Bernd Perplies (03.11.2014)

Interview mit Bernd Perplies

bernd perplies2014Literatopia: Hallo, Bernd! In Kürze erscheint mit „Das Blut des schwarzen Löwen“ der Auftakt Deiner neuen Fantasy-Reihe „Imperium der Drachen“. Was erwartet die Leser?

Bernd Perplies: Action, Humor, Liebe, Hass, exotische und ein paar altbekannte Fantasy-Rassen, Großstadtintrigen und eine Odyssee, die fern übers Meer führt, Schurken, die Gutes tun, und Helden, die furchtbare Taten begehen, große und kleine Fische, Schwerter und Zauberei – kurz: ein episches Abenteuer. Und das alles mal nicht in einem Mittelalter-Umfeld, sondern sozusagen 1000 Jahre früher, in einer fiktiven Antike angesiedelt.

Literatopia: Was ist Dein Protagonist Iolan für ein Mensch? Wie ist er aufgewachsen? Und was treibt ihn letztlich an, gegen den König vorzugehen?

Bernd Perplies: Iolan ist ein junger Mann an der Schwelle zum Erwachsenenalter, der in einem kleinen Fischerdorf namens Efthaka an der Ostküste des Landes Cordur lebt. Obwohl er, wie es heißt, ein Findelkind ist und seine wahren Eltern nie kennengelernt hat, ist er absolut glücklich dort.

Er hat liebende Zieheltern, zwei Ziehgeschwister – den älteren Markos und die jüngere Mirene – und seit einiger Zeit hat er auch eine Freundin, die er irgendwann heiraten will. Als in der Nacht nach seiner Weihe zum Mann königliche Soldaten auftauchen und Efthaka scheinbar ohne Grund in Schutt und Asche legen, wird sein heiles Leben zerstört. Iolan kann dem Massaker mithilfe des geheimnisvollen Arastoth entkommen. Dieser überredet Iolan dazu, sich seinem Kreuzzug gegen den Gewaltherrscher Iurias Agathon anzuschließen.

Literatopia: Welche Rollen spielen Iolans (Zieh-)Geschwister im Roman? Und was hat es mit dem mysteriösen Quano Arastoth auf sich?

Bernd Perplies: Iolans Geschwister spielen durchaus eine wichtige Rolle. Zwar mag Iolan im Zentrum stehen, aber ich sehe die Ereignisse, die in „Imperium der Drachen“ erzählt werden, als die Geschichte der drei Geschwister. Markos hat in diesem ersten Band im Wesentlichen die klassische Fantasyheldenrolle inne, denn er begibt sich nach dem Massaker von Efthaka auf die Suche nach Iolan und Mirene, die beide verschwunden sind, aber am Leben sein sollen. Dabei erlebt er verschiedene Abenteuer und lernt neue Freunde an fernen Orten kennen. Mirenes Rolle ist noch etwas kleiner. Sie dient im Wesentlichen als Stütze und Ansprechpartnerin für Iolan – und sie beeinflusst sein Handeln indirekt, da er sie vor allen Gefahren beschützen will.

Arastoth ist in der Tat eine etwas undurchsichtige Gestalt. Er ist sowohl ein alter Freund von Iolans Ziehvater, als auch der Botschafter der Quano in der cordurischen Hauptstadt Aidranon. Außerdem kämpft er gegen den König des Cordurischen Reichs. Viel mehr soll über ihn im Moment auch nicht verraten werden.

Literatopia: Die hageren Quano geben mit ihrer grauen Haut seltsame Erscheinungen ab. Was hat es mit diesem Volk und ihrer Magie auf sich?

