Verlag: Panini (Juli 2014)
Broschiert, 116 Seiten, 14,99 Euro
ISBN-13: 978-3862019984
Genre: Action, Superhelden
Klappentext
Eine Spinne, viele Feinde
Mit einem angeblichen Fotografenjob in einem alten Spukhaus beginnt für Peter Parker ein fiebriger Albtraum. Denn um das Leben zahlloser Unschuldiger zu retten, muss der erstaunliche Spider-Man 99 Schurken wie Sandman, Jack O’Lantern, Shocker, Hydro-Man, dem Vampir Morbius, Venom, Carnage, der lebenden Bombe Nitro, Kraven dem Jäger oder Frankensteins Monster gegenübertreten! Eine atemlose Tour de Force für den Netzschwinger, der es an Land, in der Luft und unter Wasser mit seinen ärgsten Widersachern zu tun bekommt…
Dieser Band enthält als deutsche Erstveröffentlichung die abgeschlossene US-Miniserie Marvel Knights: Spider-Man 1-5, geschrieben von Matt Kindt (Infinity) und mit dem spektakulären Artwork von Marco Rudy (Swamp Thing).
„Gut durchdacht und wundervoll gezeichnet.“(comicbookresources.com)
ÜBER 110 SEITEN!
Rezension
Die meisten Superhelden-Comics und deren Filme, konzentrieren sich meist nur auf einen, wenn es dann hoch kommt, zwei oder drei Gegenspieler. Sind es mehr, ist ganz schnell die Rede von einem Overkill. Doch es gibt immer jemanden, der die Ausnahme der Regel ist und wie kaum ein anderer Gefahren magisch anzieht; und das nur, weil er das Pech hatte von einer radioaktiven Spinne gebissen worden zu sein. Richtig, die Rede ist von Peter Parker alias Spider-Man. Die coole Rächer-Spinne hat es in Paninis neuester Veröffentlichung faustdick hinter den Ohren und man möchte nicht in seiner Haut stecken. So viel vorab: Ein gruseliges Haus, alles irgendwie surreal und ganze 99 Schurken, die bekämpft werden wollen. Dieser Comic bietet auf knapp 120 Seiten etwas, was sonst nur eine Graphic Novel mit 400 Seiten schaffen könnte.
Peter beschleicht das seltsame Gefühl, irgendwie im falschen Film gelandet zu sein. Seine Freundin M.J. hat mit ihm Schluss gemacht. Aus diesem Grund sucht er einen neuen Job, um genug Geld für ein famoses Date bei Seite zu legen. Der Weg erweist sich als äußerst verrückt und beschwerlich. Das alte Spukhaus. Interessant und unbekannt zugleich. Also rein mit der Kamera und die ersten Schnappschüsse hinter sich bringen. Doch kaum setzt Peter einen Fuß in das erste Zimmer, schon vibriert der Spinnensinn in allen Ecken seines Körpers. Peter überlässt seinem Alter Ego die Arbeit und darf sich für diese Entscheidung selbst gratulieren. Fast im Sekundentakt bekommt Spidey seine Gegenspieler zu Gesicht. Sie alle wollen die Spinne endlich ins Nirwana schicken. Doch auch bei ihnen herrscht die Devise: Leichter gesagt als getan. Spider-Man ist ein außerordentlich guter und wendiger Kämpfer geworden. Außerdem wissen die Bösewichte teilweise selbst nicht, wem sie es zu verdanken haben, in diesem Haus eingesperrt zu sein. Peter rast von Kampf zu Kampf, sodass dem Leser schwindelig zu Mute wird; da bleibt kaum Zeit zum Luft-holen. Spider-Man begegnet allen möglichen Kreaturen, witzige Highlights sind u.a. Jack O’Lantern und Frankensteins Monster. Die restlichen Antagonisten besitzen ebenfalls ihre Stärken, um den Rächer zu drangsalieren. Kämpfen ist nicht das Einzige, das Spider-Man tun muss. Mit zunehmend geschwächtem Zustand verlangt das skurrile Abenteuer Planung und Logik. Normalerweise kein Problem für den Helden, doch niemand ist zu Glanztaten fähig, erst recht nicht, wenn Müdigkeit und Schmerz die Oberhand gewinnen. Spider-Man erlebt jedoch, dass nicht alle seiner Gegenspieler ihn jetzt töten wollen. Hin und wieder benötigen sie seine Hilfe, denn auch sie wollen den Albtraum hinter sich lassen. Als die Spinne herausfindet, wer der Drahtzieher ist und warum der ganze Zirkus veranstaltet wird, macht es die ganze Sache nicht einfacher. Auch dann nicht, wenn man plötzlich nicht mehr in einem Haus in den USA, sondern auf Malta ist. Das Finale rückt immer näher und die Gefahren wollen nicht abbrechen. Im Gegenteil: Sie schnüren dem Rächer immer weiter die Kehle zu. Doch Spider-Man gibt nicht auf und heikle Situationen haben ihn bisher über sich hinaus wachsen lassen. Auch dieses Mal muss er die Kraft dafür aufbringen, denn kaum vorstellbar, was geschehen würde, wenn Parker fällt und die Kriminalität nicht mehr nur im Spukhaus Einzug hält.
