Ruthless People (J.J. McAvoy)

Verlag: The Writer's Coffee Shop (Juli 2014)
Ebook, 4,37 €, 328 Seiten
ISBN: 1612133207

Genre: Belletristik


Klappentext

To the outside world, they look like American Royalty, giving to charities, feeding the homeless, rebuilding the city. But behind closed doors is a constant battle for dominance between two Bosses, cultures, and hearts. Ruthless People is a romantic crime fiction set in modern day Chicago, and follows the life and marriage of Melody Giovanni and Liam Callahan-rivals by blood and leaders through fear. Their marriage, arranged by their fathers in hopes to end years of bloodshed between the Irish and the Italians. Liam believes he’s getting a simple-minded wife, one he can control, one who bends to his every need . . . the complete opposite of Melody.
 
She knows exactly what type of man he is, and would rather die than give up the power she has spent her life building. The Mafia of the past has evolved, and with rival bosses gunning for them, Melody and Liam will have to learn to work as one to take down those who stand in their way.
Rezension
 
Melody Giovanni hat ihre Leute im Griff. Als Kopf der italienischen Mafia und weiblicher Boss hat sie sich den Respekt ihrer Männer ihr Leben lang erarbeiten müssen. Aufgrund des Willen ihres Vaters, welcher an Krebs erkrankt und kurz vor seinem Ende steht, weiß sie seit Jahren, dass Melody den irischen Mafia Anführer Liam Callahan heiraten soll, um den blutigen, seit Jahren andauernden Krieg zwischen den beiden Mafiazweigen zum Ende zu bringen. Doch Melody folgt auch ihren Prinzipien: Sie wird ihre Macht nicht aufgeben - nicht für einen Mann, nicht für sonst wen. Als Liam ihr dann begegnet, muss er schnell lernen, dass Melody keine leicht zu manipulierende Ehefrau sein wird - sondern eher das Gegenteil. Und als ihre Feinde sie angreifen, müssen beide lernen, ihre Macht zu teilen und gemeinsam gegen die ankämpfen, die ihre Familie bedrohen. Denn Familie ist das Wichtigste.
 
Mit Ruthless People bringt Autorin J.J. McAvoy eine ungewöhnliche Geschichte hervor, die so ganz anders ist als das, was man sonst zu lesen bekommt. Dabei ist der Fokus der Geschichte auf die Machenschaften der Mafia verschiedener Länder gerichtet, verstrickt gleichzeitig allerdings auch eine "Liebesgeschichte" in seinen Plot. Liebesgeschichte in Anführungsstrichen - denn ob die Protagonisten überhaupt das Wort Liebe kennen oder sich in eine klassische Liebesbeziehung fallen lassen können ist wirklich mehr als fraglich. Nicht umsonst lautet der Titel des Romans Ruthless People - denn genau das sind sie: Schonungslos, mitleidslos, skrupellos. 
 
Die Story wird dabei aus verschiedenen Blickwinkeln unterschiedlicher Figuren erzählt, wobei man die meiste Zeit den beiden Protagonisten Melody und Liam lauschen darf. Ob lauschen jedoch der richtige Begriff ist, ist auch hier fraglich. Denn beide Figuren sind das absolute Gegenteil von sympathischen Figuren, wie man sie sonst so kennen lernt - und so ziemlich ihr Gegenpart. Beide lernt man als skrupellose Mafiabosse kennen, die vor nichts zurückschrecken, deren Gedanken kaltherzig sind und deren Herzen nur dann aufgehen, wenn die Familie in Gefahr gerät. Melody ist da als Charakter sogar eine Spur härter gezeichnet als Liam; man mag ihr kaum zutrauen, überhaupt irgendwelche Gefühle oder Emotionen zu besitzen. Was sehr authentisch rüberkommt, denn ihre Entwicklung über den Roman hinweg gestaltet sich als sehr schwierig (logischerweise, man wird ja nicht von heute auf morgen zum gefühlsbetonten Menschen). Liam hingegen lässt den Leser an seinen Emotionen teilhaben, die er für seine Ehefrau - jedoch auch für seine Feinde- entwickelt. Er ist als Figur transparenter, sowohl in seiner Handlung als auch in seinen Gedankengängen. Zum ersten Mal finden sich hier vertauschte Rollen wieder, denn den geheimnisvollen Part nimmt definitiv Melody für sich ein. Obgleich beide in irgendeiner Weise eine Liebesbeziehung eingehen, ist dieses Wort viel zu intensiv, als das es wirklich auf das anwendbar wäre, was diese beiden Protagonisten miteinander teilen. Wenn es jedoch um die Familie geht, da sind sie sich einig, steht ihnen nichts im Weg. Was ein sehr klassisches Klischee in Mafiastorys ist, was hier gekonnt aufgegriffen und glaubwürdig weiter gesponnen wird. Und eben diese Familie ist es, welche man neben den Antagonisten im weiteren Verlauf des Romans auch immer besser kennen lernen wird. Hier warten einige Überraschungen auf und auch die Entwicklung dieser Figuren ist, wenn auch eher nebensächlich, sehr interessant. Manchmal würde man sogar lieber von ihnen lesen als von den Protagonisten.
 
