Martina Peters (14.11.2014)

Interview mit Martina Peters

peters autorenfotoLiteratopia: Hallo, Martina! Erzähl uns doch zuerst ein bisschen was von Dir. Wer steckt hinter den Zeichnungen?

Martina Peters: Hallo! Mein Name ist Martina Peters, ich bin Jahrgang '85 und studiere Kommunikationsdesign. Nachts werfe ich mich in mein Superheldenkostüm und beschütze die Stadt vor Bindestrichen und Dreipunkten. Und manchmal zeichne ich Mangas. Also öfters. Eigentlich immer.

Literatopia: Kürzlich ist mit „Tempest Curse“ der Auftakt zu Deiner Mystery-Krimi-Trilogie erschienen. Wie ist die Idee dazu entstanden? Und was hat es mit dem Grim Reaper auf sich?

Martina Peters: Was es mit dem Grim Reaper auf sich hat, werde ich natürlich hier nicht verraten. Da muss schon jeder das Buch bzw. die Trilogie selbst lesen. Wo wäre denn da der Spaß und die Spannung?

Zu der Idee kam ich schon vor ein paar Jahren – vermutlich während einer meiner damals täglichen langen Zugfahrten zur Fachhochschule. „Tempest Curse“ begann mit einer Szene und brachte den Grim Reaper gleich mit.

Oder der Grim Reaper die erste Szene. Welche Szene das genau war, kann ich heute nicht mehr sagen, da ich während der Fahrten solche Szenen zu Szenenketten und Geschichten ausbaue. Nachdem ich die „Lilientod“-Trilogie mit Anne Delseit beendete und wieder alleine als Autorin und Zeichnerin für Carlsen begann, war „Tempest Curse“ eines der ersten Konzepte, die mir wieder in den Sinn kamen. Und da ich mal etwas außerhalb des Boyslove-Genres machen wollte, kam mir die Geschichte gerade gelegen.

Literatopia: Warum hat es die Polizei auf den Grim Reaper abgesehen? Immerhin bekämpft er Verbrecher?

Martina Peters: Wenn die Polizei jeden Zivilisten, der sich nachts in eine Kutte wirft und Verbrecher bekämpft, frei herum laufen ließe, wäre unser Rechtssystem (und auch das Rechtssystem in der Welt von „Tempest Curse“) ziemlich bald im Eimer.

Selbstjustiz ist dort wie hier eine Straftat.

Literatopia: Im Nachwort zu „Tempest Curse“ schreibst Du, Du hättest drei Redakteure verschlissen, bis der Manga fertig war. Wie kam es denn dazu?  

Martina Peters: Ich denke, es ist klar, dass ich da einen kleinen Witz gemacht habe. Es ist richtig, dass mich durch den ersten Band „Tempest Curse“ drei verschiedene Redakteure begleitet haben. Das liegt aber nur daran, dass sie jeweils aus persönlichen oder karriere-bedingten Gründen den Verlag verließen.

Literatopia: Wie würdest Du Deinen Zeichenstil beschreiben?  Und was/wer hat Dich bei der Entwicklung Deines persönlichen Stils beeinflusst?

Martina Peters: Ich denke, meinen Zeichenstil kann man am besten mit „simpel und clean“ beschreiben. Ich gebe nicht viel auf fummelige Details in meinen Zeichnungen und achte mehr auf (teils sehr harte) Kontraste und die Darstellung von Gefühlen in Mimik und Gestik.

Wer oder was genau mich in meinem Stil beeinflusst hat, kann ich wohl inzwischen gar nicht mehr aufzählen, wenn ich es überhaupt irgendwann einmal konnte. Man sieht viel, wenn man viel Mangas und Comics liest und manchmal baut man ohne es zu merken Kleinigkeiten ein, die einem Gefallen haben. Mit der Zeit bastelt man so einen Stil, der einem selbst am meisten gefällt und einen ausmacht.

Literatopia: Was hat sich an Deinem Stil in den letzten Jahren am deutlichsten verändert?

Martina Peters: Ich würde sagen, mein Stil ist alles in allem reifer geworden. Es gibt mehr Individualität in Körpertypen und Kopfformen.

Literatopia: Wie gehst Du beim Erstellen eines Manga vor? Mit welchen Materialien arbeitest Du? Und wie viele Entwürfe landen in der Tonne?  

Martina Peters: Am Anfang ist da relativ viel Schreibarbeit – zumindest für meine Verhältnisse. Ich bin nicht gut mit Worten, aber ich muss ja die Kapitelzusammenfassungen irgendwie festhalten. Nicht nur für mich, sondern auch für meine Redakteure.

Danach geht’s fast direkt ans Layouten. Wobei ich oftmals noch einmal eine kleine Seitenaufteilung in einem Skizzenbuch nur für mich herunter schreibe, teilweise mit Regieanweisungen wie „Einspieler Fairhaven“ oder so etwas.