In den letzten Jahren wurde das Spider-Man-Universum mit sehr vielen lesenswerten Juwelen aufgestockt. Zwar sind nicht nur Meisterwerke dabei, doch keines von ihnen war so schlecht, als dass man es nach drei Seiten aufgeben möchte. Die Frage ist, wo genau sich Marvel-Knights: Spider-Man einordnen lässt. Und nach bereits wenigen Panels steht fest: Dieser Comic gehört in die absolute Oberliga des Marvel-Universums. Die Handlung ist gekennzeichnet von zahlreichen Tempowechseln, die keinesfalls verwirren. Was erzählt werden muss, wird erzählt. Dabei wird stets Acht auf Peter Parkers Innenleben gegeben, das in der einen oder anderen Situation von enormer Wichtigkeit ist; beispielsweise als er sich an die Ausflüge mit seinem Onkel erinnert. Die Geschichte führt die 99 Schurken immer zur richtigen Zeit ein. Zu kurz kommt fast keiner. Doch ist das natürlich eine subjektive Angelegenheit, denn jeder dürfte einen favorisierten Bösewicht haben. Da ist es schade sich nach einer Seite wieder dem nächsten zuwenden zu müssen. Doch ist das in dem Fall ein reines Luxusproblem und kein Minus der gesamten Qualität. Hier zeichnet sich Erzählstruktur nicht durch plumpe Action aus. Der Verlauf steht auf einem durchdachten Boden, der äußerst komplex und intelligent gestaltet wurde. Unterstützt wird das durch den guten Umgang mit der Textmenge in den Sprechblasen. Spideys Gedanken sind kurz und knackig, obwohl viel mehr dahinter steckt. Kein Antagonist wird auf sein Böses reduziert und gilt als ebenbürtig.
Die fließenden Übergänge sind nicht nur in der Handlung an sich erkennbar. Sie werden in jeder Hinsicht von den Zeichnungen unterstützt. Aus diesem Grund gibt es bei diesem Exemplar keine klassische Panel-Aufteilung. Sie würde nicht zum Stil des Tons passen und den Lesefluss extrem verlangsamen. Man wird als Leser von den Zeichnungen und deren Nuancen geleitet. Hier bleibt wirklich nichts dem Zufall überlassen. Der Blick schwenkt auf das Zentrum, das Wichtigste wird sofort erkannt und auf die nächste Seite mitgenommen. Die Farben sind gut dosiert und geschickt eingesetzt worden. Weder zu matt, noch zu scharf. Dunklere, hin und wieder chaotische Ansätze unterstreichen Spideys prekäre und schier fassungslose Situation. Er verliert sich in Gedanken, ist sich nicht sicher, ob es klüger wäre nachzugeben - das und viel mehr wird im Artwork implizit ausgedrückt. Eine Harmonie, die schier zum Greifen nahe ist. Die Szenaristen haben ein perfektes Teamwork abgeliefert.
Panini hat sich und allen Netzschwinger-Fans mit der Veröffentlichung der Marvel Knights-Reihe einen riesigen Gefallen getan. Spider-Man avanciert immer mehr zu einem Helden für Erwachsene. 99 Prüfungen sind ein guter Vorgeschmack, denn hier gibt es nicht nur eine ausgeklügelte Geschichte und einen innovativen Zeichenstil zu bewundern; Action wird mit Sinn und Verstand dargestellt und Brutalität muss nicht zwangsläufig in einem blutigen Massaker enden. Auch intellektuell wird Einiges geboten, da sich Spider-Man oft in vielerlei Hinsicht hinterfragt. Seine Familie und seine Fähigkeiten spielen da eine ganz große Rolle. Alles in allem lässt sich nicht viel Negatives anmerken. Außer, dass neben der wirklich schönen Cover-Galerie dieses Mal zusätzliche Extras wünschenswert gewesen wären.
Fazit
Nicht nur für jeden Spider-Man-Fan ein Muss. Der Comic überzeugt als ein Ganzes und beinhaltet eine spezielle Note, die jeder Leser für sich heraus kristallisieren muss. Außerdem gibt es sonst keinen Superhelden, der gegen fast 100 Super-Schurken gleichzeitig antritt. Preis und Qualität stehen, wie das Szenario, in guter Harmonie zueinander.
Pro/Contra
+ viel Tempo mit klarer Linie
+ roter Faden wird durch Zeichnungen sichtbar
+ 99 Gegenspieler, nur fast 120 Seiten
+ purer Luxus
+ alles drin für Jung und Alt
- dieses Mal: Zu wenig Extras
Bewertung:
Handlung: 4,5/5
Charaktere: 5/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung. 4/5
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