Splitter (Oktober 2014)
übersetzt von Monja Reichert
Hardcover mit Schutzumschlag
112 Seiten, 19,80 EUR
ISBN: 978-3-86869-513-7
Genre: Graphic Novel
Klappentext
Seit 400 Millionen Jahren dürfen sich alle möglichen Arten fröhlich weiterentwickeln. Alle bis auf einen: der Krebs Simplicimus vulgaris, auch genannt »die quadratische Krabbe«. Diese Unterart der Krebstiere bewohnt die Ufer der Gironde-Mündung und ist seit Jahrtausenden mit einem seltsamen Fehler geschlagen: Sie kann niemals die Richtung ändern und ist dazu verdammt, auf ewig in einer Linie zu laufen! Doch an einem ganz normalen Sommertag wie jeder andere, während die Urlauber die Sonne und ihren bezahlten Urlaub genießen, beginnen drei kleine quadratische Krabben plötzlich zu rebellieren – und damit das gesamte Ökosystem zu stören!
Rezension
Bisher war der Cancer simplicimus vulgaris ein eher unscheinbares Krebstier, das in der Evolution stecken geblieben ist. Die kleinen Quadratkrabben konnten nur auf einer Linie seitwärts laufen und ihr fragilen Körperchen brachte ihnen nichts als Spott von verwandten Arten ein. Die quadratischen Krabben wurden gemobbt und ausgelacht, sie lebten quasi am unteren Ende der Nahrungskette. Doch dann drehte sich eine Krabbe plötzlich und schockierte damit nicht nur die anderen Meeresbewohner – eine Revolution wurde in Gang gesetzt, die im dritten Band ihren Höhepunkt erreicht. Eine Ölpest hat jene Krabben, die an der alten Lebensweise festhalten wollten, schwer getroffen. Die anderen, die die Richtung geändert haben, werden von der Krabbe Sonne angeführt. Sie rebellieren gegen die größeren Krebse und schlagen diese mit ihrer Masse schließlich nieder. Die Quadratkrabbe steht nun scheinbar weit oben in der Evolution …
… ein Jahr später ist Sonne verschwunden und seine einstigen Freunde, Gitarre und Mond, herrschen über die weiterentwickelten Quadratkrabben. Diese haben den Sinn ihrer Evolution jedoch vergessen. Sie schikanieren kleinere Tiere, frönen der Vollerei und folgen zudem einem mysteriösen Lichtschimmer, denn sie gottgleich anbeten. Immer wieder werden Krabben ausgeschickt, um dem Licht nahe zu kommen. Währenddessen haben die Touristen den beschaulichen Ort an der Gironde-Mündung verlassen. Die Krabben haben schlichtweg alles überrannt und sich zu einer Plage entwickelt. Doch wenn die Einnahmen aus dem Tourismus fehlen, bleibt den Menschen nur eine Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten: Sie müssen Krabben fangen.
Als Leser ist man überrascht, wie schnell die Krabbenrevolution im dritten Band voranschreitet. Nach nicht einmal einem Drittel des Buches wurde die Welt der Krebstiere auf den Kopf gestellt und die Geschichte entwickelt sich in eine ganz andere Richtung als erwartet. Das Ökosystem ist ins Ungleichgewicht geraten und die Krabben haben sich zu etwas entwickelt, was sie früher verabscheut haben. Doch nun, da sie selbst an der Macht sind, verraten sie ihre einstigen Ideale. Die possierlichen Quadratkrabben sind zu bulligen Götzenanbetern geworden und nur wenige begehren gegen diese Lebensweise auf. Arthur de Pins verliert dabei niemals den Blick für die Protagonisten seiner Reihe und so verfolgt man gespannt die ganz persönlichen Schicksale von Sonne und den anderen Krabben, die sich einst gegenseitig Namen gegeben haben. Nicht alle erwartet ein Happy End.
Die Story konzentriert sich weiterhin auf die Krebstierchen, aber nebenbei wird auch erzählt, wie die Menschen auf die Krabbenrevolution reagieren. Zudem haben die Naturfilmer, die bereits im ersten Band den Strand unsicher gemacht haben, ihren Film fertiggestellt. Dieser ist allerdings ganz anders geworden als geplant. In Yellow-Press-Manier werden die Quadratkrabben in „Die Bedrohung durch mutierte Krabben“ als brutale Killerkrebse dargestellt. Die Tierfilmer selbst finden das lächerlich, doch ohne diese Dramatisierung hätten sie keine Unterstützung mehr bekommen. Interessant ist auch der Götzenkult, den die Quadratkrabben betreiben. Der Leser ahnt schnell, dass sich hinter dem mysteriösen Lichtschimmer eine Gefahr verbergen könnte, doch die Krebse sind sprichwörtlich geblendet.
Die Farben im dritten Band sind deutlich düsterer geworden: Arthur de Pins setzt auf Rot-, Blau- und Grautöne, welche von reinem Weiß aufgebrochen werden. Die Quadratkrabben sind anfangs noch von dürrer Statur und hell und werden später bulliger und rötlich. Die Welt der Menschen wird etwas sonniger dargestellt, wobei die Figuren leicht franco-belgisch aussehen – natürlich in der typischen Optik von Arthur de Pins. Die Vektorgraphiken machen auch im dritten Band einiges her und man staunt immer wieder über diesen einfachen und sehr speziellen Stil, der zu den Krabben perfekt passt. Einziges Manko an diesem Band: Man ist mit dem Ausgang der Geschichte nur bedingt zufrieden.
Fazit
„Die Revolution der Krabben“ krempelt ein ganzes Ökosystem um, wobei eine Ölpest den rebellischen Quadratkrabben zu Hilfe kommt. Mit vereinten Kräften gelingt der Befreiungsschlag, doch was dann passiert, haben sich wohl die wenigstens Leser ausgemalt. Einerseits eine gelungene Überraschung mit einem raffinierten und nachdenklich stimmenden Ende –andererseits ist man auf den letzten Seiten auch ein kleines bisschen enttäuscht. Nichtsdestotrotz ist „Marsch der Krabben“ eine außergewöhnliche und tiefsinnige Trilogie, die sowohl graphisch als auch inhaltlich aus der Masse heraussticht.
Pro & Contra
+ Krabbenrevolution mit vereinten Kräften
+ intelligente und humorvolle Erzählweise
+ Reaktionen aus der Welt der Menschen
+ außergewöhnlicher und schicker Vektorgraphikstil
- klitzekleines bisschen Enttäuschung am Ende
Wertung:
Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5
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