Bernd Perplies: Die Quano sind eines der zwei „exotischen“ Völker, die ich auf Yeos angesiedelt habe. Es handelt sich um menschenähnliche Geschöpfe mit grauer, lederartiger Haut, großen schwarzen Augen und einem kahlen Schädel, der von einer Knochenwulst wie ein Ring umgeben wird. Sie sind ein Volk, das enorm im Einklang mit der, wie sie es nennen, Weltseele Gahat stehen. Sie verbringen viel Zeit damit, den Willen der Weltseele zu interpretieren und ihren Harmonien zu lauschen. Mit Gahats Hilfe gelingt es ihnen, magische Wunder zu vollbringen. So vermögen sie den Geist derer zu beeinflussen, die sich in ihrer Umgebung aufhalten, und Emanationen aus Licht heraufzubeschwören. Damit sind die Quano im Prinzip die „Zauberer“ in der Welt von „Imperium der Drachen“.

Literatopia: Im Buch ist eine schöne Karte Deiner Welt Yeos enthalten, die die Länder rund um den Inneren Ozean zeigt. Welche Völker leben dort? Und welche spielen im ersten Band eine wichtige Rolle?

Bernd Perplies: Im ersten Band stehen vor allem die Menschen im Vordergrund, sowohl die aus Cordur, als auch die aus der fernen cordurischen Provinz Phoekia und dem verfeindeten Xol. Die übrigen Völker dieses Teils von Yeos – die Quano, Borden, Sidhari und Dyrracher – treten im Wesentlichen in Form wichtiger Nebenfiguren in Erscheinung. Über die Quano habe ich ja schon ein paar Worte verloren.

Die Borden sind meine antike Version der Zwerge, angelehnt an keltische oder nordische „Barbaren“. Die Sidhari könnte man als „Wüstenelfen“ beschreiben. Sie sind ein dunkelhäutiges Elfenvolk, das im Einklang mit dem ewigen Sand lebt. Und die Dyrracher … über die wird erst in Band 2 mehr verraten.

Literatopia: Zumindest in den ersten Hälfte des Romans spielen Drachen nahezu keine Rolle. Was hat es also mit dem Imperium der Drachen auf sich? Wo sind die Drachen in Deiner Welt?

Bernd Perplies: „Imperium der Drachen“ ist ja nicht der Titel dieses Buch, sondern der Titel der geplanten Reihe. Diese Reihe hat den Aufstieg und die Wirren des Imperiums der Drachen zum Thema, und, nein, es sind keine „symbolischen“ Drachen, sondern echte damit gemeint. „Das Blut des Schwarzen Löwen“ stellt allerdings eine Art Prequel-Band dar. Die Dinge, die dort geschehen, sind der Auslöser für die geschichtlichen Ereignisse, die Yeos in den Folgebänden umkrempeln werden. Gegen Ende von Band 1 dürfte deutlicher werden, wohin die Reise geht. ;-)

Literatopia: Der Verlag bezeichnet das „Imperium der Drachen“ als eine Mischung aus High Fantasy und Antike – welche antiken Elemente gibt es in der Geschichte?

Bernd Perplies: Im Grund sind alle Elemente antik! Ich habe mich absichtlich von dem doch sehr häufig bemühten Mittelalter-Setting gelöst und von der Recherche über die Konzeption bis zum Schreiben ständig das antike Umfeld vor Augen gehabt. Man hört es an den Namen, man merkt es am mediterranen Schauplatz, an der Kleidung, den Waffen, den Rüstungen, der Kultur und dem Gesellschaftsleben. Außerdem scheint viel häufiger die Sonne, als bei anderen Fantasy-Romanen. ;-) Dennoch ist „Imperium der Drachen“ keine „Hercules“-Fantasy. Es gibt keine Zyklopen, Minotauren oder Sirenen. Das wollte ich explizit nicht. Mein Ziel war es, eine High-Fantasy-Welt zu erschaffen, die sich allerdings in einer früheren Epoche befindet. Wie ich schon schrieb: eben 1000 Jahre früher.

Literatopia: Wie kommst Du auf all die phantastischen Namen, die sich für Fantasy-Verhältnisse auch noch gut lesen lassen? Sind sie in „Imperium der Drachen“ von griechischer Geschichte / Mythologie inspiriert?

