+ Atmosphäre
+ historisch belegter Plot
+ fesselnder Stil
+ interessante Nebencharaktere
+ reale Persönlichkeiten
+ Familienverknüpfungen

- unsympathische Charaktere in der Gegenwartshandlung
- merkwürdige Handlungsweise
- teilweise langatmig in der Gegenwart

Wertung sterne3.5

Charaktere 3,5/5
Handlung 3,5/5
Lesespaß 3,5/5
Preis/Leistung 4/5