Apokalypse Z (Manel Loureiro)

Heyne (April 2014)
Klappenbroschur, 480 Seiten
ISBN: 978-3453315525
€ 14,99 [D]

Genre: Horror


Klappentext

Dies ist das Ende der Menschheit.

Mit rasender Geschwindigkeit verbreitet sich ein geheimnisvolles Virus von Russland aus über den Rest Europas: Diejenigen, die daran sterben, kehren als blutrünstige Monster zurück und hinterlassen eine Spur der Verwüstung. Einer der wenigen Überlebenden ist ein junger Blogger, der Tag für Tag, die Ereignisse dokumentiert. Dies sind seine Aufzeichnungen vom Ende der Welt.


Rezension

Irgendwo in Russland gab es einen Zwischenfall, über den nur wage in den Nachrichten berichtet wird. Doch langsam machen sich Gerüchte breit, dass etwas geschehen ist, was den Russen schwer zu schaffen macht. Natürlich sind die westlichen Länder schnell mit ihrer Hilfe zur Stelle, um das ominöse Geschehen in den Griff zu bekommen: Doch die Lage eskaliert weiter und plötzlich werden Menschen krank, aggressiv und gefährlich. Als Russland verloren scheint und die abgesandten Experten und Militärs zurückreisen, bringen sie die Krankheit mit nach Europa, wo sie sich wie ein Lauffeuer unaufhaltsam ausbreitet. Während die Welt stirbt, hält ein Blogger das Geschehen fest, solange er kann, doch irgendwann wird auch bei ihm die Hölle vor der Tür stehen.

Apokalypse Z“ ist ein überraschend hochwertig aufgemachter Roman bei Heyne, der im Fahrwasser von „The Walking Dead“ mitschwimmen und natürlich für eine gute Konjunktur sorgen soll. Der Qualität seiner Vorbilder gerecht zu werden, gelingt dem Erstlingswerk von Manel Loureiro mit etwas Wohlwollen die ersten 200 Seiten, bis es kläglich den Bach runter geht. Dass der Roman seine Inspiration erst gar nicht verheimlichen möchte, bekommt man noch vor den ersten Worten mit dem Zitat ‚Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, kommen die Toten auf die Erde zurück’ (Dawn of the Dead, 1978) präsentiert. Offenbar war ein Zombie-Roman angedacht, der die Wurzeln wieder aufgreift, auch wenn sich hier niemand aus dem Grab erhebt. Die erwähnenswerten 200 Seiten lang gelingt das ganz gut und hat mit der Prämisse, vom Ende der Welt in Blogform zu erzählen, einen neuen Touch verliehen – das Pendant zur Wackelkammera im Horrorfilm. Der namenlose Protagonist hat Glück im Unglück, denn zufällig hat er eine hohe Mauer um sein Haus und zufällig gerade eine Solaranlage installiert und zufällig sehr viele Essensreserven gelagert. Während er die ersten Tage und Wochen mit dem Ende der Welt konfrontiert wird, kann er in vermeintlicher Sicherheit seinen Blog schreiben und sich um seinen Kater (sowohl männliche Katze als auch Resultat zu vielen Alkohols) kümmern. Bis dahin hat der Roman zwar nur das wiederholt, was schon hunderte Male im Zombiegenre durchgekaut wurde, aber in Anbetracht dessen, dass „Apokalypse Z“ sich womöglich als Hommage versteht, unterhält das Buch mit guter Atmosphäre und relative guter Sprache (für einen Blog). Doch ab einem gewissen Punkt, gibt es das Internet nicht mehr und ab dem selbigen Punkt auch nichts mehr Positives, was den Leser erwartet.

Der Blogger steigt gezwungenermaßen vom Computer auf Block und Stift um und führt Tagebuch. Doch mit einem Mal stimmen weder die Angaben zu Datum und Zeit – wie vor jedem Absatz dokumentiert – nicht mehr mit dem überein, wann der Text geschrieben wurde, noch sind die grammatikalischen Zeiten nachvollziehbar. Präsens wechselt zu Perfekt wie es gerade lustig ist und ignoriert teilweise vollständig, den Zeitpunkt des tatsächlichen Schreibens. Womöglich ein Problem der Übersetzung, aber unwahrscheinlich. Und überhaupt hat sich die dokumentarische Ansammlung von Informationsbruchstücken zu einem regulären Erzählstil gewandelt. Was nicht weiter schlimm wäre aber spätestens hier bemerkt man, dass der Erzähler besser bei seinem Blog geblieben wäre. Der Schreibstil ist für so eine Romanveröffentlichung verblüffend schlecht. Man hat das Gefühl die Texte eines 16-jährigen zu lesen und nicht die eines Anwalts. Anstatt stimmungsvoller Beschreibungen gibt es unablässig Sätze wie „Es war infernalisch.“, „Der Horror!“ wahlweise „Wie in einem Horrorfilm.“, was ironisch ist, denn offenbar hat der Blogger nie einen gesehen, denn er weigert sich bis zu letzt, das Wort „Zombie“ in den Mund zu nehmen – und das bei diesem Titel. Aus heiterem Himmel fallen auch Begriffe wie „Darwin“ und „Dantes Inferno“, was wohl dazu dienen soll, den Protagonisten belesen darzustellen, wirkt aber nur fehlplaziert in Anbetracht seiner sonstigen Handlungen und Wortwahl. Je mehr Seiten man hinter sich gebracht hat, desto bescheidener wird der Erzählstil.