Bernd Perplies: Wie genau ich auf die Namen komme, kann ich wirklich nur schwer beantworten. Ich spiele mit Klängen, probiere Buchstabenkombinationen aus und horche dann, ob sie mir beim Aussprechen gefallen. Denn es ist mir wichtig, dass sie gut zu lesen und zu merken sind. Wie soll man sich Figuren nahe fühlen, deren Namen man nicht mal richtig aussprechen kann? In „Imperium der Drachen“ spielen – bei den Menschen – natürlich griechisch-römische Einflüsse mit rein. Ich habe mir die Namen antiker Staatsmänner und ihrer Frauen angeschaut und ebenso aktuelle Namenslisten aus Italien und Griechenland und dann fiktive Namen daraus entwickelt, die ähnlich klingen. Wobei ich versucht habe, gerade den exotischeren Völkern etwas andere Namensregeln aufzuerlegen. Borden-Namen haben etwas Skandinavisches, Sidhari-Namen (die stets genau einen Apostroph enthalten) weisen einen leicht afrikanischen Einschlag auf.

Literatopia: Nach einer Steampunk- und eine dystopischen Trilogie bist Du jetzt wieder in eher klassischen Fantasygefilden unterwegs. Ist dies Dein angestammtes Genre, in dem Du Dich wohl fühlst?

Bernd Perplies: Ich fühle mich dort wohl, das ohne Frage. Aber mein angestammtes Genre würde ich es nicht nennen. Genauso gerne wie High Fantasy schreibe ich Urban Fantasy (in der alten, nichtromantischen Definition des Wortes), Science-Fiction oder Steampunk. Ideen habe ich zu allen Spielarten der Phantastik. Was davon das Licht der Welt erblickt, entscheiden nicht zuletzt die Verlage.

Literatopia: In unserem letzten Interview meintest Du, dass Du gerne wieder einen Einzelroman schreiben würdest. Jetzt stehen mit dem „Imperium der Drachen“ wieder mehrere Bücher an – wie wird sich die Reihe entwickeln?

Bernd Perplies: Hoffentlich phantastisch – im doppelten Wortsinne. Mein Konzept ist relativ groß und ambitioniert, allerdings habe ich als Realist diverse Ausstiegspunkte eingebaut, sodass der Verlag flexibel ist, wie lange er die Reihe fortführen möchte. Es hängt ja auch immer vom Erfolg am Markt ab. Doch wenn die Leser mitmachen, kann daraus ein richtig vielschichtiges Epos werden, mein bislang größtes Buchprojekt überhaupt. Anders als gewisse namhafte Autoren werde ich die Leser aber nicht am ausgestreckten Arm verhungern lassen und nur alle fünf Jahre mal ein Buch abliefern, sondern wenigstens im Jahresabstand Nachschub bieten. ;-)

Was den Einzelroman angeht, ist der Wunsch unverändert vorhanden. Doch nach wie vor schätzen Verlage und Leser in der Phantastik offenbar Trilogien oder Reihen. Für meine Zukunftsplanung ist das natürlich sehr beruhigend. Allerdings bleiben dadurch ein paar hübsche kleinere Projekte auf der Strecke, die einfach nicht mehrbandtauglich sind.

Literatopia: Du bist inzwischen jedes Jahr auf der Frankfurter Buchmesse anzutreffen. Wie hast Du die Messe 2014 erlebt? Und blieb Dir bei Deinen Terminen noch Zeit, Dich selbst ein wenig umzuschauen?

Bernd Perplies: Wie jedes Jahr hatte ich großen Spaß auf der Buchmesse. Dabei geht es gar nicht ums Geschäftliche. Darum kümmern sich Agenturen und Verlage hinter den Kulissen (und mittlerweile ja auch längst nicht mehr nur auf Messen). Ich fahre nach Frankfurt – und zum Buchmesse-Con in Dreieich –, um Kollegen, Freunde, Bekannte und Fans zu treffen, um Neuigkeiten auszutauschen, um zwischen Bergen aus Büchern zu flanieren und den ein oder anderen Schatz darunter zu finden, der mir trotz meines genauen Beobachten des Buchmarkts durch die Lappen gegangen ist. Soll heißen: Ja, ich nehme mir auch die Zeit, mich durch die Hallen treiben zu lassen. Das gehört einfach dazu.