Nachdem ich die Seiten auf kleinen 8 x 12 cm Layouts festgehalten habe, scanne ich sie ein (um sie der Redakteurin zu zeigen) und ziehe sie dann auf ca. 25 x 35 cm um sie in hellblau wieder auszudrucken. Das mache ich direkt auf meinem Tusch-Papier. So habe ich das Layout direkt auf der eigentlichen Seite und ich muss nur noch sauber drüber skizzieren und tuschen.

Nachdem das gemacht ist, wird die Seite wieder eingescannt und alles am Computer gerastert.
Skizziert wird mit einem einfachen B-Mienen Druckbleistift in 0,5 oder 0,35. Getuscht wird ganz klassisch mit Tusche und Feder auf ganz glattem, dickeren Laserdrucker-Papier.

So viele Entwürfe landen gar nicht in der Tonne. So viel Zeit ist auch gar nicht alles fürchterlich oft neu zu machen. Außerdem habe ich meistens die Szenen schon beim Niederschreiben ins Skizzenbuch fein geschliffen. Wenn beim Zeichnen dann mal was schief läuft kann man das am Computer noch retuschieren.

Literatopia: Worum geht es in Deinen Manga „TEN“ und „KAE“? Und inwiefern hängen die beiden zusammen?

tenpest curse11Martina Peters: In „KAE“ geht es um einen gleichnamigen Jungen, der eines Tages ohne Erinnerungen in einem Labor aufwacht. Dort wird ihm gesagt, dass er für die Außenwelt tot ist und sich den Gepflogenheiten des sogenannten „Centers“ unterzuordnen hat. Allerdings gelingt ihm schon bald die Flucht und er begibt sich auf die Suche nach seiner Vergangenheit. Denn scheinbar ist er der einzige der Versuchskaninchen des Labors, der sich nicht erinnern kann.

Auf seine Fersen schickt das Center eines der anderen Versuchskaninchen – die sogenannten „Genes“ - doch statt ihn zu fangen spielt „Inori“ mit „Kae“ und schlägt sich letztlich auf seine Seite, als das Center seine Spielzeit unterbrechen will. Auf ihrer Flucht kommen sich die beiden näher. Was am Ende passiert sollte jeder selbst lesen.

„TEN“ ist die Fortsetzung von „KAE“ und spielt zwei Jahre nach Ende des letzten Bandes. Allerdings kann man „TEN“ auch lesen ohne „KAE“ je angeschaut zu haben. In der Fortsetzung geht es abermals um Kae und Inori. Allerdings stoßen nun, nach einigen Wirrungen zu Beginn der Geschichte, weitere desertierte Genes zu ihnen und gemeinsam mit ihnen machen sie sich auf, das Center zu zerstören.

Literatopia: In Kooperation mit Anne Delseit ist der Manga „Lilientod“ entstanden. Was erwartet die Leser darin?

Martina Peters: In Lilientod geht es – grob zusammengefasst – um einen Assassinen, der das frei erfundene Land Belilior in Angst und Schrecken versetzt, und den Prinzen des Landes, der versucht, dem Meuchelmörder auf die Schliche zu kommen. Und dann kommt er ihm näher, als ihm vielleicht anfangs lieb war.

Literatopia: Dein angestammtes Genre ist eigentlich Boys Love. Was reizt Dich an Liebesgeschichten zwischen (jungen) Männern?

Martina Peters: Ich mag sie einfach. Warum das ist, kann ich nicht beschreiben. Es gibt ja auch kein „Standard-Boyslove“ sondern unterschiedliche Geschichten, von denen mich einige reizen, andere aber so gar nicht. Warum kann ich nicht erklären. Warum lesen und / oder zeichnen andere Leute gerne Harems-Stories? Oder Sport-Mangas?

Literatopia: Auch Du bist über „Sailor Moon“ auf Anime und Manga aufmerksam geworden. Was gefällt Dir besser: Der Anime oder der Manga von „Sailor Moon“? Und wie blickst Du heute darauf zurück?

Martina Peters: Mir gefällt definitiv die Manga-Geschichte von „Sailor Moon“ besser! Zwar hat der Anime einen großen Nostalgie-Wert, weil ich darüber damals zu Manga und Anime kam, aber die Geschichte ist ja doch ziemlich anders als im Manga und ganz ehrlich wurde sie nach der ersten Staffel auch nur noch schlechter.

Literatopia: Du gibst auch Workshops und hältst Vorträge zum Thema Manga. Wie läuft so ein Workshop denn ab? Und was bekommen Zuhörer von Dir präsentiert?

tempest curse12Martina Peters: Das kommt immer auf den Workshop an.

Wenn ich zum Beispiel einen Basis Manga Workshop gebe, erkläre ich in Schritten, wie man eine Manga-Figur zeichnet und mache zwischendurch immer kleine Pausen, damit die Teilnehmer das gelernte umsetzen können. Dabei gehe ich herum und gebe direkt personenbezogen Tips.