Was sehr schwierig daherkommt ist der Versuch sich als Leser in die Charaktere einzufühlen, ihre Handlungen nachzuvollziehen und ihre Emotionen zu verstehen. Der Zugang zu diesen ist nämlich definitiv alles andere als einfach; vor allem moralisch gesehen stellen sich einem manchmal einfach die Nackenhaare auf und kann kaum glauben, was man da liest. Diese Ambivalenz jedoch ist genau auch das, was die gesamte Geschichte mit samt ihren Figuren sehr außergewöhnlich und anziehend macht. Normalerweise legen Autoren so viel Wert darauf, die Zuneigung des Leser für ihre Figuren zu entwickeln. Hier jedoch ist dies so gar nicht der Fall, die Figuren entwickeln sich, wie sie wollen. Der Leser steht außen vor, wird nicht gefragt, wird nicht einbezogen. Er muss sich mit dem Abfinden, was er kriegt, und so hart das jetzt klingen mag: Es passt perfekt zum Setting und zur Atmosphäre des Romans, mit der sich jedoch bestimmt viele schwer tun werden. Gewalt und Brutalität, Lügen und Verstümmelungen, Tode, Leichen, Mord, Folter - das sind die Dinge, die an der Tagesordnung stehen und welche in der perfekten Illusion des öffentlichen Auftretens der Familie so grotesk daherkommt, dass man manchmal nur ungläubig den Kopf schüttelt. Die Mafia schreckt hier vor nichts zurück - was sehr glaubwürdig ist, jedoch (wie zuvor bereits gesagt) auch sehr befremdlich. Es ist daher kein Wunder, dass es schwer fällt, dieses Buch in einem angemessenen Rahmen zu bewerten, denn auf seine Art und Weise ist es sehr genial gemacht und authentisch gezeichnet. Auf der anderen Seite jedoch ist es so wider der Natur des Menschen, der Moral, alles, was die guten Tugenden und menschlichen Eigenschaften wie Mitgefühl und Liebe ausmacht, dass es sehr schwer fällt, sich auf diese Zeichnung des Plots einzulassen. 
 
Die Handlung selbst ist nicht zwingend neu, bietet allerdings viele Überraschungen, sehr sehr viele unvorhergesehene Wendungen und ganz viel Action. Wem hier langweilig wird ist selbst schuld, denn hier findet sich wirklich alles wieder. Ein spannender Plot, Erotik, ein ambivalentes Setting und eine geeignete Atmosphäre. Die erste Hälfte des Romans kann von der Warte her mehr als überzeugen, vor allem zu Beginn kommen auch einige humorvolle Szenen hinzu, die an bekannte Filme erinnern und die man sich als Leser nur zu gerne in seinem Kopf ausmalt. Was eher stört sind einige Entwicklungen die sich ergeben. Aufgrund der zuvor erwähnten emotionalen Kühle der Figuren fällt es schwer zu glauben, dass diese sich von bestimmten Ereignissen dann doch so emotional mitreißen lassen, dass dies etwas unglaubwürdig daherkommt. Auch passiert mit fortschreitender Seitenzahl einfach viel zu viel in viel zu kurzer Zeit. Die detailreiche Zeichnung des Plots zum Beginn verschwimmt immer mehr zu einer groben Erzählung, in welcher der Leser kaum noch detaillierte Informationen erhält und Fakten einfach als gegeben hinnehmen muss. Auch die Zeitspannen, die übersprungen werden, werden immer größer, sodass man die Nähe zur Story verliert. Das Finale jedoch lässt mit einem bombastischen Cliffhanger alles zuvor geschehene vergessen und bietet Unmengen an Potenzial und Konfliktpotenzial für den Folgeband dieser Trilogie, welcher hoffentlich die vielen guten Aspekte seines Vorgängers aufgreifen und die negativen Punkte ausmerzen kann. 
Fazit
 
Ruthless People von J.J. McAvoy ist so ambivalent wie die Nacht. Einerseits eine geniale und mehr als ungewöhnliche Story mit unnahbaren Figuren, die so skrupellos und mitleidlos sind, wie man sie sich nur vorstellen kann. Mit einem authentischen und sehr spannendem Setting und einer dazu passenden Atmosphäre, welche den Leser sofort gefangen nimmt. Andererseits einer emotionalen Befremdlichkeit, welche nicht nur die Figuren zeichnet, sondern auch den Leser den Zugang zu ihnen erschwert. Die einen hassen den Roman, die anderen lieben ihn. Obgleich zum Ende der Story hin alles sehr schnell geschieht, und einige negative Aspekte das Lesevergnügen zum Teil beeinträchtigen, wartet das Finale des Romans mit einem bombastischen Cliffhanger auf, der sofort nach dem nächsten Band der Trilogie lechzen lässt - ob man den ersten Band nun mochte oder nicht. Leser die Lust haben mal was ganz neues zu lesen und sich auf ein Mafia Abenteuer einlassen möchten, sollten definitiv einen Blick auf diesen Roman werfen!
Pro & Contra

+ Ambivalente Storyline & Figuren
+ Unnahbare und daher sehr authentische Figuren
+ Spannungsgeladene Handlung
+ Überraschende Wendungen
+ Gute Abwechslung zum Mainstream
+ Setting und Atmosphäre
+ "Liebesgeschichte"
+ Einfacher und guter Schreibstil
+ Srupellos
+ Cliffhanger zum Schluss
+ Schlachtfeld der Mafia

- Schwerer Zugang zu den Figuren
- Stellt Menschen, die viel Wert auf Moral legen, auf eine harte Probe
- Entwicklung des Plots in der zweiten Hälfte (zu schnell, zu wenige Details, zu große Zeitsprünge)
- Emotionale Entwicklung von Melody nicht ganz authentisch
- Einige Entwicklungen und Handlungen fragwürdig/nicht glaubwürdig

Bewertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung 3/5