Das alles mag ärgerlich sein, allerdings nicht so wie der restliche Verlauf der abstrusen Story. Ohne zu viel vorweg nehmen zu wollen: Der Protagonist entschließt sich, sein Haus samt Kater zu verlassen und seine Rettung draußen zu suchen. Anstelle von Rettung erwartet ihn jedoch ein unglückseliger und unfreiwilliger Job als Paketbote … richtig: Paketbote. Die Begründung dafür grenzt an Rassismus gegen Ukrainer und das Druckmittel, das den Protagonisten dazu bewegen soll, diese ungeliebte Stelle anzunehmen, ist einfach lächerlich. Hätte man als Titel „Postbote der Apokalypse“ gewählt und hier einen augenzwinkernden Roman verkauft, hätte das womöglich verhindert, dass man beim Lesen fassungslos den Kopf schüttelt. Aber leider ist der Humor hier nur unfreiwillig.

Manel Loureiro schient nicht erkannt zu haben, was die Essenz des Zombie-Genres ist und dieses so erfolgreich macht, oder es ist ihm nicht gelungen, diese in seiner Variante zu verdeutlichen. „Apokalypse Z“ ist keine Parabel. Es kritisiert nichts und niemanden, außer vielleicht – warum auch immer – die Ukrainer (bzw. Russen), die aus einem 60er Jahre Bond-Film stammen könnten. Er schafft es nie, aus den breitgetretenen Pfaden der klischeebehafteten Figuren und Metzeleinlagen abzukommen. Ebenso wenig stellt es seine Protagonisten in den Mittelpunkt. Die wandelnden Toten sind immer die Darstellung der personifizierten Bedrohung. Man ist alleine, die ganze Welt hat sich gegen einen gewandt und es scheint keinen Ausweg zu geben. Jeder Schritt muss bedacht sein, denn Fehler sind tödlich. Dennoch sind die Zombies nur ein Mittel zum Zweck, des Menschen wahre Natur zu entblößen. Wozu ist man fähig, wenn es um das eigene Leben geht und ist es möglich, dass der Mensch die wahre Bedrohung ist, wenn das System fällt? Helfe ich Personen in der Not oder ist mir mein Leben am wichtigsten? Teile ich mein Essen mit ihnen und wem kann ich noch trauen? Zumindest sind es diese Themen, was den Comic (die Serie) „The Walking Dead“ oder Spiele wie „The Last of Us“ zu solchen Meisterwerken macht. Man kann natürlich auf Tiefgründigkeit verzichten, aber dann sollte man wenigstens unterhalten.


Fazit

Apokalypse Z“ hätte ein Internetblog bleiben sollen. Der Roman beginnt zwar recht viel versprechend, verliert aber schnell an Spannung und Logik. Immer mehr fragt man sich, ob Manel Loureiro das ernst meint, was er einem da mit schlechtem Schreibstil vorsetzt, bis man das Buch am Ende mit einem Schulterzucken weglegt, wenn man es nicht bereits genervt abgebrochen hat. Der Vergleich mit Stephen King ist jedenfalls eine Frechheit. Leider eignet sich das Buch nur für Leser, die – wie der Protagonist – noch nie etwas von Zombies gehört haben.


Pro und Kontra

+ die Passagen in tatsächlicher Blogform
+ netter Anfang
+ Neoprenanzug

- unausgeglichener Hauptcharakter
- klischeehafte Nebencharaktere
- lächerliche Entwicklung der Story
- grammatikalische Zeiten stimmen nicht immer
- kein Spur von (genreüblichen) Tiefgang der Vorbilder

Beurteilung:

Handlung: 2,5/5
Charaktere: 2/5
Lesespaß: 2,5/5
Preis/Leistung: 2,5/5