Wenn ich aber zum Beispiel einen Vortrag über Paneling halte zum Beispiel, erkläre ich anhand einer Präsentation, wie das mit dem Paneling funktioniert. Damit mir die Zuschauer nicht gedanklich abschweifen versuche ich sie immer mit Fragen in das Thema einzubinden. Die meisten wissen schon einige Dinge, die ich anspreche und können sich damit einbringen. Ein bisschen wie Schulunterricht.

Literatopia: Derzeit gibt es gleich mehrere Reihen deutscher Zeichner bei Carlsen. Wie erlebst Du die Entwicklung in der deutschen Mangaszene?

Martina Peters: Momentan habe ich das Gefühl, dass es wieder einen Aufschwung gibt.

Lange Zeit schien es mir so, dass die Verlage sehr viele neue, junge Zeichner heranzog und „ausprobierte“ - darunter auch mich. Durch diese Übersättigung an deutschsprachigen Zeichnern, die auch oftmals nicht supergut waren (jeder fängt ja mal irgendwo an) war das Interesse an den „einheimischen Mangaka“ ziemlich gering und bei vielen setzte sich das Vorurteil fest, dass deutsche (oder deutschsprachige) Zeichner „scheiße sind“ oder „nichts können“.

Inzwischen haben sich die meisten meiner Kollegen aus dieser Zeit selbst aussortiert und geblieben ist der harte Kern, der sich natürlich mit der Zeit auch immer weiterentwickelt hat. So können wir den geneigten Lesern nun natürlich eine wesentlich höhere Qualität bieten und so langsam beginnen die einheimischen Mangas wieder an Popularität zu gewinnen. Denke ich. Aber ich kann mich auch irren.

Literatopia: Zu Deinen Werken sind Fanarts und Fanfictions ausdrücklich erlaubt. Sieht man das im Manga-Fandom grundsätzlich lockerer? Und gibt es bereits Fanarts/-fictions zu „Tempest Curse“ oder Deinen anderen Werken?

Martina Peters: Ich bilde mir nicht ein, für die gesamte Manga-Szene oder den Manga-Fandom sprechen zu können. Es gibt Zeichner und Autoren, die mögen es, andere wieder nicht. Ich find's toll und unterstütze auch gerne Cosplayer und Zeichner, indem ich Style-Sheets der Figuren anlege, an denen sie sich orientieren können.

Zu Tempest Curse gibt es noch keine Fanfictions. Der Manga ist ja auch noch keine zwei Monate raus. Sowas braucht Zeit.

Zu „KAE“ und „TEN“ gibt es bereits einige Cosplays, Fanfictions und Fanarts.

TC Poster NietzscheLiteratopia: Du warst auch auf der Frankfurter Buchmesse unterwegs und hast fleißig Mangas signiert. Wie hast Du die Messe erlebt? Und wie kommt „Tempest Curse“ bei den Fans an?

Martina Peters: Die Messe war ziemlich aufregend und auch für meine Verhältnisse voll mit Terminen. Aber die waren eigentlich durchweg toll. Vor allem habe ich viele neue Gesichter bei den Signierstunden gesehen. Besonders hat mich gefreut, dass ich jetzt so viele Jungs vor meinem Tisch stehen hatte. Das war ja bei den Boyslove-Mangas nie so. So war das gedacht. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.

Literatopia: Wie viele Mangas besitzt Du? Und was/wer sind Deine Lieblingsreihen/-zeichner?

Martina Peters: Beim letzten Umzug habe ich mal gezählt... aber schon wieder vergessen, wie viele es waren. Außerdem habe ich immer mal wieder etwas hinzu gekauft und zähle da selten nach. Das dauert zu lange. Ich habe allerdings keine „all time favourites“ was die Zeichner oder Reihen angeht. Das wechselt immer. Momentan lese ich gerne Tokyo Ghoul, Shingeki No Kyoujin und Pandora Hearts. Aber ich habe keine „Lieblingszeichner“ per se.

Literatopia: Kannst Du uns schon verraten, was die Leser im zweiten Band von „Tempest Curse“ erwartet?

Martina Peters: Einen kleinen Anfang davon hat man ja schon am Ende des ersten Bandes gesehen.
Ansonsten: mehr Action, mehr Spannung, mehr Mystery und (hoffentlich) einige Antworten auf eure Fragen vom ersten Band. Jetzt, da man weiß wer Grim ist, kann der Leser auch hinter die Kulisse und in die Gedankenwelt des Phantoms schauen. Ich denke, da klärt sich dann einiges. Also seid gespannt!

Literatopia: Herzlichen Dank für das schöne Interview, Martina! 

 

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Autorenfoto: Copyright by Martina Peters

Bildmaterial aus "Tempest Curse": Copyright by Martina Peters / Carlsen Verlag

Autorenhomepage: www.laubhaufen.net

Rezension zu "Tempest Cruse" Band 1

Rezension zu "Tempest Curse" Band 2

Rezension zu "Tempest Curse" Band 3


Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia.de geführt. Alle Rechte vorbehalten.