Der Mordfall Benson (S. S. van Dine)

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Köln, DuMont 2012 (DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek)
Originaltitel: The Benson Murder Case (1926)
Philo-Vance-Serie, herausgegeben von Volker Neuhaus
Übersetzt von Manfred Allié
E-Book, 315 Seiten
€ 3,99 [D] | € 4,10 [A] | CHF 6,50
ISBN: 978-3-8321-8699-9

Genre: Krimi


Inhalt

Der alleinstehende Finanzmakler Alvin Benson wird nachts in seinem Haus mit einem 45er Armeecolt erschossen, während er in seinem Sessel sitzt und ein Buch liest. Sein Bruder und Geschäftspartner Major Benson bittet Bezirksstaatsanwalt Markham, der ein alter Freund von ihm ist, selbst die Ermittlungen zu übernehmen. Markham wiederum lässt seinen Freund Philo Vance an den Recherchen teilnehmen. Da es keine Einbruchspuren gibt, muss Benson den Mörder selbst eingelassen haben. Am Tatort finden sich eine Damenhandtasche und ein Paar Damenhandschuhe. Die Haushälterin Mrs. Platz sagt aus, dass Benson am Tage keinen Damenbesuch hatte. Am Abend sei er ausgegangen und erst zurückgekommen, als sie bereits schlief. Das einzig auffällige sei eine „Fehlzündung“, die sie gegen Mitternacht geweckt habe - es war der Schuss. Dadurch lässt sich der Tatzeitpunkt bestimmen. Ein Streifenpolizist sagt aus, ungefähr zur Tatzeit einen grauen Cadillac vor dem Haus gesehen zu haben. Markham und Vance fahnden nach dem Wagen und der Dame.


Rezension

Der Mordfall Benson war der erste Roman über den so genialen wie snobistischen adeligen Amateurdetektiv Philo Vance und enthält die mit Abstand meisten Informationen über Vance aus der Hand seines Anwaltes, Freundes und Biographen S. S. Van Dine. Vance ist 35 Jahre alt, Spross einer der angesehensten und ältesten Familien der USA, Absolvent der Universität Oxford, Nutznießer einer umfassenden schöngeistigen Ausbildung, vornehmlich durch Europareisen erworben. Als Erbe des erheblichen Vermögens seiner Tante ist er finanziell unabhängig. Er verlässt sein Bett gerne spät, lässt sich von Butler Currie das Frühstück vorsetzen und freut sich danach über die Möglichkeit, seinen Intellekt herausfordernde Fälle bearbeiten zu können.

Die Figurenkonstellation und die Art der Präsentation erinnern an den viktorianisch-edwardianischen Meisterdetektiv Holmes und seinen Adlatus Watson. Aber anders als Conan Doyle trieb Autor Willard Huntington Wright die Fiktionalisierung auf die Spitze und publizierte unter dem Pseudonym des aus dem Hintergrund beobachtenden Ich-Erzählers Van Dine. Dieser erste Roman gibt auch das Muster der Folgeromane vor: ein Aufsehen erregender, unter mysteriösen Umständen stattfindender Mord in der gehobenen New Yorker Gesellschaft, der durch die normalen Polizeimethoden - greifbare Fakten und Indizien - nicht lösbar ist. Vance klärt den Fall dank seiner beachtlichen psychologischen Ermittlungsmethoden und weil er den Mord als schönes Kunstwerk, den Mörder als Aktionskünstler betrachtet, der seine Mitmenschen und die Ermittler in seine schaurige Komödie oder Tragödie als Figuren einbaut und wie Marionetten manipuliert.
Die Geschichte bedient sich recht frei bei dem realen Mordfall Joseph Bowne Elwell von 1920, der nicht aufgeklärt wurde.


Fazit

S. S. van Dines Der Mordfall Benson ist der erste und nicht beste Beitrag in einer Serie um den Amateurdetektiv Philo Vance. Van Dine führt eine Hauptfigur in die Kriminalliteratur ein, die bereits nach fünf Minuten beziehungsweise rund 50 Seiten den Mörder kennt. Danach wird der Fall aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Der Roman vereint aus heutiger Sicht eine gewisse Behäbigkeit mit einem Ausflug in das Old Boy Network und ein kulturelles Umfeld, das fast neunzig Jahre später recht fremdartig wirkt.


Pro und Kontra

+ arroganter Aristokrat mit affektiertem, in Oxford erworbenem Akzent, ein Verwandter von Dorothy Leigh Sayers’ Lord Peter Wimsey
+ psychologischer Ansatz antizipiert modernere Entwicklungen in der Kriminalliteratur

- teils geschwätzige und selbstgefällig vorgetragene Erklärungen
- esoterisch anmutende Exkurse in die Kunst

Wertung: sterne3

Inhalt: 3/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3/5