Rezensionen im November (2014)

Liebe LeserInnen,

die Adventszeit ist eingeläutet und das Jahresende naht – was auch bedeutet, dass wir euch heute bereits den vorletzten Rezensions-Rückblick für dieses Jahr präsentieren. Auch im November war die Redaktion wieder fleißig und hat zahlreiche Bücher für euch gelesen und besprochen. Die wichtigsten Titel haben wir wie immer für euch zusammen gestellt – viel Spaß beim Stöbern!



Belletristik

Anschaulich beschreibt "Der Herr der Fliegen" anhand einer Gruppe Kinder, die auf einer Insel stranden, den Zerfall der Menschlichkeit. Ralph steht gegen Jack, Zivilisation gegen rohe Gewalt, Verstand gegen primitive Instinkte, Demokratie gegen Diktatur. Das Böse schlummert in jedem von uns. Dieses Wissen ist nicht neu. William Golding gelingt es jedoch in einer packenden Erzählung Gänsehaut und Beklemmung zu erzeugen, wenn sich sein Inselparadies zur sprichwörtlichen Hölle wandelt.

Die Belgierin Madeleine Bourdouxhe entwickelt in "Auf der Suche nach Marie" das subtile Psychogramm einer modernen Frau auf dem Weg zu sich selbst, über den Umweg der Affäre mit einem fremden Mann, den sie nicht weiter kennenlernt, und eines intensiven Erlebnisses mit ihrer Schwester Claude. edition fünf hat Auf der Suche nach Marie in der Bibliothek weiblichen Erzählens neu veröffentlicht, mit Fadenbindung und Leseband, in rotem Leineneinband mit weißer Prägung und rotem Vorsatzpapier. Ein lesenswerter sinnlicher Liebesroman, frei von Kitsch und Klischees.

Historik

Mit "Welt in Flammen" gelingt Benjamin Monferat ein sehr eigenständiger historischer Roman, dessen verstrickte und spannende Handlung in der luxuriösen Enge des Orient Express den Leser wunderbar unterhält.

Fantasy

Mit seinem "Lied des Blutes" hat Anthony Ryan nicht nur einen mehr als gelungenen Auftakt zu einer neuen Trilogie geschaffen, sondern zusätzlich das Genre um eine echte Perle bereichert.
Dank seinen lebendigen Charakteren, der vielseitigen Handlung in einer interessanten Welt und einem fesselnden Schreibstil ist dieses Buch ein Spitzentitel und definitiv einer der besten Fantasyromane des Jahres. Für Freunde von komplexer, etwas anspruchsvollerer Fantasy eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Brandon Mull lässt es in "Im Kerker der Dämonen" ein letztes Mal so richtig krachen. Es ist zwar ein wenig bedauerlich, dass ausgerechnet der letzte Band eher auf klassischen Fantasypfaden wandelt und die Überraschungen der Vorgänger missen lässt. Dennoch bietet der fünfte Band beste Unterhaltung, die das Abenteuer von Kendra und Seth mit einer Extraportion Action endlich zu einem zufriedenstellenden Ende bringt.

Horror / Mystery

"Die Berufene" ist ein Roman, der dem Zombie-Genre zumindest ein paar frische Impulse beschert, den Absprung aus altbekannten und restlos eingefahrenen Mustern jedoch nicht schafft. Kein wirklich schlechtes Buch von M. R. Carey, aber von einem Meisterwerk meilenweit entfernt.

Science Fiction

"Der Neubeginn" klingt hoffnungsvoll, ist jedoch letztlich genauso trist und grausam wie seine Vorgänger. Es tut weh, die Charaktere an den Umständen und an sich selbst scheitern zu sehen – doch nicht alle Hoffnung ist vergebens. Dieses Buch hält viele grausame, aber auch zutiefst menschliche Momente parat, die einen innehalten und nachdenken lassen. Mit „Memento“ hat Julianna Baggott eine Dystopie geschaffen, bei der während dem Lesen die Kehle ganz eng wird, bei der man auf Sätze stößt, die tiefe Wahrheiten enthalten und das eigene Weltbild erschüttern – und in der Charaktere handeln, die so gebrochen sind, dass man sie nur im Kontext ihrer aschernen Welt verstehen kann.

"Tochter der Asche" ist der stimmungsvolle Auftakt von Ann-Kathrin Karschnicks Phoenix-Trilogie, die den Lesern eine äußerst reizvolle Mischung aus Teslapunk, Dystopie und Krimi bietet. Die Protagonisten haben Ecken und Kanten und treiben die Handlung auch durch ihre Fehler voran, was zum Ende hin zu leichtem Leserfrust führt, aber auch Spannung für den Folgeband schürt.

Thriller

Der Auftakt zu einer neuen Serie. Vieles wird in "Crossroads - Ohne Gnade" angedeutet, was man liebend gerne intensivieren möchte und eine Menge offener Fragen warten noch auf Antworten. Weitere Charaktere warten auf ihre Einsätze, Michelle Raven hat ja schon mehrfach bewiesen, dass sie auch eine ausgezeichnete Thrillerautorin ist.

Comic

"The last days of American crime" mag inhaltlich nicht die innovativste Geschichte sein, aber Rick Remender füllt den Heist-Thriller mit massig Wendungen, tollen Hauptcharakteren und genregerechter Brutalität. Die grandiosen Zeichnungen von Tocchini erledigen den Rest, um den letzten, blutigen Coup der amerikanischen Geschichte zu einem lesenswerten Ereignis zu machen. Eine Verfilmung ist in Vorbereitung, was bei diesem Material keine große Überraschung ist.

"Kontrollfreaks" ist ein etwas komischer Titel für einen dritten Band, in dem alles außer Kontrolle zu geraten scheint. Der Parkdirektor wird durch einen beißwütigen Nachfolger ersetzt und Aurelian erliegt seinem Post Mortem Blues und demoliert mal eben den halben Park. Der Leser kann sich also über reichlich Turbulenzen und natürlich jede Menge Situationskomik freuen – gleichzeitig ziehen düstere Wolken über Zombillennium auf, die Böses für den vierten Band von Arthur de Pins ahnen lassen.

Sachbuch

Ein ungewöhnlicher Mann mit ungewöhnlichen Ideen – wer kommt schon auf die Idee, ohne Geld Deutschland oder Amerika zu durchqueren. Was er in Amerika erlebt, erzählt Joey Kelly in "America for sale" auf eine unnachahmlich spannende und lebendige Weise, dass man nur schwer Abschied von ihm nehmen kann.



Ähnlich wie das Herbstlaub waren auch die Bücher, die wir im November gelesen haben, bunt gemischt. Wenn ihr auf den Geschmack gekommen seid, dann dürft ihr euch wie immer gerne in unserer Rezensions-Übersicht austoben. Auch im Weihnachtsmonat wird es einige versierte Meinungen zu tollen Titeln bei uns zu finden geben.

Wir wünschen euch einen gemütlichen Lese-Dezember,
euer Literatopia-Team