The Spooky Verona Freak Show (Bianca Stücker)

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Unsichtbar Verlag, 1. Auflage September 2012
Taschenbuch, 311 Seiten,
9,99 Euro [D]
ISBN-13:978-3-942920-17-9

Genre: Belletristik/ Humor


Klappentext

Kurz vor dem großen Durchbruch fehlt der Spooky Verona Freak Show nur noch eines: der richtige Bassist – denn ohne Bassist kein Auftritt auf dem Millyways, dem wichtigsten Festival des Untergrunds. Direkt nach der Bandgründung fangen die Probleme auch schon an: Im Proberaum riecht es nach Verwesung, der frisch angeheuerte Schlagzeuger Nico hat seine Hausschlappen, einen Sparkassenbeutel und seinen Hund, den kleinen Saalfeld, mitgebracht., nicht aber seine Sticks, und Erzählerin Vicky muss als Raummiete ständig auf ihren zehnjährigen Neffen Hauke betreuen, der sich hauptsächlich für Scharfrichter, Henker und das Übernatürliche interessiert. Und die wechselnden Bassisten sind auch keine Glücksgriffe. Der einzige Lichtblick ist Christian, der transsylvanische Trompeter. Leider ist ein Trompeter jedoch kein Bassist, und so geht die Suche weiter …


Die Autorin

Bianca Stücker ist bereits seit langer Zeit auf der Welt und hat entsprechend viel erlebt. Da sie keine Hobbies hat, nutzt sie jeden freien Moment für die Ausübung ihrer verschiedenen Berufe. In erster Linie arbeitet sie als Erfinderin von Geschichten, Liedern und auch Tänzen. Nebenbei studierte sie in ihrer Jugend Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Geschichte, bestand überraschend das kirchenmusikalische C-Examen und betreibt noch heute die schöne Tätigkeit des Hinterhoftätowierens. Viele Jahre lang leitete sie einen Kirchenchor. Und zum Spaß promoviert sie gerade an der Folkwang Universität der Künste in Essen.


Rezension

Protagonistin Vicky, alias Victoria Secret, hat nur eine Leidenschaft: die Musik. Während sie sich als Callcenter-Agentin über Wasser hält, hofft sie auf den Durchbruch mit ihrer Band, der Spooky Verona Freak Show. Neben der besten Freundin Scarlett, die sich an der e-Gitarre versucht, ist mit dem schrulligen Nico rasch ein Schlagzeuger gefunden. Auch ein Trompeter schließt sich den Veronas an. Nur der Bassist ist und bleibt ein Problem. Innerhalb eines Jahres hatte die Band bereits acht Anwärter – mehr oder minder alles Reinfälle. Nun wartet Vicky mit Freundin Scarlett auf den Rest der Band und die Vorstellung von Bassist Nummer Neun. Im Proberaum lassen die beiden Frauen die bisherigen Bassisten und die Bandgeschichte Revue passieren … begeleitet von passenden Fotos der Autorin.

Selten habe ich mich bei einer Lektüre so amüsiert, wie mit The Spooky Verona Freak Show. Obwohl anfänglich skeptisch eingestellt, gelingt es Bianca Stücker und ihren liebenswert-schrägen Charakteren schnell zu überzeugen. Alles beginnt mit Scarlett und Vicky, die im Proberaum der Band über Sinn und Unsinn eines Bassisten diskutieren. Vicky ist der Suche müde. Überhaupt geht in ihrem Leben zurzeit so Einiges schief, doch Scarlett vertritt ihre Meinung mit einer stoischen Egozentrik und spricht ordentlich dem selbsterfundenen Alkoholmixgetränk „Nahtoderfahrung“ zu – beides Eigenheiten, die man später noch an ihr zu schätzen lernt. Neben der schüchternen Sängerin Vicky und der schönen Scarlett, gibt es noch Schlagzeuger Nico, der noch in der ersten Probe gegen seinen Willen zu Nihil Valentine umbetitelt wird, und niemals ohne seinen dreibeinigen Hund Saalfeld anzutreffen ist. Der kleine Saalfeld wird schnell zum Maskottchen der Band. Er begleitet die Veronas auf jedes Konzert, zusammen mit einem Puppenkopf, einer Knochenkette und so manch anderem skurrilen Schnickschnack. Der Auftritt stimmt also, nur auf eine Bezeichnung für ihre Musikrichtung können sich die Mitglieder nicht wirklich einigen.