Literatopia: Wie hat sich die Phantastik in Deutschland in den letzten Jahren aus Deiner Sicht entwickelt?

Bernd Perplies: Ich habe das Gefühl, dass die Luft etwas dünner geworden ist. Vor Jahren, als die „Herr der Ringe“-Trilogie von Peter Jackson in die Kinos kam und die Verlage die Völkerfantasy für sich entdeckten, herrschte ja ein regelrechter Boom. In dieser Zeit sind viele ambitionierte Jungautoren auf der Bildfläche erschienen. Ich war einer von ihnen. Man durfte fast alles schreiben, auch Experimente, wie beispielsweise Christoph Hardebuschs „Sturmwelten“, waren erlaubt und wurden gelesen. Mittlerweile sind die Fantasy-Programme vieler Verlage kleiner geworden, die Gelegenheitsleser haben sich alle wieder ihren Regionalkrimis oder Thrillern zugewandt. Dadurch sind einige Kollegen wieder in der Versenkung verschwunden oder in den Kleinverlagssektor abgewandert. Ich schätze, ich bin vor allem deshalb noch da, weil ich zur Beharrlichkeit neige, weil Egmont treu zu mir hält (wofür ich denen sehr dankbar bin) und weil es wohl doch ein paar Leser gibt, die mögen, was ich mache (wofür ich wiederum denen dankbar bin).

Gerade zur Frankfurter Buchmesse hatte ich aber das Gefühl, dass etwas in der Luft liegt. Es gibt Gerüchte über Verlage, die wieder stärker in die Phantastik einsteigen wollen. Zudem wechseln große Namen des Genres gerade von einem Haus zum anderen und eröffnen damit Lücken für Nachrücker. Wie viel davon Messegeraune ist und wie stark sich dieser frische Wind tatsächlich auf den Markt auswirken wird, muss sich natürlich zeigen. Aber ich beobachte 2015 mit Spannung – nicht nur der Entwicklung meiner eigenen Werke wegen.

Literatopia: Während man bei manchem Autor eine Weile auf Fortsetzungen warten muss, erscheinen Deine Bücher sehr regelmäßig. Oftmals müssen die Leser nur ein halbes Jahr warten, bis es weitergeht. Wie schaffst du es, so kontinuierlich zu schreiben?

Bernd Perplies: Es mag banal klingen, aber es ist mein Job. Ich will davon leben können, Bücher zu schreiben (und zu übersetzen – es ist immer eine Mischkalkulation). Da ich aber nicht die Traumtantiemen eines Bestsellerautors einfahre, sondern mich im „normalen Mittelfeld“ bewege, in dem ein Großteil aller Schreibender angesiedelt ist, muss ich einfach regelmäßig nachliefern.

Blühende Fantasie und Disziplin sind hier wohl die Zauberworte. Natürlich macht es mir meine Arbeit leichter, dass ich für mein Leben gern Geschichten erzähle. Aber auch an Tagen, an denen ich absolut keine Lust habe, muss ich mich auf den Hintern setzen und zumindest ein paar Seiten tippen. An solchen Tagen tröste ich mich mit dem Wissen, dass die meisten Menschen regelmäßig über ihren Job schimpfen – über Kollegen, Chefs, gnadenlosen Stress oder dröge Monotonie. Warum sollte es mir anders gehen?

Literatopia: Herzlichen Dank für das Interview!


Autorenfoto: Copyright by Bernd Perplies

Autorenhomepage: www.bernd-perplies.de

Interview von 2012

Interview von 2010

Zum Interview im PHANTAST #6 "Apokalypsen" (ab Seite 63)

Rezension zu "Imperium der Drachen - Das Blut des Schwarzen Löwen" (Band 1)

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Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia.de geführt. Alle Rechte vorbehalten.