NO. 6 (Atsuko Asano und Hinoki Kino)

no6

Egmont Manga (Oktober 2014)
Taschenbuch, 162 Seiten, 6,50 EUR
ISBN: 978-3770484478

Genre: Dystopie / Science Fiction


Klappentext

"Warum nur habe ich an diesem Abend das Fenster aufgemacht…?" Die Stadt NO. 6 ist perfekt. Es gibt kein Verbrechen, Ordnung und Bildung sind die höchsten Tugenden. Alles ist friedlich – bis der junge Shion dem Flüchtling Nezumi Unterschlupf gewährt. Shion wird aus der Bildungselite verstoßen. Er ist skeptisch, ob NO. 6 wirklich das Paradies ist, das es vorgibt zu sein. Und als er unter Mordverdacht gerät, kann er nicht mehr wegsehen. Zusammen mit Nezumi macht er sich auf die Suche nach der Wahrheit.


Rezension

NO. 6 ist eine ideale Stadt, in der es keine Verbrechen gibt und in der alle Bewohner bequem und sorglos leben – so wird es den Menschen zumindest suggeriert. Die Fassade hinter den hohen Mauern ist perfekt, schöne Hochhäuser zieren die Innenstadt und es gibt einen riesigen Park, in dem die Bewohner mit der Natur in Berührung kommen können. Shion ist ein Eliteschüler, der schon früh einen Spezialkurs belegen darf. Er lebt mit seiner Mutter im modernsten Viertel der Stadt, doch er betrachtet NO.6 nicht als ideal. Als er eines Tages trotz eines wütenden Taifuns das Fenster öffnet, fällt ihm der Flüchtling Nezumi in die Arme. Shion erkennt sofort, dass Nezumi verletzt ist – eine Schusswunde. Wie kann so etwas Schreckliches in NO. 6 passieren? Statt Nezumi an das Ordnungsamt zu verraten, behandelt Shion seine Wunde und lässt den Flüchtling sogar bei sich übernachten. Am nächsten Morgen ist der geheimnisvolle Gast verschwunden – doch er revanchiert sich vier Jahre später, als Shion der dunklen Seite der vermeintlich idealen Stadt ins Gesicht blicken muss …

„NO. 6“ erinnert an klein wenig an „Code Geass“,  ist aber eine eigenständige und vor allem faszinierende Geschichte. Basierend auf der Romanvorlage von Atsuko Asano hat Mangaka Hinoki Kino die dystopische Welt perfekt in Szene gesetzt. Auch wenn klar ist, dass hinter der schönen Fassade des Systems dunkle Abgründe lauern und Shion diese schneller zu sehen bekommt, als ihm lieb ist, bietet die Handlung bereits im ersten Band Überraschungen. Nachdem sich die Spannung aufgebaut hat, bleibt sie konstant hoch und zum Ende hin wird es richtig dramatisch. Dabei handelt es sich bei diesem Auftaktband mehr um die Vorgeschichte. Erst am Ende wird die eigentliche Story eingeläutet und ein kleiner Ausblick auf den nächsten Band lässt die Zeit bis Dezember viel zu lang erscheinen.

Die Welt entspricht einer klassischen Dystopie, wo hochmoderne Städte (Hightech) und verdreckte Randzonen (Lowlife) aufeinandertreffen. Während innerhalb von NO. 6 alles auf Hochglanz poliert ist, vegetieren die Menschen vor den Mauern in Slums vor sich hin. Die Verbrechensrate ist hoch, schließlich will jeder irgendwie in die Stadt rein. Zudem wird im sogenannten Westblock der ganze Müll der Stadt entsorgt, inklusive Menschen. Shion bekommt sogar eiskalt gesagt, dass er keinerlei Menschenrechte besitze. Was genau Finsteres in der Stadt vor sich geht und was die Obersten damit zu tun haben, bleibt vorerst im Dunkeln. Es wird gerade so viel verraten, um die Neugier zu entfachen und dass man sich nach weiteren Informationen verzehrt.  

Besonders interessant ist die Beziehung zwischen Shion und Nezumi. Auch wenn sie sich nur einmal kurz gesehen haben, hat diese Begegnung bei beiden tiefe Spuren hinterlassen. Shion ist fasziniert von dem wilden jungen Mann, der sein ganzes Leben in Frage stellt, und Nezumi meint, tief in der Schuld von Shion zu stehen. Daher gibt es eine tiefe Bindung zwischen den beiden so unterschiedlichen Protagonisten. Die Nebencharaktere spielen bislang keine große Rolle, wobei Shions Freundin Safu hoffentlich wieder mitmischen wird. Sie ist die einzige, die weiterhin Kontakt zu Shion hält, nachdem ihm seine Vorzugsbehandlung entzogen wurde (weil herausgekommen ist, dass er Nezumi gerettet hat). Dann wäre da noch Shions Mutter, die sich nach ihrer Verbannung erstaunlich gut an das Leben in der Unterschicht der Stadt angepasst hat – doch inwieweit sie weiterhin präsent sein wird, ist unklar.

Optisch erinnert „NO.6“ stark an Animes wie eben „Code Geass“  oder „Psycho-Pass“ und wartet mit coolen Charakterdesigns und detaillierten Hintergründen auf, die die Stadt schön in Szene setzen.  Mimik und Gestik sind gut gelungen, ebenso wie die Kampf-/Fluchtszenen. Entsprechend der ernsten Thematik  gibt es so gut wie keine SD-Zeichnungen, trotzdem bleibt zwischendurch ein bisschen Zeit für humorvolles Geplänkel. Denn Nezumi hat großen Spaß daran, Shion zu ärgern und zu provozieren.  


Fazit

„NO. 6“ legt einen grandiosen Stadt hin und schürt große Hoffnungen auf eine spannungsgeladene SF-Reihe mit dystopischem Setting. Shion und Nezumi sind zwei völlig unterschiedliche und sehr charismatische Protagonisten, die der dunklen Seite der vermeintlich idealen Stadt den Kampf ansagen. Tolle Story, coole Optik – ein Must-Have in diesem Herbst!


Pro & Contra

+ stimmungsvoll inszeniertes, dystopisches Setting
+ charismatische Protagonisten
+ interessante Beziehung zwischen Shion und Nezumi
+ reichlich Action für einen ersten Band
+ coole Zeichnungen im Animestil

o Fokus bisher ausschließlich auf den Protagonisten

Wertung: sterne4.5

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5