»Der kleine Saalfeld hechelte zufrieden vor sich hin. Vielleicht ist er taub, mutmaßte ich.« (Seite 13)

Obwohl Vicky sich sehr für die Band begeistert, findet sie erst durch Trompeter Christian wirklich Zugang zur Musik und schreibt sogar erste eigene Texte. Mit seiner Hilfe findet sie sogar das nötige Selbstvertrauen, als Frontfrau bei den Auftritten zu agieren. Leider kann sie die Auftritte nur selten genießen, da entweder der zeitweilig vorhandene Bassist nicht spielen kann, die Lieder verwechselt oder einfach von der Bühne spaziert. Zudem zwingt Clara, Vickys Schwester, ihr auch oft den zehnjährigen Hauke auf, der sich weder für seine Tante Ficky noch für die Band begeistern kann. Aber auch hier weiß der intelligente Christian so manchen Rat, um Haukes morbide Interessen für Folter und Hexerei zu zügeln.

»„Ach so“, sagte meine Schwester und hupte einen Senioren von der Straße, der die Grünphase der Fußgängerampel nicht geschafft hatte.« (Seite 45)

Aus der Sicht von Vicky schafft Bianca Stücker eine Geschichte voller Humor und Lebendigkeit. Dauerobjekt der Belustigung ist neben Vickys frischer Sicht auf die Welt vor allem das Miteinander der Band, insbesondere im Umgang mit den wechselnden Bassisten, die für viele Witze oder auch mal einen Liedtext herhalten müssen. Trotz aller Differenzen halten sie aber dennoch zusammen und arbeiten an einem Durchbruch, auch wenn dies bedeutet im Dachboden von Vickys Schwester Clara unter üblen Verwesungsgerüchen proben zu müssen. Zumindest ist der Probenraum umsonst – zumindest fast, denn Vicky zahlt den Raum mit Babysitten ab. Das ist auch der einzige Grund, warum Clara die Band manchmal zu den Konzerten fährt, denn wirkliches Verständnis hat sie nicht für das Hobby ihrer Schwester und die komischen Typen, mit denen sich Vicky umgibt. Da trifft Untergrund a la Tim Burton auf Vorstadtgemüt.

» „Mir ist schlecht“, jammerte Scarlett.
„An meinem Fahrstil kann es nicht liegen“, behauptete Clara, „zumindest hat sich bis jetzt noch keiner beschwert.“
„Doch“, widersprach ich, „ich!“
„Aber sonst keiner“, blieb meine Schwester stur, bog ab, suchte sich zielsicher die Stelle aus, an der der Kantenstein am höchsten war, und hielt direkt darauf zu. Die Erschütterung ging einem durch Mark und Bein.
„Aus Angst“, murmelte ich.
„Ich muss auf Toilette“, wimmerte Scarlett.« (Seite 152)


Fazit

The Spooky Verona Freak Show ist eine erstaunlich spannende Geschichte über die Probleme einer Band, einen Bassisten und schlussendlich sich selbst zu finden. Bianca Stücker weiß fantastisch mit Worten umzugehen und überzeugt nicht nur durch frischer Bilder und witzige Dialoge, sondern vor allem durch einzigartige Charaktere voller Macken und Schrullen, die man einfach nur lieben kann. Zwischendurch lockern Bilder aus dem Bandleben die Geschichte auf. Beste Unterhaltung auf hohem Niveau!


 Pro/Contra

+ skurriler Humor
+ witzige Geschichte mit kleinen und großen phantastischen Nebensächlichkeiten
+ vielseitige und witzige Charaktere
+ erfrischen-herrlicher Stil
+ kleine Liebesgeschichte, die sich unauffällig und gekonnt in die Geschichte eingliedert

Bewertung: sterne5

Charaktere: 5/5
Handlung: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5