RUHM! - Ein Künstlerroman (Andreas Keck)

Periplaneta Verlag (November 2008)
Klappbroschur mit Schwarzweißabbildungen,
274 Seiten, EUR 13,99
ISBN: 978-3940767103

Genre: Gegenwartsliteratur


Klappentext

Etwas Brutales. Ja. Etwas Brutales musste er tun, um herauszukommen. Etwas Unethisches. Etwas, das seiner Natur widersprach. Er biss leicht auf seine Unterlippe und holte tief Luft. Er würde eine Kunstaktion durchführen, an der jemand, vielleicht auch er selbst zu Schaden kommt. Ein Skandal war zu wenig.


Rezension

"RUHM!" erzählt vom Leben Franz Kappas, einem jungen Künstler, dessen Visionen und Ideen missverstanden, belächelt, bestenfalls als netter Gag von seinen Mitstudenten aufgefasst werden. Dabei hat er wirklich etwas zu sagen, will mit seinen "Kunstaktionen" mitteilen, aufrütteln.

Mit Franz Kappa schafft Keck einen facettenreichen Protagonisten. Einen, den man nicht auf den ersten Blick durchschaut. Als Dreh- und Angelpunkt des Romans sorgt die Figur 'Kappa' für immer neue Erkenntnisse und Wendungen. Glaubt man, ihn durchschaut zu haben, zaubert Keck nur noch eine weitere Facette aus dem Hut und sorgt dafür, dass diese außergewöhnliche Charakterstudie nicht langweilig wird.

Diese detaillierte Charaktergestaltung endet aber nicht beim Protagonisten, sondern zieht sich auch durch die Nebencharaktere und haucht damit dem Roman Leben ein.

Doch der zentrale Aspekt dieses "Künstlerromans" ist natürlich die Kunst. Kunst in allen Variationen. Aktionskunst, Malerei, Lyrik, Mode, Musik. Dabei kristallisiert sich Franz Kappas Auffassung von Kunst und ihrer Aufgabe erst im Verlaufe des Romans heraus. Dieses schrittweise Heranführen an ein Begreifen der Kunst aus Sicht eines Künstlers ist sehr gelungen umgesetzt und interessant, auch - oder vielleicht gerade - für jene, die sich sonst wenig mit 'Kunst' auseinander setzen. Für jene, die für 'moderne Kunst' nur ein Naserümpfen übrig haben. Durch die Tatsache nämlich, dass der Protagonist als einziger im gesamten Buch diese wirklich versteht, wird der Leser auf die andere Seite gezogen, indem er an den Gedanken des Protagonisten teilhat, sich mit ihnen auseinander setzt. Auf der Seite des Protagonisten steht er plötzlich gegen die blinde, ignorante Gesellschaft.

Überhaupt ist Keck ein guter Beobachter gesellschaftlicher Phänomene; mit einem scharfen Blick für den Zeitgeist schafft er den gesellschaftlichen und zeitlichen Rahmen, in den er seine Handlung einbettet.

Dass in einem "Künstlerroman" auch ein guter Schreibstil nicht fehlen darf, ist klar. Und auch in dieser Hinsicht enttäuscht Keck nicht; sein starker Stil ist prägnant, auf den Punkt kommend, wenn es sein muss, aber auch durchsetzt von poetischen Passagen und wunderbaren, kraftvollen Formulierungen.

Hierzu passt auch das Layout des Romans; immer wieder stechen fettgedruckte Worte aus dem Text heraus, ändert sich der Schrifttyp oder enthalten gar ganze Seiten Abbildungen von Zeichnungen oder Handschriftlichem Text, ähnlich wie beispielsweise bei Foers "Extrem laut und unglaublich nah".

Wie bei allem Ungewöhnlichen gilt auch bei "RUHM!": Man muss sich darauf einlassen. Mitunter fällt es einfach schwer, bei der unvorhersehbaren Handlung und dem unberechenbaren Protagonisten Punkte zu finden, an denen man sich als Leser festhalten kann. Ein "roter Faden" ist quasi nicht vorhanden, bedingt auch dadurch, dass die Handlung nicht immer einer chronologischen Reihenfolge folgt.


Fazit

RUHM! ist eine gelungene Komposition. Interessante Charaktere und ein starker Stil bilden eine solide Grundlage für Kecks außergewöhnliche "Ode an die Kunst".


Pro & Kontra

+ außergewöhnlich
+ facettenreiche Charaktere
+ guter Schreibstil

o wer sich partout für das Thema nicht erwärmen kann, sollte natürlich die Finger davon lassen

- teilweise etwas zu unklar in Sachen Charaktere und Handlung

Wertung:

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 2,5/5